Sellerings Russlandverein soll nun doch aufgelöst werden
Die Mitglieder des Vereins "Deutsch-Russische Partnerschaft e.V." (DRP) sollen nun doch über die Auflösung des Vereins abstimmen. Das geht aus einem internen Schreiben des Vorstandsvorsitzenden Erwin Sellering (SPD) hervor, das dem NDR vorliegt.
Mit dem Betreff "Zur aktuellen Lage der DRP" wendete sich der Vorstandsvorsitzende, Erwin Sellering (SPD), jetzt an alle Mitglieder des Vereins. Erst habe die Pandemie die Vereinsarbeit "stark eingeschränkt" und nun kämen noch die "Ereignisse in der Ukraine" dazu, die zu "äußerst weitreichenden Spannungen zwischen Deutschland und Russland" geführt hätten. Im März hatte der Verein als Reaktion auf den Krieg mitgeteilt, die Arbeit ruhen zu lassen. "Aber gleichzeitig haben wir deutlich gemacht, dass es langfristig weiter das Bemühen um gegenseitiges Verständnis und positive Partnerschaft geben muss", schreibt Sellering in der E-Mail an die Mitglieder. Doch er komme nun trotzdem zu dem Ergebnis, dass die Auflösung des Vereins "schweren Herzens" ins Auge gefasst werden müsste.
Landesförderung war "existentiell" für Russlandverein
Als Begründung nennt Sellering in seiner internen E-Mail drei Punkte. Der Verein habe erstens keine Möglichkeiten mehr, seine satzungsgemäße Tätigkeit, also den Austausch zwischen Menschen im Land und in Russland, zu organisieren. Zweitens werde die "existenziell wichtige Finanzierung durch die Landesregierung nicht fortgesetzt". Insgesamt sollte der Verein mit 600.000 Euro aus dem Strategiefonds des Landes unterstützt werden. Diese Förderung, genauer die noch ausstehenden rund 350.000 Euro Landesgelder, hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) als Folge des Krieges einstellen lassen. Sellering kommt zu dem Schluss: "Von dort ist in Zukunft keinerlei Unterstützung mehr zu erwarten." Als dritten Grund für die Vereinsauflösung nennt Sellering "erhebliche Veränderungen" personeller Art. So hätten fünf der in Summe elf Vorstandsmitglieder ihre Tätigkeit niederlegt. Aufgrund dieser "Gesamtumstände" solle eine Mitgliederversammlung über die Auflösung des Vereins zeitnah abstimmen.
CDU erinnert an vergangene Versprechungen der SPD
Innerhalb der Opposition wird diese Kehrtwende Sellerings geteilt beobachtet. Der parlamentarische Geschäftsführer der Christdemokraten, Sebastian Ehlers, zeigte sich auf NDR Nachfrage verwundert, ob der Begründung. Die SPD-Fraktion hatte damals bei ihrem Antrag auf Mittel aus dem Strategiefonds geschrieben: "Es geht um jeweils 150.000 Euro für vier Jahre. Danach soll die Gesellschaft auf eigenen Beinen stehen." Für Ehlers steht damit fest, es habe nicht der Wahrheit entsprochen, dass es sich nur um eine Anschubfinanzierung handelte. "Die Erklärung von Erwin Sellering zeigt, dass der Verein nicht unabhängig war, sondern Teil der Russland-Connection der SPD unter Manuela Schwesig war", so Ehlers. Ob Auflösung oder nicht, für Ehlers werde das Agieren des Vereins auch Teil des anstehenden Untersuchungsausschusses sein.
FDP verwundert über Zeitpunkt der Entscheidung
Das sieht auch der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag, René Domke, so. Er meint: "Wenn dieses Denken erst einsetzt, wenn es dieses Signal der Landesregierung gibt, also dass der Verein keine Förderung mehr erhält, dann ist das reichlich spät." Domke zweifelt unterdessen an dem eigentlichen Zweck des Vereins. Für ihn sei der Verein eine "Drehtür für Verflechtungen zwischen Nord Stream 2 und der Landesregierung bis hin zu russischen Machthabern". Das zeige, so Domke, unter anderem die Mitgliederliste, auf der sich diverse Mitarbeiter der Nord Stream 2 AG finden ließen, als auch die Unterstützungen des Gazprom Tochterunternehmens. Der NDR hatte berichtet, dass die Nord Stream 2 AG Sellerings 2018 gegründeten Russlandverein jährlich mit 20.000 Euro unterstützte.
Energiepolitischer Sprecher der Grünen: Verein gehört zu skandalösem Netzwerk
Zuspruch in dem Punkt kommt auch von den Grünen. Der Landtagsabgeordnete Hannes Damm hält die Auflösung des Vereins für richtig, denn dieser "gehört, wie auch die Klimastiftung, zu dem skandalösen Netzwerk, welches zwischen russischen Unternehmen und der SPD aufgebaut wurde." Dass dem Verein die Mitglieder weglaufen würden, sei wenig verwunderlich, so Damm. Weiter sagt er dem NDR: "Der DRP e.V. wurde durch das Holz-Unternehmen Ilim Timber, welches russischen Oligarchen gehört, mitgegründet. Zudem hatte der Verein seine Räumlichkeiten sogar der Skandal-Klimastiftung zur Verfügung gestellt." Auch Damm betont, dass das Handeln des Vereins Thema im Untersuchungsausschuss werde. Sellering habe dafür als ehemaliger Ministerpräsident "persönlich Sorge zu tragen", dass die entsprechenden Aktenbestände dafür gesichert würden.
AfD-Fraktionschef: "Europa ist nur mit Russland denkbar"
Bei der AfD überwiegt hingegen das Verständnis für das Vorgehen des Vereinsvorstandes. AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer ist der Überzeugung, Sellering habe gar keine andere Chance als die Vereinsauflösung, "wenn ihm die Vereinsmitglieder weglaufen, um offenbar nicht in den Verdacht von Stallgeruch der Russlandaffinität zu kommen." Er könne seine Grundhaltung verstehen. Es sei wichtig, so Kramer, nicht alle Brücken nach Russland abzubauen. "Es wird eine Zeit nach dem Krieg und nach Putin geben. Europa ist nur mit Russland denkbar", so Kramer.
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