Kritik aus Polen an Sellerings Russland-Tag
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bekommt für den geplanten Russland-Tag in einer Woche erstmals Gegenwind aus dem Nachbarland Polen. Die Europa-Expertin des einflussreichen Warschauer Politik-Instituts IPA, Agnieszka Łada, erklärte im Gespräch mit dem NDR, es sei eine "falsche Entscheidung", das Wirtschaftstreffen in Rostock und Wismar angesichts der Lage in der Ukraine nicht abzusagen. Der Russland-Tag sei eine Missachtung der polnischen und europäischen Positionen, die europäische Sanktionspolitik gegen Russland müsse Vorrang haben vor eigenen wirtschaftlichen Interessen in der Region.
Expertin: Pro-demokratische Kräfte spielen auf Russland-Tag keine Rolle
Das "falsche Signal" werde dagegen in Russland sehr gerne aufgenommen, so die Warschauer Politik-Expertin Łada. Sie bedauerte, dass Mecklenburg-Vorpommern die Positionen des EU-Partners Polen nicht berücksichtige. Polen sei kritisch, was die pro-russische Stimmung in Deutschland anginge. Mit Blick auf Sellerings Rechtfertigung für den Russland-Tag sagte die Europa-Expertin, es sei zwar richtig, zu reden. Aber dann müsse geklärt werden, mit wem und worüber. Auf dem Russlandtag würden pro-demokratische Kräfte aus Russland keine Rolle spielen. Es sehe eher danach aus, als wolle man sich um die eigenen Geschäfte kümmern. Es sei aber falsch, "Geld zu verdienen, wenn in der Ukraine Leute sterben".
Grüne: Interessen Polens berücksichtigen
Das deutsch-russische Wirtschaftstreffen wird in einer Woche in Rostock-Warnemünde von Sellering und dem russischen Botschafter Wladimir Grinin eröffnet. Den Einführungsvortag hält Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Einer der Programmpunkte lautet "Handels- und Wirtschaftsbeziehungen unter den aktuellen Bedingungen erfolgreich gestalten". Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr sagte, das Land berücksichtige die Belange Polens nicht. Es werde in Polen eben doch wahrgenommen, dass Mecklenburg-Vorpommern da ausschere aus der Sanktionspolitik der EU. "Die Landesregierung geht da einen schmalen Grat", so Suhr.
Sellering für "Vertiefung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit"
Sellering trifft an diesem Mittwoch in Löcknitz (Landkreis Vorpommern-Greifswald) den polnischen Botschafter in Berlin, Jerzy Marganski. Beide besuchen eine Grundschule und informieren sich über EU-Förderprogramme in der Grenzregion. Die polnische Botschaft wollte sich zum umstrittenen Russland-Tag nicht äußern. Der Ministerpräsident erklärte im Vorfeld, er wolle sich für die "Vertiefung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit" einsetzen. Sellering hatte in der vergangenen Woche im Landtag den Russland-Tag erneut verteidigt. Es liege im "vitalen Interesse" des Landes, die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland auszubauen. Er habe viel Zustimmung aus der Wirtschaft und der Bevölkerung für den Russland-Tag bekommen. Eine Absage komme nicht in Frage. Hauptsponsoren und Geldgeber des Russland-Tages sind vor allem russische Firmen.
Polen wichtigster Handelspartner
Nach den neuesten Wirtschaftsdaten war Russland im ersten Halbjahr zweitwichtigster Außenhandelspartner Mecklenburg-Vorpommerns. Allerdings ergab sich ein klares Handelsdefizit - der Nordosten importierte viel mehr Waren aus Russland als er ausführte. Beim reinen Export liegt Russland im Ländervergleich nur auf Platz zehn. Die meisten Geschäfte wickelt der Nordosten mit Polen ab. Das Nachbarland war im ersten Halbjahr mit Abstand wichtigster Handelspartner.
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