Sänger von Feine Sahne Fischfilet vor Gericht
Der Sänger der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet, Jan Gorkow, muss sich heute wegen Landfriedensbruchs vor dem Güstrower Amtsgericht verantworten. Gemeinsam mit zwei weiteren Angeklagten aus Rostock soll er sich im Mai 2015 am Rande einer Kundgebung an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe Rechtsextremisten beteiligt haben. Auf der Kundgebung wurde gegen Rassismus demonstriert. Die Staatsanwaltschaft wirft Gorkow und einem 30-jährigen Mitangeklagten vor, aus einer größeren Gruppe heraus Stühle eines Restaurants auf die Neonazis geworfen zu haben. Der dritte Angeklagte soll die Auseinandersetzung verbal unterstützt haben.
Stühle flogen bei Auseinandersetzung
Laut Anklageschrift sollen sich rund 15 Mitglieder der rechten Szene mit einer schwarz-weiß-roten Fahne auf die Kundgebung auf dem Güstrower Markt zubewegt haben. Bis zu 25 Linke, darunter die Angeklagten, seien dann unter "Nazis raus"-Rufen auf sie zugelaufen. Dabei sei auch eine Flasche in Richtung der rechten Gruppe geschmissen worden. Diese sollen daraufhin die Stühle eines Restaurants genommen und sie in Richtung der Linken geworfen haben. Später hätten auch Teilnehmer aus der linken Gruppe mit Stühlen geworfen. Daraufhin waren die Rechtsextremisten geflohen.
Ermittlungen gegen Rechtsextremisten eingestellt
Die beteiligten Rechtsextremisten sind namentlich bekannt, da die Personalien der Gruppe nach dem Tumult von der Polizei festgestellt wurden. Die Staatsanwaltschaft Rostock teilte zunächst mit, dass gegen Mitglieder der Gruppe zwar ebenfalls wegen Landfriedensbruchs ermittelt worden sei, die Ermittlungen aber eingestellt werden mussten, da ihnen keine individuellen Straftaten hatten zugeordnet werden können. In der Gruppe befand sich auch der frühere NPD-Politiker Nils Matischent, der zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Güstrower Stadtvertretung war und sein Mandat im Jahr 2016 niederlegte.
Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar doch wieder
Nach Recherchen des NDR sind auf Fotos Rechtsextremisten bei Würfen mit Stühlen zu erkennen. Die Aufnahmen waren nach dem Geschehen im Internet veröffentlicht worden, sind derzeit jedoch nicht mehr abrufbar. Der Staatsschutz der Kriminalpolizei Rostock soll im Zuge der Ermittlungen diese Bilder mit Polizeifotos der einzelnen Neonazis zu einem Bildbericht zusammengeführt und alle Beteiligten identifiziert haben. Auf eine erneute NDR Anfrage an die Staatsanwaltschaft, ob sie bei ihrer Einschätzung bleibe, sagte die zuständige Staatsanwältin, sie könne dazu keine weiteren Erläuterungen geben. Die Verfahrensakte zu den Rechtsextremisten befinde sich bereits im Archiv, die zu den Linken schon bei Gericht. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Harald Nowack, teilte am Freitag telefonisch mit, dass der Fehler aufgrund der NDR Anfrage entdeckt und die Ermittlungen gegen die Rechtsextremen wieder aufgenommen würden. Eine schriftliche Bestätigung stand bis zum Redaktionsschluss noch aus.
Gorkows Rechtsanwalt: "Ich finde das empörend"
Gorkows Rechtsanwalt Michael Noetzel sagte, es sei unverständlich, warum drei Linke zwei Jahre nach dem Vorfall vor Gericht gestellt würden, "während alle Verfahren gegen Nazis, darunter ein vielfach vorbestrafter NPD-Stadtvertreter, eingestellt wurden. Ich finde das empörend." Der Sänger selbst wollte sich vor Abschluss des Verfahrens nicht zu den Vorwürfen äußern.
Handy-Video zeigt Auseinandersetzung
Teil der Ermittlungsakte soll auch ein 36-sekündiges Handyvideo sein. Darin sei im Hintergrund der Tumult zwischen Linken und Rechten zu sehen, auch Stühle fliegen. Ein Ermittler habe dazu vermerkt, dass das Video nicht geeignet sei, um Personen Straftaten zuordnen zu können. Gorkow soll jedoch wegen seiner massigen Statur und den tätowierten Beinen gut zu erkennen sein, wie er einige Meter abseits des Geschehens stehe und sich dann langsam um den Ort der Auseinandersetzung herumbewege. In der Liste der Gegenstände, die während der Gerichtsverhandlung am Montag in Augenschein genommen werden sollen, soll das Video ebenfalls nicht aufgeführt sein.
Die Punkband Feine Sahne Fischfilet wurde vor zehn Jahren gegründet und erlangte bundesweite Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass sie vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Dokumentation "Wildes Herz" des Schauspielers Charly Hübner über Jan Gorkow und Feine Sahne Fischfilet wurde vom NDR mitproduziert.
