Corona in SH: Booster-Impfung für alle bei Ärzten und Impfstellen
Die Gesundheitsminister wollen der Corona-Pandemie mit einer Auffrischungsimpfung für alle sowie einer Testpflicht vor dem Besuch von Pflegeeinrichtungen zu Leibe rücken. Schleswig-Holsteins Impfzentren bleiben geschlossen.
Im Kampf gegen das Coronavirus kommt die sogenannte Booster-Impfung für alle. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Freitag beschlossen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Auffrischungsimpfung bislang nur für über 70-Jährige. Schleswig-Holstein ermöglichte schon über 60-Jährigen eine dritte Impfung. Außerdem konnten im Norden bislang Menschen mit Vorerkrankungen sowie Medizin- und Pflegepersonal und mit einem Vektor-Impfstoff Geimpfte eine Drittimpfung erhalten. Die Studienlage habe jedoch "eine großartige Wirkung der Booster-Impfung gezeigt", sagte Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Er habe bereits im Spätsommer das Ziel ausgesprochen, nach einer gewissen Zeit allen Menschen "diesen Boost" anzubieten. Möglich ist dies nun sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie. Unterschiedliche Corona-Regeln für Menschen mit und ohne Auffrischungsimpfung soll es laut Garg - Stand jetzt - nicht geben.
1,35 Millionen Drittimpfungs-Berechtigte bis Januar
Sollten im nördlichsten Bundesland alle bislang geimpften Menschen eine Auffrischung in Anspruch nehmen, rechnet das Gesundheitsministerium mit knapp 1,35 Millionen Menschen, die sich bis inklusive Januar ein weiteres Mal impfen lassen könnten. Um die bislang zuständigen niedergelassenen Ärzte zu entlasten, soll die Zahl der mobilen Impfteams im Land gesteigert werden. Dazu habe man sich mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KVSH) beraten, erklärte Garg. Schleswig-Holsteins 28 Impfzentren, die Ende September geschlossen wurden, sollen nicht wieder geöffnet werden.
Stationäre Impfstellen sollen niedergelassene Ärzte unterstützen
Neben der Mehrzahl an mobilen Impfteams sollen jedoch auch stationäre Impfstellen eingerichtet werden, die sich zahlenmäßig an den Impfzentren orientieren sollen. Konkrete Standorte werden laut Gesundheitsministerium noch abgestimmt. Sie sollen auf jeden Fall im ganzen Land verteilt sein. Für die Impfstellen soll es ein Terminvergabesystem geben, zu dem noch keine Details bekannt sind. Offene Impfangebote solle es dort nur im kleinen Umfang geben, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Einen konkreten Zeitpunkt, wann die stationären Impfstellen in Betrieb gehen, gibt es noch nicht. Laut Ministerium ist dies "in den kommenden Wochen" geplant.
Hausärzteverband begrüßt Booster-Möglichkeit für alle
Der Hausärzteverband Schleswig-Holstein begrüßt die Entscheidung, allen Menschen eine Drittimpfung anzubieten. Das sei eine klare Ansage, die den Praxisalltag einfacher mache, sagte der Vorsitzende Thomas Maurer. Er könne "nicht den 68-Jährigen wegschicken und den 70-Jährigen boostern".
"Oberstes Ziel": Garg will Pflegeheime unbedingt offen halten
Neben der Möglichkeit einer Drittimpfung für alle beschlossen die Gesundheitsminister am Freitag die Ausweitung der Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen. Demnach ist ein Test vor dem Heimbesuch nun für alle Besucher Pflicht - unabhängig davon, ob man schon geimpft oder genesen ist. "Mein oberstes Ziel ist es, die Alten- und Pflegeheime offen zu halten, gerade in der bevorstehenden Advents- und Weihnachtszeit", sagte Gesundheitsminister Garg. Bislang galt die Testpflicht nur für Besucher, die nicht geimpft oder genesen sind. "Ich halte diese Ausnahme für vertretbar und für notwendig, um die alten Menschen besonders zu schützen", erklärte der FDP-Politiker. Zuletzt war es zum Beispiel nach einem Corona-Ausbruch in einem Norderstedter Pflegeheim zu mehreren Todesfällen gekommen.
Geimpfte und Genesene müssen für Tests nichts bezahlen
Wer geimpft oder genesen ist, muss für die Tests vor dem Besuch im Heim laut Gesundheitsministerium nichts bezahlen. Für die Umsetzung der Beschlüsse in Schleswig-Holstein muss die sogenannte Corona-Bekämpfungsverordnung angepasst werden. Dies sei in Arbeit, so ein Ministeriumssprecher. Die aktuelle Verordnung ist bis zum 14. November gültig.
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) unterstützt die Wiedereinführung der Testpflicht. Tests für alle könnten ein zusätzlicher Schutz in Heimen sein, sagte eine Sprecherin. Von der Landesgeschäftsstelle des Bundesverbandes privater Pflegeeinrichtungsanbieter hieß es, es sei zwar auch eine Erleichterung gewesen, als die Tests für Geimpfte wegfielen. Aber vor dem Hintergrund der steigenden Inzidenzen sei der doppelte Schutz besser.
Keine Impfpflicht für Pflegepersonal - auch wegen Fachkräftemangel
Für ungeimpftes Personal galt in Heimen auch bislang schon eine tägliche Testpflicht in Schleswig-Holstein. Eine Impfpflicht für Pflegepersonal sieht Garg auch weiterhin nur als "allerletzte Maßnahme, wenn wir zu keiner ausreichenden Impfquote beim Pflegepersonal kommen". Er verwies auf den Personalmangel in der Pflege. Er nehme Befürchtungen, mit einer Impfpflicht könne der Branche weiteres Personal abhanden kommen, sehr ernst, so der Gesundheitsminister. Man müsse beide Seiten "sehr wohl abwägen".
KVSH: Die meisten Heimbewohner haben Drittimpfung erhalten
Kategorisch ausschließen will Garg die Impfpflicht aber weiterhin nicht. Zunächst wolle man nun aber auf die umfassendere Teststrategie setzen: tägliche Tests für ungeimpftes Personal, anlass- und symptombezogene Tests für geimpftes und genesenes Personal in Heimen. Die meisten Bewohner in Plegeeinrichtungen haben nach Einschätzung der KVSH inzwischen eine Drittimpfung erhalten.
