Gegenlicht im Kinosaal © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

Freie Kultureinrichtungen in Niedersachsen fordern bessere Finanzierung vom Land

Stand: 20.09.2024 14:25 Uhr

Der Arbeitskreis niedersächsischer Kulturverbände fordert von der rot-grünen Landesregierung mehr finanzielle Mittel für die Kultur, denn im Entwurf für den Haushalt 2025 sind keine wesentlichen Bestrebungen für mehr finanzielle Unterstützung ersichtlich.

von Andrea Schwyzer

Die Forderungen sind klar und bekannt. "Wir fordern den Ausgleich der Tarifsteigerung und den Ausgleich der Inflation", sagt Vera Lüdeck vom Arbeitskreis niedersächsischer Kulturverbände, kurz akku. "Das ist unsere absolute Mindestforderung. Und für die Kleinkulturverbände fordern wir mindestens zwei voll ausgestattete Stellen-Äquivalente. Auf mittelfristige Sicht ist es einfach notwendig, dass wir das Doppelte an Geld kriegen, also von 0,02 Prozent des Haushaltes auf 0,04 Prozent. Was immer noch lachhaft wenig ist."

Die Geschäftsführerin der LAG Rock wird nicht müde, auf die prekären Bedingungen, besonders in der freien Kulturszene, aufmerksam zu machen: "Da wir seit 2017 keine Erhöhung der Mittel bekommen, bedeutet das de facto, dass wir einen Kaufkraft-Verlust von 25 Prozent haben. Das heißt, durch Inflation, durch Tarifsteigerungen, durch die multiplen Krisen, sind wir an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr möglich ist, mit dem Geld, was wir noch haben, die vorhandenen Strukturen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Ansprüche, die an uns gestellt werden, zu erfüllen." Diese Ansprüche seien in den letzten Jahren massiv gestiegen, ergänzt Vera Lüdeck. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Barrierefreiheit, Generationswechsel, KI - die Themen sind groß und sollten bearbeitet werden. Genau das versuchen der akku und seine Mitgliedsverbände mittels Fortbildungen und Beratungsformaten. Davon profitieren rund 1.200 freie Kulturträger, vor allem auch in der Fläche. Noch.

Weitere Informationen
Auf einem Tisch liegen ein Aktenordner mit der Beschriftung "Fördermittel", Geldscheine, ein Taschenrechner und ein Stift. © picture alliance Foto: Zoonar | Stockfotos-MG

Mindestlöhne in der Kultur? Zur Lage in Norddeutschland

Das Land Nordrhein-Westfalen will ab 2023 seine Kulturförderung davon abhängig machen, ob die Veranstalter Mindestlöhne zahlen - und die norddeutschen Bundesländer? mehr

Grundsätzlich strukturell unterfinanzierte Kulturszene

Thomas Overdick, Geschäftsführer des Museumsverbands für Niedersachsen und Bremen möchte zum Beispiel ein über fünf Jahre aufgebautes und etabliertes Qualifizierungsangebot, die Museumsschule, verstetigen. 700 Museen in Niedersachsen werden damit erreicht. Bisher wurden die notwendigen 30.000 Euro von Stiftungen zur Verfügung gestellt. Und jetzt? "Diese 30.000 Euro haben wir nicht", sagt der Geschäftsführer. "Das heißt, dass dieses zentrale Beratungsangebot, das im Bundesvergleich eines der stärksten Beratungs- und Schulungseingebote für Museen überhaupt ist, droht eingestellt oder drastisch gekürzt zu werden, weil wir es es eben in dem etablierten Umfang so nicht mehr weiterführen können."

Fehlende Projektgelder und eine grundsätzlich strukturell unterfinanzierte Kulturszene: Die Folgen zeigen sich überall, sagt die Leiterin des Literaurhauses Hannover, Kathrin Dittmer, auch in ihrem Betrieb: "Wenn dieser Förderaufwuchs nicht vom Land kommt - und da wir jetzt eine örtliche Einrichtung sind, auch von der Kommune - müssen wir unsere Leistung halbieren. Dann gibt es nur noch die Hälfte von allem. Da mag einer zynisch sagen: So what, dann gehe ich eben woanders hin. Man muss sich eben vorstellen, dass das ja überall passiert. Und deshalb fürchten wir diesen Kahlschlag."

Weitere Informationen
Der Zuschauerraum im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters. © Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin Foto: Silke Winkler

Mehr Planungssicherheit: Neue Kulturförderung für Mecklenburg-Vorpommern

2023 soll es in Mecklenburg-Vorpommern eine neue Kulturförderung geben. Das kündigte heute Kulturministerin Martin (SPD) in Schwerin an. mehr

Diskussion über förderwürdige Kultur im Anschluss

Grundsätzlich geht es natürlich um die Frage: Was ist uns Kultur wert? Tilman Schlömp, Generalsekretär des Landesmusikrats Niedersachsen, sagt: "Kann ich mir die Fortbildung noch leisten? Bezahle ich wahnsinnig viel Teilnehmerbeiträge? Das sind die Fragen, die stellen sich vor Ort. Und da muss die Landesregierung am Ende auch sagen, ist es uns das wert, ein bisschen Förderung reinzugeben oder möchten wir das nicht."

Die Zahl der anwesenden Journalisten ist bei dieser Pressekonferenz übrigens überschaubar. Ein Zeitungskollege fragt: Wie solle er hier eine Geschichte erzählen. Sie wiederhole sich doch seit Jahren und werde von der Leserschaft auch nicht mehr geklickt. Im Anschluss an die Pressekonferenz entspinnt sich eine Diskussion über förderwürdige Kultur und die Grenzen eines Budgets. Offensichtlich kann die Kulturszene so laut rufen, wie sie will: Der Aufreger bleibt aus. Und das ist doch eigentlich der Aufreger an sich.

Weitere Informationen
Ein Bohlenweg vom Strand in Richtung Land führt zwischen Grenzpfosten durch, die mit den Farben der deutschen und der polnischen Flagge bemalt sind. © picture alliance Foto: imageBROKER  Schoening

Kulturförderung über Staatsgrenzen hinweg in Euroregion Pomerania

Wie die EU zwischen Greifswald, Anklam und Stettin den kulturellen Austausch fördert und kulturelle Netzwerke unterstützt. mehr

Kulturstaatsministerin Claudia Roth steht vor einem Plakat mit der Aufschrift "Kulturpass" und formt mit den Händen ein Herz vor der Brust. © Jörg Carstensen/dpa Foto: Jörg Carstensen

Kulturpass wird fortgeführt - Zuschuss aber halbiert

Der Kulturpass soll junge Menschen für Kultur begeistern. Allerdings gibt es in diesem Jahr für 18-Jährige nur noch 100 Euro. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 20.09.2024 | 17:20 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Installationskunst

Ausstellungen

Filmfestival

Eine Frau sitzt auf einem Stuhl und lächelt in die Kamera. Neben ihr stehen die Worte "Die Hauda & die Kunst" © NDR/ Flow

Kunstwissen to go - serviert von Bianca Hauda

Bianca Hauda serviert Kunstwissen in kleinen Happen: Porträts von Künstler*innen, deren Bilder und Werke in deutschen Museen zu sehen sind. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Die Fassade der Akademie für Nobelpreise in Stockholm © Steffen Trumpf/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Steffen Trumpf

Wer erhält den Literaturnobelpreis 2024? Bekanntgabe heute live

Heute ab 13 Uhr verkündet die Nobelpreis-Akademie in Stockholm, wer den prestigiertesten Literaturpreis 2024 erhält. Die Veranstaltung wird live gestreamt. mehr