Ermittlungen wegen antisemitischer Symbole auf "Corona-Demos"
Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt wegen antisemitischer Symbole auf "Corona-Demonstrationen". Die Vorfälle waren schon 2020, gerieten aber erst durch hartnäckige Nachfragen der Grünen in den Fokus.
Es ist ein bemerkenswerter Vorgang: Zwei Parlamentarierinnen der Grünen wollten wissen, wie viele Ermittlungsverfahren es wegen des Zeigens von Symbolen gibt, die den Holocaust verharmlosen. Konkret ging es ihnen um die landesweiten Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Keine, lautete die Antwort des Justizministeriums Anfang Februar. Eine Antwort, die die Politikerinnen verwunderte. Denn vor allem freie Fotografen hatten sehr wohl Bilder publiziert, auf denen mögliche Straftaten zu sehen waren.
Fotografen hatten Bilder veröffentlicht
In Hannover etwa wurde mindestens eine Demonstrantin fotografiert, die einen gelben Davidstern mit dem Ausdruck "ungeimpft" trug - die Aufmachung dürfte eine klare Anspielung auf den Nationalsozialismus sein, unter dem Juden und Jüdinnen gebrandmarkt wurden, bevor sie im Holocaust ermordet wurden. Bei einer Versammlung in Herzberg am Harz soll ein Plakat zu sehen gewesen sein, auf dem der SPD-Politiker Karl Lauterbach mit Adolf Hitler gleichsetzt worden sein soll. Es gibt weitere Vorfälle.
Verwunderung bei den Grünen
"Es ist uns bewusst, dass die Polizei sich derzeit einem sehr dynamischen und teils unübersichtlichen Demonstrationsgeschehen gegenübersieht", sagt Marie Kollenrott, Sprecherin für Rechtspolitik der Grünen im Landtag. "Trotzdem muss zu jeder Zeit sichergestellt sein, dass die Polizei begangenen Straftaten im Kontext dieser Demonstration adäquat begegnen kann." Das sei mit dem Erstellen von Broschüren nicht getan, man sei froh, dass jetzt gehandelt werde, so Kollenrott.
Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt jetzt
Erst eine Nachfrage mit konkreten Einzelbeispielen führte jetzt dazu, dass die Staatsanwaltschaft Hannover in zwei Fällen Ermittlungen in Gang setzt. Irritierend: In anderen Fällen stellte sich wiederum heraus, dass es entgegen der ersten Antwort bereits eine juristische Prüfung gegeben hatte, die Tatverdächtigen jedoch nicht ermittelt werden konnten.
435 Ermittlungsverfahren zu Volksverhetzung im Jahr 2021
Eine Erklärung für die Korrektur der Antwort: In der Statistik werden Straftaten nicht danach erfasst, ob sie bei Demonstrationen oder anderswo passiert sind. Das Ministerium war auf das Gedächtnis einzelner Ermittler angewiesen - oder hätte alle Fälle einzeln auswerten müssen. Im Jahr 2020 hat es in Niedersachsen 350, im Jahr 2021 dann 435 Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegeben.
Ministerium: "Wir haben Polizei und Justiz aufgeklärt"
Den Vorwurf, Polizei und Justiz nicht genügend über Antisemitismus und damit verbundene Straftaten aufzuklären, wies das Justizministerium in seiner parlamentarischen Antwort zurück. Die Themen seien Teil der Polizeiausbildung. Bereits im Juni 2020 seien Polizeidienststellen durch das Innenministerium für den Einsatz bei Versammlungen dahingehend sensibilisiert worden, dass das Tragen bestimmter Symbole den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen kann.
