Ukraine-Krieg: Das Dilemma der Kindertagesstätten
Auch in Niedersachsen nehmen Kitas geflüchtete Mädchen und Jungen aus der Ukraine auf. Doch können die Einrichtungen das auf Dauer überhaupt bewältigen? Fachleute sprechen von einem Dilemma.
"Die Kitas sind seit Jahren am Limit." So beschreibt es Karsten Herrmann, Sprecher des Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) in Osnabrück im Gespräch mit dem NDR in Niedersachsen. Seit Jahren würden immer höhere pädagogische Ansprüche an die Fachkräfte gestellt. Gleichzeitig seien aber auch die Kitas über die Jahre durch Krisen belastet gewesen. Als Beispiele nennt er den Zuzug Geflüchteter in den Jahren 2015/16, die Corona-Pandemie und jetzt die Folgen des Ukraine-Krieges. Die Kita-Mitarbeitenden stünden vor einem Dilemma, so sagt es Hermann. Für sie sei es selbstverständlich, die geflüchteten Kinder aufzunehmen. Aber pädagogisch und zeitlich sei das eigentlich nicht mehr zu leisten. Vor allem dann nicht, wenn es sich um Mädchen und Jungen handelt, die im Krieg und auf der Flucht traumatisiert wurden.
Gebraucht wird Geld für Therapie- und Sprachangebote
Nach Angaben von Herrmann werden etwa in Osnabrück bislang 30 Kinder aus der Ukraine in Kitas betreut, es könnten aber noch mehr werden. Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hatte im März angekündigt, allen geflüchteten Kindern in Niedersachsen ein Bildungsangebot zu machen. Karsten Herrmann, der auch Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAGEK) ist, fordert dafür mehr Unterstützung vom Land - aber auch vom Bund. Kurzfristig müsse es Mittel für Fortbildung, Supervision und zusätzliche, freiberufliche Kräfte geben - etwa Therapeutinnen oder Fachkräfte zur Sprachvermittlung. Langfristig müsse der Personalschlüssel in den Kitas verbessert und der Beruf attraktiver gemacht werden.
