Eine Person mit Handschuh erntet einen Spargel. © imago-images Foto: biky

Landwirtschaft: Weniger Kontrollen gegen Mindestlohn-Betrug

Stand: 14.06.2022 14:34 Uhr

Der gesetzliche Mindestlohn soll für feste Lohngrenzen sorgen. Damit die Arbeitgeber diesen auch zahlen, muss es Kontrollen geben. Doch nach Informationen des NDR Niedersachsen geht ihre Zahl zurück.

von Katharina Seiler

In immer weniger landwirtschaftlichen Betrieben wird die Einhaltung des Mindestlohns kontrolliert. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres haben die Beamtinnen und Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls nur noch halb so viele landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen kontrolliert wie im selben Zeitraum des Vorjahres: Statt 56 waren es nur noch 28 Kontrollen. Dabei wurden in 23 Fällen Verstöße gegen den Mindestlohn festgestellt, weswegen Strafverfahren oder Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurden. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des linken Bundestagsabgeordneten Victor Perli aus Wolfenbüttel hervor, die dem NDR vorliegt.

IG Bau: Erntehelfer kennen ihre Rechte oft nicht

Den Regionalleiter der IG Bau Niedersachsen, Eckhard Störmer, überraschen die Verstöße gegen den Mindestlohn in der Landwirtschaft nicht. Vor allem ausländische Erntehelfer würden um den Mindestlohn betrogen, sagt er. Die Gründe: Die ausländischen Erntehelfer würden ihre Rechte nicht kennen, seien sehr abhängig, auf den Höfen nicht organisiert und könnten sich auf Grund der Sprachbarrieren nur schlecht verständigen. Die Gewerkschaft würde dann oft von Außenstehenden auf die Missstände aufmerksam gemacht, so Störmer.

Wenig Hoffnung auf Verbesserung bei Kontrolle von Mindestlohn

Störmer zeigt sich wenig optimistisch, dass sich die Situation für die Erntehelfer verbessert - trotz der kürzlich beschlossenen Erhöhung des Mindestlohns in Deutschland. Denn es werde einfach zu wenig durch den Zoll kontrolliert, so der Gewerkschafter.

Zoll klagt über Personalmangel

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) Thomas Liebel bestätigt, dass der Zoll in den vergangenen Jahren weniger häufig Arbeitgeber überprüft hat. Die Gründe: Einsatzausfälle wegen Corona, aber auch grundsätzlich zu wenig Personal. Gut jede fünfte Stelle beim Zoll ist unbesetzt. Und auch der stellvertretende Vorsitzende der Zollgewerkschaft stellt fest, dass es fast ausschließlich ausländische Arbeitnehmende und studentische Hilfskräfte seien, die um den gesetzlichen Mindestlohn betrogen werden. Sie seien besonders auf den Lohn angewiesen und würden deshalb prekäre Beschäftigungsverhältnisse eingehen.

Perli fordert höhere Kontrolldichte

Für den linken Bundestagsabgeordnete Perli steht fest: Die Kontrolldichte der Betriebe müsse erhöht werden. Denn wenige Kontrollen würden schwarze Schafe zum Betrug einladen. Er fordert mehr Personal für den Zoll und strengere Gesetze.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 14.06.2022 | 13:00 Uhr

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