60 Jahre Mauerbau - Gedenken in ganz MV
Mit zahlreichen Veranstaltungen ist am Freitag in Mecklenburg-Vorpommern an den Beginn des Mauerbaus vor 60 Jahren erinnert worden. Im ganzen Nordosten hingen die Fahnen auf halbmast.
Die Landtage von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein erinnerten am frühen Nachmittag mit einer gemeinsamen Veranstaltung an den Beginn des Mauerbaus vor 60 Jahren. "Die, die aufbegehrten, wurden bedroht, ihnen wurde nachgestellt. Viele wurden verhaftet, oder mussten sogar mit ihrem Leben bezahlen. Das DDR-Regime nannte die Fluchtversuche Verrat. Dabei waren sie doch ein Schrei nach Selbstbestimmung", sagte Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) in der Feierstunde, zu der auch Schüler aus Schwerin eingeladen waren, die Mauerbau und Mauerfall nur aus den Geschichtsbüchern kennen.
Zeitzeugen schildern Mauer-Erlebnisse
Drei Zeitzeugen - Udo Wachtel, der in Dechow in der DDR aufwuchs, der Ratzeburger Grenzschützer Wolfgang May und Harald Gallert aus Güstrow, der in den späten 1980er-Jahren über den Schaalsee in den Westen floh, schilderten, wie sie die innerdeutsche Grenze und später die Öffnung erlebten. Obwohl die Wiedervereinigung bereits 31 Jahre her sei, gebe es noch etliche offene Punkte zu diskutieren, sagte die Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags, Aminata Toure (Grüne). Unsichtbare Barrieren zwischen Ost und West und Vorbehalte müssten durchbrochen werden.
Erinnerung an Fluchtopfer in der Ostsee
An den Dienstgebäuden von Landesbehörden und Gemeinden hingen die Flaggen auf halbmast. In der Dokumentations- und Gedenkstätte im früheren Rostocker Stasigefängnis erinnerten außerdem Zeitzeugen und Historiker an die unsichtbare Grenze: die Ostsee. Auch 60 Jahre später ist die Zahl der tödlichen Fluchtversuche über das Meer immer noch nicht bekannt oder belegt. Zuletzt hatten Greifswalder Forscher mehr als 600 Totenscheine von Wasserleichen in der Ostsee untersucht - und dabei in 72 Fällen einen Fluchtversuch zweifelsfrei belegen können. Am Abend stellen die Wissenschaftler in Lübeck Zwischenergebnisse ihres Forschungsprojekts vor.
Mindestens 140 Mauertote allein in Berlin
Am 13. August 1961 waren in Berlin Ausreisesperren errichtet und damit die Teilung Deutschlands zementiert worden. In Berlin starben nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime, mehr als 100 bei Fluchtversuchen über die Ostsee oder an der 1.400 Kilometer langen innerdeutschen Grenze.
Schwesig: Mauerfall Verdienst der Ostdeutschen
Politiker mehrerer Parteien in Mecklenburg-Vorpommern hatten im Vorfeld des Gedenkens den Bau der Mauer als durch nichts zu rechtfertigendes Unrecht gebrandmarkt und an die Opfer erinnert. "Jede und jeder Tote an der Mauer war einer zu viel", sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Kein Staat habe das Recht, seine Bürgerinnen und Bürger einzusperren und auf Menschen zu schießen, die diesen Staat verlassen wollen. Auch im Alltag habe der Mauerbau entsetzliche Folgen gehabt. "Er riss Familien auseinander. Teilweise dauerte es Jahre, bis Eltern ihre Kinder oder Geschwister wiedersehen konnten." Es ist das große Verdienst der Ostdeutschen mit ihrem friedlichen Protest die Mauer zu Fall gebracht zu haben.
Renz: Ereignisse im Gedächtnis behalten
Innenminister Torsten Renz (CDU) betonte, auch mehr als 30 Jahre nach dem Fall der Mauer sei es wichtig, die Ereignisse von 1961 und ihre unmenschlichen Auswirkungen im Gedächtnis zu behalten. Justisministerin Katy Hoffmeister (CDU) bezeichnete die innerdeutsche Grenze und den dortigen Schießbefehl als "deutliche Zeichen von Diktatur und Willkür".
