Weniger Regeln für Betreiber von Windkraftanlagen
Das neue Energiesicherungsgesetz der Bundesregierung sorgt bei Windkraftgegnern im Norden für Unruhe: Lärm- und Schattenwurfauflagen für Windräder fallen demnach weg. Die Windenergie soll im Winter zur Versorgungssicherheit beitragen.
Nachts laufende Windräder? Vielerorts kommen sie nun wohl. Denn der Bund hat im Rahmen des Energiesicherungsgesetzes auch das Bundesimmissionsschutzgesetz angepasst, wie der Bundesverband WindEnergie mitteilt. Auf Antrag bei der zuständigen Genehmigungsbehörde - in Schleswig-Holstein ist das das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume (LLUR) - können Betreiber von Windkraftanlagen ihre Windräder auch dann laufen lassen, wenn sie sie nach der gültigen Betriebserlaubnis eigentlich hätten abschalten müssen. Diese Regelung ist bis Mitte April nächsten Jahres befristet.
Windräder dürfen nachts bis zu vier Dezibel lauter sein
Die Ausnahme betrifft zum Beispiel den nächtlichen Lärmschutz. Windräder dürfen nun zwischen 22 Uhr und 6 Uhr bis zu vier Dezibel lauter sein als bisher. Für den Schattenwurf der Anlagen wurden die Abschaltauflagen - ebenfalls bis Mitte April nächsten Jahres - komplett gekippt. Laut LLUR gibt es in Schleswig-Holstein knapp 3.000 Windkraftanlagen. Ein Großteil davon - schätzt der Landesverband WindEnergie - wurde unter Lärm- oder Schattenwurfauflagen genehmigt. Mehr als 160 Anträge auf Ausnahmeregelungen für mehr als 300 Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein sind beim LLUR bereits eingegangen.
Leistung der Windkraftanlagen erhöht sich um etwa ein Prozent
"Uns geht es nichts ums Geld", sagt Hans-Detlef Feddersen, Geschäftsführer der Cimbergy GmBH, die einen Bürgerwindpark im Kreis Nordfriesland betreibt. "Wir wollen unseren Beitrag für die Energiesicherheit in Deutschland leisten." Nach seinen Angaben haben die Windkraftbetreiber zunächst auch Kosten. So müsse die technische Steuerung umgestellt werden, um die neuen Regelungen erfüllen. Feddersen schätzt, dass die zusätzlichen Gewinne durch die verlängerten Laufzeiten diese Kosten nur bedingt decken werden. Der Landesverband WindEnergie Schleswig-Holstein schätzt, dass die Leistung der Anlagen um etwa ein Prozent steigen wird.
Windkraftgegner kritisieren Gesetzesanpassung des Bundes
Die Ausnahmeregelung ruft auch die Windkraftgegner auf den Plan. "Die Bundesregierung geht sehr fahrlässig mit dem Schutz der Anwohner von Windparks um", kritisiert zum Beispiel Susanne Kirchhof von der Initiative Vernunftkraft Schleswig-Holstein. "Das Bundesumweltamt hat in einer neuen Veröffentlichung festgestellt, dass die Anwohner von Windparks, besonders die, die im Außenbereich wohnen, nachts durch die bereits geltenden Lärm-Richtwerte massiv belästigt werden. Und nun soll das durch das neue Gesetz für die Menschen durchgängig noch lauter werden?", fragt sie.
Zusätzliche Belastungen für viele Anwohner von Windkraftanlagen
Nach Kirchhofs Angaben sind viele Menschen davon betroffen. Vor allem Windkraftanlagen, die in den vergangenen Jahren gebaut wurden, seien in der Regel mit einer Nachtregelung genehmigt worden. Diese gilt nun erstmal nicht mehr. "Da fallen jetzt für viele Menschen zusätzliche Belastungen an", sagt Kirchhof. Hans-Detlef Feddersen entgegnet, dass es nicht die Windkraftanlagenbetreiber gewesen seien, die die Ausnahmeregeln eingeführt haben. "Es war ein Hilferuf der Politik", so Feddersen.