Stand: 20.05.2019 10:00 Uhr

Hintergrund: Was Schwertransporte beachten müssen

von Christian Nagel

Bei dem schweren Zugunglück in Alt Duvenstedt bei Rendsburg war Anfang Mai ein Schwertransport auf einem Bahnübergang hängen geblieben. Wenig später kam es zu einem heftigen Zusammenprall eines Zuges mit dem Transporter, bei dem 13 Menschen verletzt wurden. Zuletzt verdichteten sich die Hinweise, dass die Spedition einen Fehler gemacht haben könnte. Denn bevor Schwer- und Spezialtransporte auf die Straßen dürfen, haben Speditionen zahlreiche Auflagen zu erfüllen, zu denen etwa die Überprüfung der Strecke gehört.

Drei Kategorien für Spezialtransporte

Zu groß, zu schwer, zu sperrig - ob Teile für Windkraftanlagen, Lokomotiven oder Schiffsmotoren. Immer öfter müssen Speditionen in Deutschland Spezialtransporte durchführen, weil ihre Ware nicht auf normale Lkw passt. Diese Transporte beanspruchen die Straßen aber besonders übermäßig und werden unter anderen mit Spezialfahrzeugen durchgeführt. Sie sind deshalb genehmigungspflichtig und werden in drei Kategorien unterteilt:

  1. Schwertransporte, die das zulässige Normalgewicht für Straßen und Brücken überschreiten
  2. Großraumtransporte, die Breite und/oder Höhe und/oder Länge über das Normalmaß überschreiten
  3. Großraum- und Schwertransporte, Transporte, die größer und schwerer sind als erlaubt

Unterschiedliche Genehmigungen erforderlich

Eine große quaderförmige Etikettiermaschine liegt auf dem Auflieger eines Lastwagens © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Transporte sind genehmigungspflichtig, wenn das zulässige Normalgewicht für Straßen und Brücken oder die Ausmaße das Normalmaß überschreiten.

Einige Spezialtransporte können auch von normalen Lkw durchgeführt werden. Zum Beispiel dann, wenn die Ladung zu breit, aber nicht zu schwer für das Fahrzeug ist. In diesem Fall ist für die Nutzung von öffentlichen Straßen lediglich eine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Ist aber auch das Fahrzeug breiter, länger oder schwerer als in der Straßenverkehrszulassungsordnung vorgesehen, braucht auch der Lkw selbst eine Sondergenehmigung. Damit allein darf der Lkw zwar auch nicht auf deutschen Straßen fahren, aber sie ist Grundlage für eine Transporterlaubnis.

Transporterlaubnis für den Fahrtweg

Ist der Lkw für den geplanten Spezialtransport zugelassen, muss noch der Transport an sich genehmigt werden. Dafür hat der Spediteur zwei Möglichkeiten:

  1. Er stellt den Antrag bei den Behörden, die für seinen Firmensitz zuständig sind. Dann werden von dort aus alle weiteren Straßenbehörden, die auf der geplanten Strecke zuständig sind, abgefragt und ihr Einverständnis für die Transporterlaubnis eingeholt.
  2. Er stellt den Antrag in dem Ort, wo der Spezialtransport beginnen soll. Dann wird die Genehmigung dort aus nach dem oben genannten Muster bearbeitet

Online-Portal unterstützt das Genehmigungsverfahren

Für die Antragstellung nutzen die Speditionen das Online-Portal VEMAGS - das bundesweit einheitliche Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte. Dort geben die Speditionen unter anderem Start- und Zielort des Spezialtransports, sowie Maße und Gewicht, sowie die geplante Route an. Die vom Spediteur gewählte Genehmigungsbehörde arbeitet anschließend das Verfahren ab und stellt der Spedition die Transporterlaubnis über das VEMAGS-Online-Portal zu.

Landesbetrieb Straßenbau- und Verkehr in Schleswig-Holstein zuständig

In Schleswig-Holstein werden die Transportgenehmigungen vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) in Kiel bearbeitet. Er erteilt die Erlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen. Unter anderem muss der Antragsteller nachweisen, dass der Transport der Ware nicht per Bahn auf der Schiene oder auf dem Wasser per Schiff möglich ist. Diese Verkehrswege haben Vorrang. Es muss sich außerdem um unteilbare Ware handeln. Der Flügel eines Windrades zum Beispiel muss zwangsläufig in einem Stück transportiert werden und kann nicht in Einzelteilen auf mehrere normale Lkw verteilt werden. Und: Die Spedition muss eine geeignete Fahrstrecke ausarbeiten und diese vorschlagen. Sind Brücken tragfähig genug? Reicht die Höhe in Tunneln? Sind Kreisel zu eng?

LBV holt Zustimmung aller beteiligten Stellen ein

Der Landesbetrieb Straßenbau- und Verkehr überprüft unter anderem den Routen-Vorschlag der Spedition und macht gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge. Der LBV holt im Genehmigungsverfahren auch die Zustimmung aller Behörden ein, die von der geplanten Route betroffen und für die Straßen zuständig sind. Liegt zum Beispiel ein Bahnübergang auf der gewählten Route wird auch die Deutsche Bahn Netz AG dazu befragt. Sie kann Auflagen erteilen. Zum Beispiel, dass sich der Transport vor dem Überqueren der Gleise beim zuständigen Fahrdienstleiter anmelden muss.

Erst wenn Sie alle zugestimmt haben, gibt der LBV sein Einverständnis und erteilt eine Transporterlaubnis. Diese Genehmigungen beinhalten oft Auflagen und Bedingungen. Zum Beispiel wird der Spezialtransport in der Regel nur zu bestimmten, verkehrsarmen Zeiten gestattet. Also am späten Abend oder in der Nacht bis maximal 6 Uhr.

Speditionen: "Behörden wälzen Verantwortung auf uns ab"

Der Spediteur muss sich aber auch genau an die in der Genehmigung genannten Angaben, wie Länge, Breite und Höhe, sowie an das maximale Gewicht des Transportes halten. Ob die von der Behörde genehmigte Fahrstrecke des Spezialtransportes auch wirklich befahren werden kann, muss die Spedition außerdem nochmals prüfen. "Damit wälzen Behörden die Verantwortung auf uns ab", kritisieren die Speditionen dieses Vorgehen.

Auch das Wetter spielt eine Rolle: Lassen die Witterungsverhältnisse keine sichere Fahrt zu, muss die Spedition den Transport sofort aus Sicherheitsgründen abbrechen. Das gilt auch, wenn die Fahrstrecke nicht innerhalb der zugelassenen Fahrzeit erreicht wird. Ist der Transport also zum Beispiel nur bis 6 Uhr morgens genehmigt und erreicht der Fahrer bis dahin nicht sein Ziel, muss er den Spezialtransport beenden und das Fahrzeug an geeigneter Stelle abstellen. Je nach Länge, Breite und Höhe des Transports sind ein oder zwei Begleitfahrzeuge notwendig, die den Transport zusätzlich absichern und die Verkehrssicherheit gewährleisten. Wird ein Verstoß gegen die Auflagen festgestellt, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Der Fahrer des Spezialtransports muss mit einem Bußgeld in Höhe von 40 Euro und einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei rechnen.

Nicht alle Brücken und Straßen sind für Spezialtransporte geeignet

Eine bekannte Engstelle in Schleswig-Holstein ist zum Beispiel die Rader Hochbrücke. Sie verträgt nur Schwertransporte mit einem Gesamtgewicht bis 84 Tonnen. Alles was schwerer ist, muss sich einen anderen Weg über die Nord-Ostsee-Kanal suchen. Laut LBV hat die Zahl der Spezialtransporte in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. In Schleswig-Holstein ist die Zahl etwas zurückgegangen, was auf das Moratorium in Sachen Windkraft zurückzuführen ist.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 20.05.2019 | 08:00 Uhr

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