"Glück Inklusive": Buchprojekt über erfülltes Leben trotz Behinderung
Menschen mit Behinderung und deren Angehörige fühlen sich in der Gesellschaft oft übersehen. Die Lebenshilfe Lüneburg-Harburg hat ein Buch herausgebracht, in dem fast 40 Betroffene ihre persönliche Geschichte erzählen. Jetzt gehen sie mit ihrem Buch auf Tour.
"Wie mein Leben ohne meine Behinderung wäre, darüber denke ich eigentlich nie nach. Ich habe ja noch zwei Gehirnzellen, die funktionieren. Die eine sitzt im Rollstuhl, die andere schiebt." Lachen im Publikum. Ausgelassene Stimmung im Gemeindehaus der Kirche St. Nicolai in Lüneburg. Hier wird aus dem Buch "Glück inklusive" vorgelesen. Auch einige der Porträtierten sind an diesem Abend dabei. Nach jeder Geschichte wird der Raum für Nachfragen geöffnet.
Denkanstöße durch Gespräche
Die Autorinnen Dagmar Pitter und Carolin George wünschen sich einen Anstoß durch den bunten Abend: "Ich fände es toll, wenn viele Leute Fragen stellen und sich das auch trauen und einfach frei heraus fragen", sagt Carolin George. "Es wäre schön, wenn ein Gespräch, ein Miteinander, etwas Lebendiges entsteht. Manchmal kommen auch Dinge, wo wir inspiriert werden, den nächsten Plan auszuhecken."
Buch soll neue Perspektiven öffnen
Der Anlass für das Buch war der 60. Geburtstag der Lebenshilfe Lüneburg im vergangenen Jahr. Ursprünglich sollten nur vier Geschichten gesammelt werden. Schnell wurden es mehr, und innerhalb eines halben Jahres entstand ein Buch. Dagmar Pitters, erste Vorsitzende der Lebenshilfe Lüneburg, möchte damit Barrieren abbauen: "Ein bisschen Mut machen, wenn man die richtigen Menschen findet oder die richtige Unterstützung, und dass nicht das Thema an sich das Problem ist, sondern der Umgang damit. Viele Menschen mit Behinderung erleben als Problem ja nicht ihre Behinderung, sondern wie die Umwelt mit ihnen umgeht."
Ausstellungen informieren über das Leben mit Behinderung
Damit genau diese Umwelt mehr über das Leben mit Behinderung erfährt, gibt es zusätzlich zu den Lesungen zwei Ausstellungen. Eine im Pluto, einem Projektraum in Lüneburg, und eine rund um die Kirche St. Nicolai. Eigentlich sollte die Ausstellung in der Kirche stattfinden. Da diese aber momentan gesperrt ist, wurde die Ausstellung kurzerhand nach draußen verlegt.
Jetzt stehen mehrere große weiße Tafeln mit Porträtfotos und Textauszügen aus dem Buch rund um die Kirche. In großen orangenen Buchstaben steht ein Zitat der abgebildeten Person, darunter der Textauszug. Außerdem gibt es QR-Codes, die zu einer Audiodatei des abgebildeten Textes führen. Diakonin Saskia Gelhaus-Rienecker sieht das Positive: "Ich glaube vor allem, dass man mehr Leute erreicht. Die Menschen, die jetzt am Gemeindehaus vorbeigehen, die hier in Lüneburg zu Besuch sind oder hier wohnen, die gucken sich das jetzt auch an. Die wären vielleicht nicht in die Kirche gegangen."
Trotz Behinderung Freude am Leben
"Glück Inklusive" - der Titel wurde gewählt, um zu zeigen, dass das Leben mit Behinderung nicht nur aus Krisen und Einschränkungen besteht, sondern auch aus ganz viele schönen Momenten. Auf fast 330 Seiten finden sich Porträts, Familiengeschichten und beeindruckende Bilder. Für die Beteiligten, wie Thorsten Seiffart, ist es etwas Besonderes, ihre Geschichte vorgelesen zu bekommen: "Wenn man das hört, hat man schon einen Kloß im Hals."
Ziel der Verantwortlichen: ihr Buch und damit das Thema Behinderung auch an Menschen herantragen, die damit nichts zu tun haben. Dafür sind weitere Lesungen und Ausstellungen geplant. Heute Abend findet eine davon in Lüneburg statt.
