Sommer-Hör-Tipps: Shirley Horn & Roy Nathansons "Sunny"

Stand: 28.07.2023 14:25 Uhr

Das sind die Sommermusiktipps von NDR Jazzredakteurin Claudia Hartmann: das Balladen-Album "Here's to life" von Shirley Horn und der Klassiker "Sunny" in der Version von Roy Nathanson und seiner Band "Sotto Voce".

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von Claudia Hartmann

"Here's to life" - Musik, die mehr entspannt als jede Yoga-Einheit

"Jedes Jahr im Sommer ist es irgendwann so weit: es ist heiß, es ist spät, und ich kann nicht schlafen", erzählt Claudia Hartmann. "Auf der Terrasse nerven die Mücken und im Schlafzimmer sind es nachts um zwölf immer noch 29 Grad. Keine Ahnung, wie die Kinder es geschafft haben einzuschlafen. Aber ich kriege die Kurve nicht. Obwohl ich total kaputt bin und morgen früh wieder raus muss, macht mich die Wärme total unruhig. Und jedes Mal, wenn so gar nichts mehr geht, hole ich Shirley Horn aus der Versenkung. Das Album "Here's to life" ist über 30 Jahre alt und begleitet mich immer wieder in den tropischen Nächten. Dabei ist das beim ersten Hören sicherlich nicht das, was landläufig unter einem Sommeralbum assoziiert wird, denn es ist ein Balladen-Album. Aber Shirley Horn singt so entrückt und spielt dazu so wunderschön Klavier, dass mich diese Musik durch und durch beruhigt, runterkühlt und mehr entspannt als jede Yoga-Einheit."

Shirley Horn: "Oscar Peterson wurde mein Rachmaninoff."

Shirley Horns rauchige Stimme war absolut einzigartig - weich und ausdrucksstark. Besonders beeindruckend war ihr Timing. Niemand konnte so langsam und so einzigartig phrasieren. Manche Worte betonte sie, andere ließ sie einfach weg. Aber ihr Gesang ist nur das Eine: Sie war auch eine unglaublich gute Pianistin. Bei ihr verschmolzen Gesang und Klavierspiel zu Einem. Schon als Vierjährige war sie vom Klavier fasziniert und bekam Unterricht. Zunächst machte sie eine klassische Klavierausbildung, bis sie mit 17 Jahren den Jazz für sich entdeckte. Shirley Horn: "Ich liebte Rachmaninoff, aber dann wurde Oscar Peterson mein Rachmaninoff und Ahmad Jamal mein Debussy".

Jazz-Gott Miles Davis hat einmal gesagt: "Shirley Horn ist die Einzige, die es schafft, mich mit ihrem Klavierspiel und Gesang zum Weinen zu bringen." Und Claudia Hartmann weiß genau was er meinte.

Bestverkauftes Jazzalbum des Jahres 1992: "Here's to life"

Das Album "Here's to life" ist aus dem Jahr 1992 und war damals die bestverkaufte Jazzplatte des Jahres. Ihr Arrangeur Johnny Mandel bekam dafür 1993 einen Grammy in der Kategorie "Bestes Instrumentalarrangement mit Gesangsbegleitung".

2005 starb Shirley Horn an den Folgen eines Schlaganfalls. Trotz ihrer Erfolge war sie nie die ganz große Jazzlady im Rampenlicht. Ihre Familie war ihr immer wichtiger. Und so dankt ihr Claudia Hartmann heute in den heißen Sommernächten, dass ihre Musik sie so herrlich runterkühlt und entspannt, damit sie am nächsten Morgen frisch für den Familienwahnsinn ist, ganz egal wie heiß es ist.

"Sunny" in der Version von Roy Nathanson's Sotto Voce

Ein völlig anderer Sommerklassiker ist bei den Hartmanns zuhause der Bobby Hebb-Klassiker "Sunny". Aber es muss die Version von Roy Nathanson's Sotto Voce sein. "Das ist unsere Nummer gegen Kummer und auch meine Kinder hüpfen begeistert dazu durch den Garten oder das Wohnzimmer", so Claudia Hartmann. "Denn alle wissen: danach hat Mama gute Laune und gibt noch eine Portion Wassereis aus, was ansonsten natürlich vollkommen verpönt ist."

Der Song beginnt mit einem unglaublich rhythmischen Saxofoneinstieg, der groovt, Spaß macht und einfach nur mitreißend und mutig ist. Wer beginnt schon ein Stück mit einem Saxofonsolo und entwickelt dann daraus das Thema? Und dann ist da noch diese besondere Instrumentierung mit dem Vokal-Akrobaten Napoleon Maddox, der mit seinem Mund ein ganzes Schlagzeug ersetzt und mit Posaunist Curtis Folkes, der mit seiner seichten Stimme alles andere als ein großer Sänger ist, aber so viel Humor und Wärme transportiert, dass man den groß gewachsenen Mann einfach nur in den Arm nehmen möchte.

Roy Nathanson: Gründungsmitglied der "Jazz Passengers"

Roy Nathanson hat seit den 1980er Jahren die New Yorker Downtown-Szene aufgemischt. Der Saxofonist spielte u.a. bei John Luries berühmten "Lounge Lizards" und gründete zusammen mit dem Posaunisten Curtis Fowlkes die herrlich kauzigen "Jazz Passengers". Der Name seiner Band "Sotto Voce" ist Programm und das Ausloten von Wort und Musik Nathansons große Passion. Er vertont Lyrik genauso wie Prosa und jeder in seiner Band muss singen – egal ob er ein großer Sänger ist oder nicht.

Und genau darum ist "Sunny" bei den Hartmanns ein Sommerhit. Hier darf jeder so sein, wie er ist - ob perfekt oder nicht. Hauptsache es groovt und macht Spaß. Häufig tanzen oder hüpfen dazu alle durch die Gegend und singen irgendwie mit. Und das ist durchaus etwas sehr Besonderes, denn es kommt nicht oft vor, dass sich die ganze Familie auf eine Musik einigen kann.

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