Die Werft ist pleite - wie weiter in Wismar?
Nach der Insolvenz der MV-Werften steht der Standort Wismar vor großen Herausforderungen. Gesucht werden Investoren, die die noch unfertige "Global Dream" möglichst übernehmen und den hochqualifizierten Werftbeschäftigten in der Transfergesellschaft eine Perspektive bieten, bevor das Knowhow mit ihnen abwandert.
Seit Mitte Januar ist klar, dass die MV-Werften pleite sind. Mittlerweile hat der Insolvenzverwalter die Zügel in die Hand genommen. Am 28. Februar hatten die Mitarbeiter ihren letzten Arbeitstag, seit Anfang März gibt es eine Transfergesellschaft. Betroffen sind die Standorte in Warnemünde, Stralsund und Wismar, insgesamt knapp 2.000 Beschäftigte. Stellvertretend für die drei Städte beschäftigt sich die neue Folge des NDR Podcasts Dorf Stadt Kreis mit Wismar. Hunderte gut bezahlte Jobs sind weg, Zulieferer kommen ins Trudeln, die Kaufkraft in der Stadt sinkt, möglicherweise wandern viele hochqualifizierte Arbeitskräfte ab. Wie kann man sie halten und den Wirtschaftsstandort Wismar sichern? Wir reden unter anderem mit Betroffenen, von denen einige ihr ganzes Arbeitsleben auf der Werft verbracht haben.
Rettungsanker Transfergesellschaft
Die meisten der ehemaligen Werftbeschäftigten konnten seit dem ersten März in die Transfergesellschaft wechseln. Sie sind damit für vorerst vier Monate nicht arbeitslos und können sich weiter qualifizieren. Vorerst, denn noch ist nicht klar, ob diese vier Monate ausreichen werden, um neue Investoren für Wismar zu finden. Doch ohne qualifizierte Mitarbeiter ist die Werft für neue Investoren wenig attraktiv. Die Befürchtung, die hochqualifizierten Schiffsbauer könnten sich woanders einen neuen Job suchen, bleibt. Für einen Neustart der Werft würden sie dann fehlen. Eine weitere Hürde könnte die noch unfertige "Global Dream" darstellen. Mit einem unfertigen Schiff in der Halle wird wohl kein Investor die Werft übernehmen wollen, der den Standort vielleicht ganz anders nutzen will. Auch aus diesem Grund sucht Insolvenzverwalter Christoph Morgen dringend nach Interessenten, die das Schiff zu Ende bauen und anschließend abnehmen - die Gespräche dazu laufen.
Für manche Mitarbeiter schon der dritte Konkurs
Mehrere Eigner und drei Pleiten hat die Werft in Wismar seit den 1990er Jahren erlebt: 1996 mit dem Bremer Vulkan, 2009 mit der Wadan-Yards, die einer russischen Investmentgesellschaft gehörte, und jetzt mit Genting Hong Kong. Mitarbeiter, die seit knapp 30 Jahren auf der Werft sind, erleben nun also schon die dritte Firmenpleite in ihrem Berufsleben. Dabei hatte Genting viel versprochen und anfangs auch gehalten: eine sichere Perspektive und gute Löhne. Doch spätestens durch die Folgen der Corona- Pandemie geriet der Konzern in Schwierigkeiten: Der Weiterbau des Kreuzfahrtriesen "Global Dream" in Wismar geriet ins Stocken, der Dezember-Lohn für die Mitarbeiter ließ auf sich warten, dann kam das Aus. Trotz des Insolvenzausfallgeldes wird es klamm in mancher Familienkasse. Geld, das für eine Renovierung oder größere Neuanschaffung gespart wurde, lässt man jetzt erst einmal lieber auf den Konto - "als Notreserve", erzählt einer der ehemaligen Werftarbeiter im Podcast.
"Wir können alles, außer Raumschiffe"
"Wir können alles, außer Raumschiffe", sagt ein ehemaliger Mitarbeiter der Wismarer Werft im Podcast. Betriebsrätin Ines Scheel bekräftigt, die Werftmitarbeiter hätten in den vergangenen 30 Jahren bewiesen, dass sie alles bauen könnten - Containerschiffe, Spezialschiffe, Kreuzfahrtschiffe und auch Plattformen. Für den Bau zweier Offshore- Plattformen hatte sich die Werft beispielsweise auch noch beworben. Auch ein neuer Investor für den Kabinenbauer Fertigmodule Wismar könnte ein Produkt entwickeln, das gefragt ist, sagt Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD), zum Beispiel Module für den Wohnungsbau. Die Gewerkschaft IG Metall will gemeinsam mit dem Technologie- und Gewerbezentrum eine sogenannte Zukunftswerkstatt ins Leben rufen. Ziel ist es herauszufinden, welche hochqualifizierten Mitarbeiter und technischen Möglichkeiten der Standort bietet, um mit den Ergebnissen auch mögliche Investoren anzulocken.
