Greifswald: Eine Schubkarre steht auf einer Baustelle. © dpa-Bildfunk Foto: Stefan Sauer

Schwerin: Streit über Sinn oder Unsinn der Nordumgehung

Stand: 11.05.2022 18:09 Uhr

Seit Jahren wird der Lückenschluss zwischen der B106 Richtung Wismar und der Seewarte geplant. Etwa vier Kilometer fehlen noch, dann wäre die Ortsumgehung um Schwerin komplett. Mehrere Bürgerinitiativen bezweifeln, dass die Nordumgehung sinnvoll ist.

von Andreas Lußky, NDR 1 Radio MV

Ende vergangenen Jahres begann eine neue Phase mit aufwendigen Bodenuntersuchungen. Drei Bürgerinitiativen wollen die Nordumgehung verhindern. Diese sind aus den Orten entlang der geplanten Trasse: Wickendorf, Rampe und Carlshöhe. Ihre Argumente: der Bau bedeute heftige Eingriffe in Natur- und Vogelschutzgebiete und ein Moor und das, obwohl die Entlastung der Schweriner Innenstadt fraglich sei.

Verkehrsministerium und Landwirtschaftsministerium äußern sich

Außerdem würden über die neue Umgehung deutlich mehr Autos und LKW durch ihre Orte, insbesondere durch Rampe, fahren. Hier bilden sich im Sommer sowieso schon lange Staus. Ein Schweriner hat sich vor etwa einem Jahr mit Fragen zum Sinn der Umgehung an das Land gewendet. Zu dieser Anfrage haben sich Verkehrsministerium und Landwirtschaftsministerium geäußert.

Eingriffe in die Natur

Das Landwirtschaftsministerium äußerte sich kritisch, sagt Bernd Köppl von der Bürgerinitiative "Stoppt die Nordtrasse - Initiative Schweriner Klimaschutz" aus Wickendorf. Minister Till Backhaus (SPD) bestätigt auf NDR Anfrage die Kritik.

Die Themen Artenschutz, Klimaschutz, sauberes Wasser und gesunde Ernährung würden nach dem Krieg wieder stärker im Fokus stehen. Und dazu gehöre, "dass wir den Verlust von landwirtschaftlichen Nutzflächen, aber auch wertvollen Habitaten, da ist ein Niedermoor dabei, dass wir das so weit wie möglich im Blick haben, dass wir Naturräume nicht zerstören dürfen."

Verkehrsministerium sieht Vorteile der Nordumgehung

Verkehrsminister Reinhard Meyer sieht das Großprojekt weiter als sinnvoll an, insbesondere LKW sollen nicht mehr durch Schwerin fahren, sondern drum herum. Staus sollen vermieden werden und das komme auch der Umwelt zugute. Stehende Autos seien, was Abgase angeht, ein großes Problem.

Gegenüber dem NDR sagte er: "Wir stehen zum Projekt, der Bund steht zum Projekt, die Stadt steht zum Projekt, insofern gehe ich davon aus, dass gebaut wird. Wir werden jetzt in die verschiedenen Planungs- und Beteiligungsverfahren gehen und da wird die Bürgerbeteiligung eine Rolle spielen und da werden wir immer wieder betonen warum es wichtig ist diese Nordumgehung zu bauen."

Bürgerinitiativen wollen Debatte entfachen

Bernd Köppl von der Bürgerinitiative aus Wickendorf will mit seinen Mitstreitern weiter darum kämpfen, dass die Argumente gegen die Nordumgehung gehört werden. Erst recht jetzt mit dem empfundenen Rückenwind aus dem Landwirtschaftsministerium. Um die Kritik weiter zu debattieren hat die Bürgerinitiative Kontakt zu den Grünen-Fraktionen in Schwerin und im Landtag aufgenommen.

Eine Anfrage an die Landesregierung werde gerade vorbereitet, bestätigt ein Mitglied der Landtagsfraktion. Bernd Köppl sagt, die Grundannahmen der Planung seien nicht mehr aktuell: "Dass zum Beispiel eine wesentliche Entlastung für die innerstädtische Belastung durch den Neubau der B104 kommen soll, stellen wir in Frage. Dafür gibt es gute Argumente weil die Verkehrsinfrastruktur rings um Schwerin sich weiterentwickelt hat und in den letzten 20 Jahren ausgebaut wurde."

Nordumgehung wird weiter geplant

Politisch wird das Projekt aktuell nicht in Frage gestellt, das müsste in Berlin passieren, weil es ein Bauvorhaben des Bundesverkehrswegeplans ist. Gebaut wird aber ohnehin noch nicht, das Planungs- und Genehmigungsverfahren sieht noch einige Schritte vor.

Erstmal wurde jetzt der Baugrund genau untersucht. Als Nächstes wird die technische und Umweltplanung ausgeschrieben, sagte ein Sprecher des Straßenbauamtes Schwerin. Erst wenn alles im Detail geplant ist, beginnt das sogenannte Planfeststellungsverfahren - dann bekommen alle Betroffenen noch einmal die Möglichkeit sich zu äußern.

Auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird es in diesem Zusammenhang geben. Baubeginn ist also frühestens in einigen Jahren. Aktuell liegt die Kostenschätzung bei rund 80 Millionen Euro für etwa 4 Kilometer Straße mit insgesamt sieben aufwendigen Brückenbauwerken.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 11.05.2022 | 17:15 Uhr

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