Die Jagd auf die Stadt-Waschbären von Ostholstein
Gerade in den Städten werden die Waschbären immer mehr zum Problem. Denn das Futterangebot ist dort groß. Drei Jäger aus Bad Schwartau versuchen, den Bestand zu regulieren.
Zwei Karten liegen auf dem Tisch, eine von Stockelsdorf und die andere von Bad Schwartau, beides im Kreis Ostholstein. Hier sind vor kurzem erst wieder Waschbären gesichtet worden. Deshalb müssen sich die zuständigen Stadtjäger abstimmen: Wolfgang Scharf, Rasmus Fink und Filip Bälder-Panten treffen sich regelmäßig, um über die Waschbärenjagd zu sprechen und sich auszutauschen. "Der Waschbär gehört hier nicht her", sagt Wolfgang Scharf, "vor allem in den Vogelhäusern findet er hier aber sehr viel Nahrung. Aber er frisst nicht nur das, sondern auch die Vögel. Und das beunruhigt die Bürgerinnen und Bürger". Heute wollen die Jäger eine neue Falle aufstellen. Das dürfen nur sie oder Menschen, die einen Fallenlehrgang gemacht haben, so besagt es eine Verordnung.
Jäger lernen immer wieder dazu
Rasmus Fink und Filip Bälder-Panten machen sich auf den Weg nach Bad Schwartau. Im Kofferraum eine Holzkastenfalle. Die ist doppelt und dreifach mit Bügeln gesichert, denn in der Vergangenheit haben die Jäger bei der Waschbärenjagd auch schon Lehrgeld bezahlt. "Die Tiere sind unheimlich schlau. Wir haben mal einen Waschbären gefangen - und als wir an der Falle ankamen, war sie leer", erzählt Bälder-Panten. "Offenbar hatten weitere Bären neben der Falle gegraben, sodass die Falle umgekippt ist." Daraufhin seien die Sicherheitsbügel locker geworden und die Klappen an der Seite gingen auf. "So haben sie ihren Kollegen quasi befreit". Heute werden sie die Falle in einem Garten eines Wohnhauses aufstellen. Dort haben sie im vergangenen Jahr schon einmal einen Waschbären gefangen. Die Tiere richten große Schäden an: Laut den Experten verwüsten sie Vorgärten, klettern aber auch unter Dächer und zerstören dort die Isolierung - und reißen sogar Steine raus.
Population in den vergangenen Jahren stetig gestiegen
Waschbären gehören in Deutschland zu den invasiven Arten. Wenn die Jäger also davon sprechen, den Bestand zu regulieren, müsste der Bestand normalerweise bei null liegen. Das zeigt sich als schwieriges Unterfangen, denn die Tiere haben sich in den vergangenen Jahren stark vermehrt. 1934 sind die ersten Waschbären in Deutschland aufgetaucht. Seitdem sind bundesweit 200.000 Tiere gefangen worden. Im Revier der Jäger aus Bad Schwartau waren es im vergangenen Jagdjahr 29. "Das ist eine gute Zahl und wir bejagen jetzt auch die Zulaufpässe. Deshalb hoffen wir, dass auch nicht mehr so viele nachkommen", sagt Jäger Fink. "Eine Fähe bekommt pro Jahr vier Jungtiere, damit haben wir hier vor Ort schon genug zu tun".
Inzwischen sind die beiden Fachmänner im Wohngebiet angekommen. Auf dem Weg zu dem Garten, in dem sie die Falle aufstellen wollen, werden Fink und Bälder-Panten von einer Nachbarin angesprochen. Sie hat große Löcher bei sich im Garten gefunden. Nachdem die Jäger sich ein Bild gemacht haben, liegt der Verdacht auf einen Waschbären nahe. Um Gewissheit zu bekommen, stellt Filip Bälder-Panten bei der Dame eine Wildkamera auf.
Wenn die Falle zuschnappt
Die Falle in dem Garten in Bad Schwartau ist mittlerweile scharf geschaltet, mit Meisenknödeln als Köder. Jetzt heißt es für die Jäger: abwarten. Die vergangene Woche war ruhig, erzählen sie. Es dauert keine 48 Stunden, da melden sie sich wieder. Ein Tier ist in die Falle gegangen - auch in Bad Schwartau, in einem anderen Wohngebiet. Filip Bälder-Panten und Rasmus Fink nehmen die Falle mit ins eigene Revier. Dort wird der Waschbär in einen sogenannten Abfangkorb gebracht. Mit einem Kleinkaliber setzt Filip Bälder-Panten seinen Revolver an und erschießt das Tier. So ist das gewohnte Prozedere. "Bei der normalen Jagd ist die Distanz zum Tier viel größer. Wenn man jetzt direkt an der Falle steht, ist das schon eine starke Überwindung", sagt Bälder-Panten. "Sowas macht kein Jäger gerne. Aber es ist das notwendige Übel für unsere heimische Tierwelt, dass wir es machen müssen. Es kostet schon Überwindung".
Das tote Tier, eine Fähe aus dem vergangenen Jahr, wird eingefroren und von der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht. Dabei werden Gewebeproben entnommen und geprüft, ob der Waschbär übertragbare Krankheiten vom Tier auf den Menschen hatte. Die Jäger von Bad Schwartau schalten die Falle unterdessen wieder scharf und warten - denn die Jagd auf die Waschbären in ihrem Revier geht weiter.
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