Soziale Spaltung: Städte in MV besonders betroffen
von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV

Rostock und Schwerin sind in Deutschland die beiden Städte, in denen Arm und Reich besonders deutlich getrennt voneinander wohnen. Hier leben vor allem Hartz-IV-Empfänger in bestimmten Wohngebieten immer öfter unter sich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung.
Rostock und Schwerin: Arme konzentriert in eigenen Vierteln
Die sozial gemischte Stadtgesellschaft sei eher eine Idee, aber keine Wirklichkeit - vor allem nicht in Ostdeutschland, heißt es in der Studie. "Arm und reich, jung und alt - immer seltener Tür an Tür", schreiben die Forscher. Von 74 Städten verzeichnen Schwerin und Rostock die höchste Konzentration armer Menschen in bestimmten Vierteln. Dahinter folgen Erlangen in Bayern und Erfurt in Thüringen. Auch beim jährlichen Anstieg dieser Konzentrationsentwicklungen liegen Rostock und Schwerin ganz vorn - gefolgt von Potsdam und Halle, Erfurt und Weimar. In Westdeutschland verzeichen Kiel und Köln ein deutlichen Anstieg der sozialen Spaltung.
Forscher: Beispiellose historische Entwicklung
Betroffen seien arme Familien mit Kindern. Sie lebten besonders oft in Plattenbauten am Stadtrand, die nach der Wende zu sozialen Brennpunkten geworden seien, so die Studie. In Rostock und Schwerin müssten eigentlich fast 40 Prozent der Hartz-IV-Empfänger in anderen Städteteilen wohnen, um gleichmäßig in der Stadt verteilt zu sein. Dieses Niveau sei nur von amerikanischen Städten bekannt. Historisch sei diese Entwicklung beispiellos, so Professor Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum.
Rostock und Schwerin auch bei Steigerungsraten vorn
Ausnahmen sind laut Studie Magdeburg und Dresden. Diese Städte seien im Zweiten Weltkrieg zwar besonders stark zerstört worden, die neuen Plattenbauten seien deshalb aber über das gesamte Stadtgebiet verteilt worden. Die Folge: weniger räumliche Spaltung zwischen Arm und Reich.
Forderung: Sozialwohnungen in "bessere" Gegenden
Die Forscher mahnen: Sozialwohnungen mit ihren bezahlbaren Mieten würden die Lage nicht unbedingt verbessern. Sie seien in Gebieten zu finden, die ohnehin als arm gelten würden. Deshalb fordern die Forscher, Sozialwohnungen in bevorzugten Lagen zu bauen. Außerdem: Schulen in problematischen Wohnbezirken müssten bestens ausgestattet werden, um die Bildungschancen für Kinder zu erhöhen und die Gegend auch für andere Familien attraktiv zu machen.
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Fassung war die Reihenfolge der Städte teilweise falsch aufgeführt. Durch die Trennung der beiden Statistiken "Ausmaß der sozialen Spaltung" und "Jährlicher Anstieg der sozialen Spaltung" ist der Fehler korrigiert worden. Wir bitten um Entschuldigung.
