Handy-Datenklau: Medientrainer warnt Schüler
Große Augen, die Hand vor dem Mund, ein fragendes "Was?" - das ist der Moment, als die Kinder ihre privaten Fotos vom Handy groß auf der Leinwand ihres Klassenzimmers im Bernhard-Riemann-Gymnasium in Scharnebeck (Landkreis Lüneburg) sehen. Medientrainer David Schomburg hat sich an den Bildern bedient. Ganz legal, denn zu Beginn der Schulstunde haben sich die Kinder seine App heruntergeladen. Als sie den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmten, erteilten sie Schomburg automatisch Zugriff auf Fotos und Kontakte. "So ist das bei vielen Apps üblich. Wir wollen mit dieser Schockmethode den Kindern zeigen, wie schnell das gehen kann", sagt der Medientrainer.
Alte Handys besonders anfällig für Datenklau
Das Smartphone ist längst in die Kinderzimmer eingezogen. Die Studie "Kindheit, Internet, Medien" (KIM-Studie) 2018 hat untersucht, wie Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren mit Medien umgehen. Demnach besitzen 39 Prozent der Kinder bereits selbst ein Smartphone. "Je älter die Kinder sind, desto häufiger gehört das Smartphone auch ihnen", sagt Schomburg. Er hat zudem beobachtet, dass Eltern ihren Kindern häufig ihr altes Smartphone überlassen. "Das ist noch fahrlässiger. Denn für diese Geräte fehlen oft die nötigen Updates. Die Smartphones sind dann nochmal anfälliger für Datenklau."
Fast alle nutzen WhatsApp
Die meisten Teenager verschicken und empfangen täglich Nachrichten vom Handy. Der am häufigsten genutzte Dienst dafür ist WhatsApp. 73 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen nutzen WhatsApp täglich. Bei den Zwölf- bis 13-jährigen greifen 83 Prozent der Befragten jeden Tag auf den Messangerdienst zurück. Die Kinder der Klasse 5 c des Bernhard-Riemann-Gymnasiums in Scharnebeck bestätigen diesen Eindruck. Als Schomburg fragt, wer WhatsApp nutzt, heben fast alle Kinder die Hand.
"Erwachsene haben Verantwortung für die Kinder"
"Erwachsene haben eine Verantwortung für die Kinder, wenn es um Mediennutzung geht", sagt Schomburg. "Das fängt schon damit an, dass man sich dafür interessieren sollte, was das Kind mit dem Smartphone macht." In den Schulen in Niedersachsen gibt es kein einheitliches Konzept, wie den Kindern der Umgang mit Medien beigebracht werden soll. Ein Ansatz des Kultusministeriums sind Schul-Scouts. Dabei zeigen ältere Schüler den jüngeren, worauf sie achten müssen. Schomburg hält das zwar für einen guten Ansatz, um präventiv etwas zu zun. "Aber ich glaube, das kann nicht die letztendliche Lösung sein. Da müsste viel mehr vom Kultusministerium aus kommen", so Schomburg. Auch extra Personal müsste es dafür geben.
Medienwelt der Kinder ändert sich schnell
Am Bernhard-Riemann-Gymnasium in Scharnebeck hat Schomburg schon mehrere Workshops gegeben. Zusammen mit seiner Kollegin Dörte Christensen von der Bibliothek in Adendorf hat er das Konzept entwickelt. Durch den Förderfond "hochdrei - Stadtbibliotheken verändern" der Kulturstiftung des Bundes können sie die Workshops finanzieren. Immer neu angepasst an die Medienwelt der Kinder. "Da ändert sich schnell was", erzählt Schomburg.
Nur noch Fotos, auf denen sie nicht selbst zu sehen ist
Bei den Kindern hat das Training heute Eindruck hinterlassen. "Ich habe gemerkt, wie viel man damit falsch machen kann", erzählt Beeke. Der zehnjährige Constantin will jetzt besser aufpassen, welche Daten er im Internet preisgibt und vielleicht auch mal einen "Quatschnamen" verwenden. Und Zoe meint, sie wolle jetzt nur noch Fotos an Freunde schicken, auf denen sie nicht selbst zu sehen sei.
