Tourismus in MV: "Im Moment sieht alles nach Unsicherheit aus"
Corona-Pandemie, Fachkräftemangel, Energiekrise und Inflation: Die derzeitige Krisensituation kommt bei der Tourismusbranche in Mecklenburg-Vorpommern an. Dehoga-MV-Präsident Lars Schwarz spricht von einer "schwierigeren Situation, als wir sie jemals hatten".
Nach den hohen Buchungszahlen in den beiden Corona-Sommern 2020 und 2021 erlebt die Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommerns in diesem Sommer einen deutlichen Rückgang der Urlauberzahlen. "Wir bräuchten eigentlich deutlich vollere Häuser, deutlich vollere Urlaubsregionen, deutlich volleres Binnenland", sagte Dehoga-Chef Lars Schwarz bei NDR MV Live. Der Verbandschef sprach von einer "großen Unsicherheit bei den Gästen", die nicht zuletzt durch die derzeitigen Krisen infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges verursacht sei. "Die Buchungen sind teilweise sehr kurzfristig. Wir haben aber auch Stornierungen. Wir haben nicht diesen Rückenwind, den wir eigentlich jetzt in der Saison gebraucht hätten", so Schwarz.
"Deutlich schwierigere Situation, als wir sie jemals hatten"
"Im Moment sieht alles nach Unsicherheit aus. Das Schlimmste für ein aufkommendes Urlaubsgefühl, aber auch für den Gedanken, Urlaub zu planen, ist Unsicherheit", so Schwarz. Der Blick nach vorn treibe den Touristikern weitere Sorgenfalten auf die Stirn. Die Inflation führe auch spürbar zu einer Buchungszurückhaltung. Hinzu kämen deutlich gestiegene Kosten für die Branche etwa in den Bereichen Lebensmittel sowie Dienstleistungen wie Reinigung und Wäscherei. Außerdem führe die angespannte Fach- und Arbeitskräfte-Situation dazu, dass viele Betriebe ihre Angebote einschränkten und längere Schließzeiten haben würden. "Das ist alles in allem eine deutlich schwierigere Situation, als wir sie jemals hatten", so Schwarz. Politische Debatten über mögliche zusätzliche Corona-Reglementierungen im Herbst und Winter ließen weiteres Ungemach erwarten.
"Die Politik kann viel machen"
Schwarz sieht die Politik am Zuge. "Die Politik kann schon ganz viel machen. Beispielsweise könnte sie jetzt ein Stück weit auch für Klarheit sorgen." Statt eines Überbietungswettbewerbs an Reglementierungen, sollte aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt werden. "Gastgewerbe und Tourismus sind durch nichts bewiesen Infektionstreiber gewesen." Die Betriebe ihrerseits müsten sehen, wo sie Kosten reduzieren können. Dabei gelte es auch zu ermitteln, wo die großen Energietreiber sind.
Landestourismusverband spricht von guter Buchungslage
Der Landestourismusverband hatte am Wochenende von einer etwas verhalteneren Stimmung als in den Vorjahren gesprochen, die Buchungslage aber als zufriedenstellend bezeichnet. "Der sehr hohe Nachfragedruck der vergangenen Jahre - auch der beiden Corona-Jahre - ist derzeit nicht zu erkennen", sagt Verbandsgeschäftsführer Tobias Woitendorf. Die aktuell unsichere Situation in der Weltpolitik spiegele sich auch im Urlaubsverhalten der Menschen wider. Viele Menschen müssten oder wollen sparen.
Verzicht auf Restaurantbesuch oder Ausflug
Laut Woitendorf zeigt sich das noch nicht bei den aktuellen Buchungen, aber beim täglichen Urlaubsgeschehen. Die Touristinnen und Touristen würden aktuell eher auf einen Restaurantbesuch oder Ausflug verzichten. Auch könnten sich manche Anbieter gezwungen sehen, energieintensive Angebote wie Wellnessbereiche einzuschränken.
Fernziele bevorzugt - akute Personalprobleme
Hinzu kommt laut Woitendorf: Bei vielen Menschen stünden derzeit wieder Urlaubsziele im Fokus, die während der Corona-Pandemie gar nicht oder nur erschwert zu erreichen waren. Auch seien in manchen Teilen der Branche akute Personalprobleme zu spüren, was wiederum zu eingeschränkten Angeboten beispielsweise auf Promenaden führt. "Wo weniger Angebote sind, sind auch weniger Menschen unterwegs", erklärt der Verbandschef.
Wenig Hoffnung in der Branche
Die Stimmung in der Branche werde auch dadurch beeinflusst, dass es aktuell wenig Hoffnung auf Verbesserung der weltpolitischen Lage gibt. Dies habe auch direkte Auswirkungen auf die Zukunftsplanungen der Betriebe, die beispielsweise vor teuren und gleichzeitig notwendigen Investitionen zurückschrecken.
