Tanzende Menschen in einer Discothek, drumherum rote Scheinwerfer © picture allliance

Die Disco - ein kleiner stampfender Nostalgierückblick

Stand: 17.08.2023 14:18 Uhr

Musik hören, tanzen, Leute treffen: Disco hieß früher, was man heute den Club nennt: es läuft Musik, zu der möglichst viele feiern und eine gute Zeit haben. Die früher so beliebte Landdisco, ist aber offenbar vom Aussterben bedroht.

Tanzende Menschen in einer Discothek, drumherum rote Scheinwerfer © picture allliance
Beitrag anhören 4 Min

von Ocke Bandixen

Es war eine Frage des Charakters. Eine Frage der Haltung. Eine über ein gelingendes Leben: in welche Disco gehen wir? Da gab es die eine, die für die Kleinen war: Kinderdisco. Ha! Oder die, in die die Popper gingen. Geschenkt. Und natürlich die, wo die Coolen waren. Also wir. Sowie noch irgendwo, weit entfernt, Orte, von denen man nur gehört hatte, weil da nicht jeder reinkam. Und da Dinge passierten. Doch zurück zum Wesentlichen.

Ein Discobesuch ist nicht einfach ein Discobesuch

Die Vorbereitung. Was anziehen? So manches Goldkettchen oder manch hochgestellter Kragen konnte rasch alle Ambition zerstören. Wer kommt heute noch? Oder ist zumindest zu erwarten? Und: auf dem Land unerlässlich: wer fährt? Und kann später auch noch fahren?

Vorglühen, ankommen, Jacke im Auto lassen. Die Disco: Rummelplatz, Tummelplatz, Marktplatz. California, Flamingo, Cheyenne, Domino und immer wieder Roxy hießen die Discos, wenn man dem Haus der Jugend entwachsen war. Lebensräume im Blinklicht, wenn man reinkam. Kam man aber, weil man Charlie an der Tür kannte. Oder weil man eine attraktive Begleitung hatte. Oder weil man es einfach draufhatte.

Weitere Informationen
Schild mit dem Schriftzug "Closed" © imago

Discosterben: "Haben eine Krise der Massenkultur"

Es gebe eine große Tendenz zur Individualunterhaltung, sagt Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung. mehr

Disco - wie man sie kennt und liebt

Hier ging es in den Nächten um alles: Starrer am Rand, Tänzer in der Mitte. Mädchen, die alles gaben. Jungs, die sich mit zwei rechts, zwei links durchmogelten. Der Rest starrte. Männer mit Sonnenbrillen. Schuppen auf dunklen Jacken im Schwarzlicht. Gebrüllte Fragen, möglichst kurz, nichts allzu Kompliziertes wie etwa: wie schätzt du das Verhältnis von Atomkraft und Naturschutz ein? Oder, musikalisch: denkst du auch, dass das popkulturelle Erbe der Pet Shop Boys lange unterbewertet wurde? Oder könntest du dir vorstellen, dass wir unsere erste Begegnung noch etwas ausweiten? Nein. Einfacher: öfter hier? Trinkst du was? Ist das da dein Freund? Hast du mich grad angemacht? Oder wie Ulla Meinecke es mal sang: "Geständnisse im rotblauen Licht, dann die Antwort: ich dich nicht."

Getränke der Discokultur

Die Musik: klar, die Signatur des Abends, des Ladens. Treibstoff, Zündfunke. Gesprächsstoff. Was spielt der denn da? Hat sich das einer gewünscht? Und guck mal, wie die tanzen. Da waren sie wieder: die Starrer am Rand, die Tänzer in der Mitte. Zerrissene Mäuler - vor allem von den Ungeküssten. Drinks? Klar. Auf Getränkebon: Jeder Ort hatte so seine eigenen Regeln, Sitten, Getränke. Afri-Cola-Kümmerling, oder Fanta-Korn. Oder Pola - Pernod-Cola. Schlimm. Und meistens teuer. Deshalb, auch das kein Einzelfall.

Die Schauplätze fernab der Tanzfläche

Auch deshalb spielte sich das Spannende nicht selten woanders ab. Vor der Disco. Auf dem Parkplatz. Flaschen in Innentaschen. Korn im Kofferraum. Gib mal rüber. Wie es endete? Die Reise ans Ende der Nacht. Das kam ganz darauf an. Nicht jedes Abenteuer war ruhmreich. Und war der Fahrer überhaupt noch tauglich? Abkömmlich? Wo überhaupt? Schon auf dem Rückweg wurde bewertet. Hast du das gesehen? Nein? Doch, wirklich! Das zog sich dann noch hin bis mindestens zur großen Pause am Montag. Und dann wurde es ja langsam auch schon wieder Zeit, Pläne für das kommende Wochenende zu machen - zum Tanzen, zum Starren, zur Disco.

Weitere Informationen
Überdachter Eingang zu einem Gebäude mit der Aufschrift "Bootshaus" © NDR Foto: Jörn Zahlmann

Discos rechnen sich nicht mehr: "Bootshaus" in Flensburg schließt

Die Zahl der Discos und Bars ist seit Corona um ein Drittel zurückgegangen. In Flensburg schließt nun das "Bootshaus". mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 17.08.2023 | 13:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Tanz

Rock und Pop

This Band is Tocotronic, Cover
Podcast von ARD Kultur, rbb, NDR Kultur © ARD

"This Band is Tocotronic" in der ARD Audiothek

Der Podcast von rbb und NDR erzählt die Geschichte der Band. extern

Porträt von Philipp Schmid © NDR Foto: Sinje Hasheider

Philipps Playlist

Philipp Schmid kennt für jede Lebenslage die richtige Musik. Egal ob Pop, Klassik oder Jazz. Träumt Euch zusammen mit ihm aus dem Alltag! mehr

Peter Urban © NDR Foto: Benjamin Hüllenkremer

Urban Pop - Musiktalk mit Peter Urban

Spannende Stories, legendäre Konzerte, bewegende Begegnungen: Peter Urban hat viel erlebt und noch mehr zu erzählen. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Porträt Sarah Levy bei einer Veranstaltung zur Einführung der Webseite www.stopantisemitismus.de © picture alliance Foto: Paul Zinken

Autorin Sarah Levy über Israel: "Nie weiter entfernt vom Frieden als jetzt"

Levy ist 2019 von Hamburg nach Israel ausgewandert. Im Interview sagt sie: Seit dem Angriff der Hamas ist Israel ein anderes Land. mehr