SHMF 2024: Venedig und die Saxofonistin Asya Fateyeva im Fokus
Venedig, das sind Gondeln, Masken, Brücken - und natürlich Musik. Die musikalische Vielfalt steht im Zentrum des diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF). Gespannt sein darf man auf die Porträtkünstlerin: "Mit Saxofon geht alles!", sagt Asya Fateyeva. Auftakt ist am 6. Juli in Lübeck mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester.
Nach der Musikmetropole London steht in diesem Jahr die Lagunenstadt Venedig im Fokus. Die Lieder der Gondolieri, der Karneval, die frühbarocke Mehrchörigkeit im Markusdom, das erste öffentliche Opernhaus, das berühmte Waisenhaus Ospedale della pietà mit seinen hochmusikalischen Schülerinnen und die Biennale für zeitgenössische Musik - das kulturelle Erbe der Stadt Venedig würde sogar für mehrere Festivaljahrgänge reichen.
Venedig: Von Vivaldi über Verdi bis Strawinsky
Von der Renaissance bis zur Moderne haben herausragende Künstlerinnen und Künstler dort musiziert und komponiert: allein im 17. und 18. Jahrhundert Onkel und Neffe Andrea und Giovanni Gabrieli, Claudio Monteverdi, der "Rote Priester" Antonio Vivaldi, Tomaso Albinoni, Alessandro Marcello und Barbara Strozzi, eine der wenigen Frauen ihrer Zeit, die sich als Komponistinnen profilieren konnten. Die Kastraten Farinelli, Carestini und Bernacchi wurden am Teatro San Benedetto und in den Adelshäusern der Stadt bejubelt, später ließen Gioachino Rossini, Vincenzo Bellini und Giuseppe Verdi ihre Opern am Teatro La Fenice uraufführen. Ein Jahrhundert später präsentierten Igor Strawinsky, Sergej Prokofjew und Benjamin Britten ihre neuesten Werke bei der Biennale.
Weniger bekannt ist, dass Venedig fast 200 Jahre lang die Hauptstadt des Notendrucks war und einen riesigen Fundus von Musik-Manuskripten in ihren Archiven für die Nachwelt erhält. Ausgerechnet "Tod in Venedig" ist allerdings kein Musikstück, sondern die Novelle von Thomas Mann, die in Luchino Viscontis Verfilmung mit dem Adagietto aus Gustav Mahlers fünfter Sinfonie berühmt wurde.
All das und noch viel mehr bildet das Schleswig-Holstein Musik Festival in seinen Konzerten im Sommer 2024 ab. Als musikalische Botschafter Venedigs werden das Orchestra del Teatro La Fenice, das Venice Baroque Orchestra und die Solisti Veneti anreisen, die SängerInnen Lea Desandre, Rolando Villazón und Benjamin Appl lassen das Opernrepertoire lebendig werden, während das Chineke! Orchestra, das Ensemble Venice Vocal Jam und der finnische Geiger Pekka Kuusisto für musikalische Grenzüberschreitungen im besten Sinne sorgen.
Porträtkünstlerin 2024: Asya Fateyeva
Dafür steht auch die Saxofonistin Asya Fateyeva. Als Porträtkünstlerin des Festivals wird sie bis zu 17 Konzerte spielen und zudem zahlreiche Workshops mit Nachwuchsmusikern veranstalten. 1990 in der Ukraine geboren, mit Wahlheimat Deutschland, qualifizierte sie sich gleich in doppelter Hinsicht. Sie freut sich ganz besonders auf spezielle Schleswig-Holstein-Momente: "Die Bühnen sind sehr anders, die Orte sind anders. Ich liebe es, wenn die Natur mitmacht und man Vögel zwitschern hört oder die Kühe machen mit. Ich finde diese besonderen Momente bei dem Festival toll."
Die Preisträgerin zahlreicher internationaler Wettbewerbe lebt in Hamburg und unterrichtet klassisches Saxofon an den Hochschulen dort und in Lübeck. Sie tritt als Kammermusikerin und mit Orchestern auf, spielt Bachs Goldberg-Variationen ebenso wie Jazz und Weltmusik - frei nach ihrem Motto: "Mit Saxofon geht alles!". "Asya Fateyeva ist eine grandiose Botschafterin eines Instrumentes, das gar nicht so sehr im Fokus der klassischen Musik steht. Alle verbinden das Saxofon mit Popmusik, mit dem Jazz", erklärt der Intendant des SHMF, Christian Kuhnt. "Sie bringt uns allen mit ihrer Leidenschaft und mit ihrem Können dieses Instrument nahe. Das ist ganz, ganz toll. Man kann sich keine bessere Brückenbauerin vorstellen."
Dass mit dem Saxofon alles geht, will Asya Fateyeva auch beim Schleswig-Holstein Musik Festival beweisen. Natürlich bringt sie auch jede Menge musikalische Freundinnen und Freunde mit. Die spielen Orgel, Drehleier, Mandoline, Cello, Vibraphon oder Fagott, und ja: All das passt zum Saxofon!
Projekt "Singstars!" soll die junge Generation für Musik begeistern
Der Charme der Lagunenstadt Venedig, die in diesem Jahr im Fokus steht, solle aber nicht nur die SHMF-Konzerte in Schleswig-Holstein bestimmen, sondern auch die junge Generation begeistern, sagt Christian Kuhnt. In dem Projekt "Singstars!" zum Beispiel studieren Zweitklässlerinnen und Zweiklässler der Grundschulen in Pinneberg, Elmshorn und Holm ein eigenes Programm ein. Damit will der Festivalintendant Musik für alle erlebbar machen: "Sieben Klassen haben wir gefunden. Die kriegen am Schluss eine Bühne im Rahmen des SHMF und können das, was sie in einem halben Jahr in diesem Workshop gelernt haben, präsentieren. Musik bringt Menschen zusammen, bildet uns emotional und kann Grenzen überwinden. Da sind Kinder, die beispielsweise Deutsch gar nicht als Muttersprache haben. Für uns ist es ganz wichtig zu zeigen, was man mit Musik alles erreichen kann."
Musikalische Grenzen gibt es nicht beim Schleswig-Holstein Musik Festival: Auf dem Programm stehen Vivaldis "Vier Jahreszeiten" in unterschiedlichsten Variationen und Interpretationen beispielsweise neben dem karibischem Sound des Renegades Steel Orchestra. Es treten international gefeierte Künstler auf wie Leonard-Bernstein-Award-Preisträger Lang Lang, der englische Singer-Songwriter Jamie Cullum und viele mehr. "Ich freue mich sehr auf die legendäre Band 'Kool & the Gang', die nach Neumünster kommt", sagt Festivalintendant Kuhn, "denn es wird vielleicht die letzte Gelegenheit geben, das Gründungsmitglied Kool Bell, den Bassisten zu erleben, denn er wird nicht jünger." Musikalische Hochkaräter werden ergänzt durch Auftritte von Axel Milberg, der Literaturkritikerin Elke Heidenreich und der ehemaligen Tagesschausprecherin Judith Rakers.