Nach Missbrauchs-Studie: Katholiken machen ihrem Ärger Luft
Auch in Niedersachsen reagieren viele Katholiken empört auf ein Gutachten zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Die Reaktionen reichen von Enttäuschung und Wut bis hin zum Kirchenaustritt.
Die Veröffentlichung einer Studie zur sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im katholischen Erzbistum München und Freising hat auch viele katholische Gläubige in Niedersachsen wütend gemacht. Bei den Kirchenverwaltungen gehen verstärkt kritische Reaktionen ein - bis zum Kirchenaustritt. "Es gab in den vergangenen Tagen verärgerte Reaktionen, Enttäuschungen, manchmal auch Fassungslosigkeit", sagte der Sprecher des Bistums Hildesheim, Volker Bauerfeld.
"Manche schreiben, dass es für sie jetzt reicht"
Die katholische Kirche in Osnabrück habe in den vergangenen Tagen Rückmeldungen von mehreren Gläubigen bekommen, sagte Daniela Engelhard, Leiterin des Forums am Dom, einer zentralen Anlaufstelle der Kirche in der Altstadt. Die Menschen meldeten sich per E-Mail. Aus einigen Mails seien Gespräche mit den Absenderinnen und Absendern entstanden. "Manche schreiben auch nur kurz, dass es für sie jetzt reicht, dass das Fass zum Überlaufen gebracht wurde durch das Münchener Gutachten", so Engelhard. Diese überlegten nun sehr ernsthaft, aus der Kirche auszutreten. Andere äußerten ihre Kritik und Enttäuschung, weil für sie die Kirche immer eine Instanz der Moral gewesen sei, die Werte hochhalte. Es gebe auch Zuschriften, in denen sich die Menschen Gedanken über eine Zukunft der Kirche machten.
Engagierte Mitglieder erwägen Austritt
Auch in Osnabrück sind es Engelhard zufolge zunehmend Menschen, die bislang zu den engagierten Kirchenmitgliedern gehörten, die nun über einen Austritt nachdenken. "Es sind viele Menschen sehr enttäuscht und fragen sich, nachdem sie sich über Jahrzehnte engagiert haben in der Kirche, in der Katechese, in Frauengruppen, in der Familienarbeit, was sie noch hält in der Kirche."
Die Aufarbeitung soll weitergehen
Viele Fragen werden derzeit in der katholischen Kirche in Deutschland beim sogenannten Synodalen Weg erörtert: Laien und der Klerus diskutieren gemeinsam über Themen wie den Umgang mit Sexualität, den Umgang mit Macht in der Kirche und die Rolle der Frauen. Auch die Aufarbeitung der sexuellen Gewalt in der Kirche gehe weiter, sagte Bauerfeld. Man wolle unter jeden Stein schauen und Licht ins Dunkel bringen. Das Bistum Hildesheim habe gemeinsam mit dem Erzbistum Hamburg und dem Bistum Osnabrück eine gemeinsame Aufarbeitungskommission installiert, die mehrheitlich mit nicht kirchlichen Fachleuten und Betroffenen besetzt sei.
Kaum Reaktion in Vechta
Im Offizialat Vechta, dem niedersächsischen Teil des Bistums Münster, seien dagegen bislang kaum Reaktionen auf das Münchener Gutachten eingegangen, sagte Offizialats-Sprecher Christian Gerdes. Ob sich die Austritte nun mehren, bekomme die Kirche erst mit Verzögerung mit. Austritte würden in Niedersachsen von den Standesämtern bearbeitet, sagte er.
