Projekt in Lübeck: Autos und Fahrräder bald gleichberechtigt
Auf einer der meistbefahrenen Straßen Lübecks, der Fackenburger Allee, soll es für Autofahrer und Radfahrer gleichberechtigt zugehen. Für ein Projekt bekommen sie gleich viele Spuren. Manche befürchten ein Verkehrschaos.
Wer in Schleswig-Holsteins Städten mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist, tut etwas - so sagt man - für Umwelt und die eigene Fitness. Aber: Oft sind Rad- und Fußwege schmal und holprig, an Zufahrten und Kreuzungen auch gefährlich. Lübeck will das ändern und wagt ein sechsmonatiges Experiment: Auf einer der Hauptverkehrsstraßen sollen nach Angaben der Stadt Autos und Fahrräder bald gleichberechtigt unterwegs sein, auf jeweils einer Spur pro Richtung. Dieser Verkehrsversuch wird im Mai starten.
Anreiz für Umstieg aufs Fahrrad
Es geht um eine Strecke von 1,8 Kilometern zwischen Stockelsdorf und Lübeck. Auf Fackenburger und Krempelsdorfer Allee fahren täglich 30.000 Autos. Es ist laut und voll, die Fahrrad- und Fußwege sind in die Jahre gekommen. Nun bekommen Radfahrer ihre eigenen Spuren. Dafür fallen Parkbuchten weg und der Fußweg wird breiter. Busse dürfen im Falle eines Staus auf die Radspur ausweichen. Und es sollen zusätzliche Grünanlagen entstehen. Bausenatorin Joanna Hagen erklärte, die Stadt wolle einen Anreiz dafür schaffen, dass Autofahrer künftig auf das Rad umsteigen.
Vorerst provisorische Markierungen
Laut Projektleiter Jens Johannsen sind Veränderungen dringend notwendig: "Wir haben einen wahnsinnigen Nachholbedarf." Es gebe zu wenig Lebensraum für die gepflanzten Bäume, Poller würden beim Parken regelmäßig angefahren. "Wir haben hier einen Park- und Ladestreifen. Wenn sich die Tür der Beifahrerseite öffnet, ist es regelmäßig so, dass der Radfahrende auf dem zu schmalen Radweg ausweichen muss." Die Veränderungen sollen vorerst nur mit Markierungen auf die Straße geklebt werden.
Radfahrer begeistert, Autofahrer skeptisch
Die Stadt weist darauf hin, dass in diesem Abschnitt in Lübeck die Feinstaubbelastung sehr hoch ist. Änderungen seien auch deshalb notwendig. Den Fahrradfahrern gefällt dieser Test offenbar. Viele sagten im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein, sie freuten sich auf mehr Platz und breitere Straßen. Einige Anwohner fragen sich allerdings, wo sie künftig ihr Auto parken sollen. Auch für Copyshop-Besitzer Werner Rickert ist das ein Problem: "Vor allem der Wegfall der Kurzeitparkplätze ist sehr schädlich für unser Geschäft."
Viele Autofahrer erwarten ein Verkehrschaos. "Ich sag' mal: bis Stockelsdorf Stau. Das wird eine Katastrophe. Da ist es ja jetzt schon voll", klage ein Autofahrer. Pendler und Anwohner sind jetzt aufgefordert, bei der Stadt Vorschläge und Bedenken einzureichen. Der Verkehrsversuch soll dann ein halbes Jahr dauern - mit Option auf Verlängerung.
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