Natascha Mukomel: "Eigentlich leben wir seit Jahren im Krieg"
Natalia Mukomel, Natscha genannt, ist eigentlich Psychologin. Sie kommt aus einer kleinen Stadt nahe Dnipro, im umkämpften Osten der Ukraine. Zusammen mit ihren 12-jährigen Zwillingen ist sie im März geflohen. Dort gebe es schon seit vielen Jahren schwere Konflikte, sagt Natascha. Jetzt lebt sie mit ihren Kindern in einem kleinen Dorf nahe Bergen auf Rügen.
Vor rund sechs Wochen kam sie mit ihren nun 13-jährigen Zwillingen nach Deutschland. "Eigentlich leben wir seit Jahren im Krieg", sagt sie. Während die Kinder bereits zur Schule gehen und Freunde gefunden haben, ist es für Natascha nicht immer so leicht. Zuletzt hat sie als Sprachtherapeutin in einem Kindergarten gearbeitet. "Am Morgen des 24. Februar sind wir von den Geräuschen der Bomben aufgewacht. Natürlich hatten wir Angst. Wir konnten nicht glauben, dass das passiert. Eine Woche nach Kriegsbeginn entschließt sich Natalia zur Flucht. "Es war so schwer für mich - psychisch so hart. Ich musste mein ganzes eigenes Leben verlassen. Ich musste meinen Mann und mein Zuhause verlassen." Ihr Mann und der Vater der Kinder ist - wie die meisten Ukrainer - in der Heimat geblieben.
Den Kindern geht es gut
"Was mich am meisten überrascht hat, war all die Hilfe, die wir von den Deutschen bekommen haben, seit wir hier angekommen sind. All die Menschen, die uns hier umgeben, sorgen sich um uns. Ich glaube den Kindern geht es gut. Ich denke, sie werden sich schnell in diesem Leben zurechtfinden. Sie haben sehr schnell mit der Schule begonnen, sie sind von Deutschen umgeben, sie haben Deutschunterricht und sie verstehen sich so gut mit allen hier."
Das Gefühl der Abhängigkeit
Den Kontakt zum Vater und zur Oma halten sie per Telefon. Natascha tut sich schwer. "Natürlich habe ich Angst. Aber diese Angst half mir, mich zu konzentrieren. Denn ich war alleine und ich musste nun auch alleine für die Kinder sorgen. Das hat mich zu der Zeit gestärkt." Früher sei sie selbstbewusst und selbstbestimmt gewesen, jetzt müsse sie für jede kleine Erledigung um Hilfe bitten - das nagt an ihr. "Natürlich möchte ich hier unabhängig sein - so, wie ich es vorher auch war. Ich schaue mich um und versuche herauszufinden, wer und was ich hier sein kann." Zusammen mit anderen ukrainischen Frauen besucht Natalia einen Deutschkurs. Ihr Vorteil ist, dass sie gut Englisch spricht. Deswegen will sie so schnell wie möglich Deutsch lernen. Denn sie weiß: die Sprache ist der Schlüssel zurück zur Selbstständigkeit.