AstraZeneca-Chaos: Niedersachsen sieht Hin und Her gelassen
Der Wirbel um AstraZeneca nimmt kein Ende, die niedersächsische Landesregierung bleibt gelassen. Das Land befürchtet nach der neuesten Stiko-Empfehlung keinen Impfstau.
Zum einen werde in Impfzentren mehrheitlich Biontech/Pfizer und Moderna genutzt - und Biontech habe eine Erhöhung der Liefermenge angekündigt, teilte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) am Dienstag mit. "Insofern hoffen wir, dass die heutige Entscheidung nicht zu allzu großen Verzögerungen im Impffortgang führen wird", so Behrens. Zum anderen spiele es laut einer Ministeriumssprecherin eine untergeordnete Rolle, dass das Land bis Ende kommender Woche rund 200.000 neue Dosen AstraZeneca geliefert bekommen wird. Die Sprecherin wies darauf hin, dass das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers nach Ostern in Arztpraxen eingesetzt werde.
KBV-Chef: Impfstart bei Hausärzten nicht gefährdet
Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sieht den Impfstart bei den Hausärzten durch AstraZeneca nicht gefährdet. Zu Beginn würde dort vor allem das Vakzin von Biontech/Pfizer eingesetzt, sagte er der "Rheinischen Post" . Gassen geht davon aus, dass der AstraZeneca-Impfstoff nun vorwiegend in den Impfzentren zum Einsatz kommen werde.
Niedersachsen legt Altersgrenze auf 61 Jahre
Die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert Koch-Instituts hatte empfohlen, das Vakzin vorerst ab 60 Jahren einzusetzen. Auslöser der Entscheidung waren weitere Fälle sogenannter Sinusvenenthrombosen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung stehen. Das Land Niedersachsen hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass AstraZeneca "nur noch für Menschen ab 61 Jahren, die den Priorisierungsgruppen 1 und 2 angehören", zur Verfügung stehe. Der Einsatz "unterhalb dieser Altersgrenze bleibt indes nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich", hieß es in der Mitteilung weiter.
Wer haftet unterhalb der Altersgrenze?
Gesundheitsministerin Behrens geht davon aus, dass Hausärzte die verunsicherte Patienten beraten und auffangen. Als Vertrauter würden diese ihre Patienten genau kennen, sagte sie dem NDR Fernsehen. Haus- und Fachärzte indes kritisieren, dass sie Menschen unter 60 Jahren künftig zum Impfstoff von AstraZeneca beraten sollen. Es müsse geklärt werden, wer im Zweifel haftet, sagt Rüdiger Quandt vom Hausärzteverband Lüneburg dem NDR in Niedersachsen. Derzeit liege das Risiko bei den Medizinerinnen und Medizinern. Deshalb könne er das Mittel unter 60-Jährigen derzeit nicht ruhigen Gewissens spritzen, so Quandt.
Wie geht es mit Zweitimpfungen weiter?
Unbeantwortet bleibt vorerst auch die Frage, wie es für rund 38.000 Menschen in Niedersachsen mit AstraZeneca-Erstimpfungen weitergeht, die jetzt unter die Altersgrenze fallen. Deren Zweitimpfungen sind für die Zeit ab dem 12. April geplant. Das Sozialministerium erwartet offenbar bis dahin keine Empfehlung der Stiko. Die Zweitimpfung könne um drei Wochen aufgeschoben werden, hieß es. Ministerin Behrens dränge allerdings auf eine schnelle Entscheidung.
Weil setzt weiter auf AstraZeneca
Ein großes Problem sieht die Landesregierung in der Akzeptanz des Impfstoffes AstraZeneca bei den Bürgerinnen und Bürgern. "Ich bedauere sehr, dass jetzt viel Verunsicherung aufkommen wird. AstraZeneca bleibt dennoch ein wichtiger Impfstoff zur Eindämmung der Corona-Infektionen", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstagabend. Er werbe dafür, dass man sich gegenüber AstraZeneca aufgeschlossen zeige. "Ich jedenfalls werde mich mit AstraZeneca impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin", so Weil.
