Nach Gerichtsentscheid: Wird nun auch die Landes-AfD beobachtet?
Die Landes-AfD hat gelassen auf ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts reagiert. Enrico Schult, einer der beiden AfD-Landesvorsitzenden, sprach im NDR "von einem perfiden Spiel, um die Opposition zu schwächen". Die Richter hatten am Dienstag entschieden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen kann.
Die Kölner Richter haben ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei festgestellt. Bei einer Einstufung als Verdachtsfall dürfen geheimdienstliche Mittel zur Beobachtung eingesetzt werden: Telefone können abgehört, E-Mails dürfen mitgelesen werden. Auch das Einschleusen von V-Leute ist möglich. In Mecklenburg-Vorpommern ist die AfD die größte Oppositionsfraktion. 16,7 Prozent der Wähler haben die Partei bei der Landtagswahl im vergangenen September gewählt. Die AfD hat nach eigenen Angaben rund 700 Mitglieder, sie ist in allen Kreistagen vertreten. In der Vergangenheit sind einzelne Mitglieder immer wieder mit rechtsextremen Äußerungen aufgefallen. Die Landesverfassungsschützer lieferten ihren Kollegen im Bund etliche Beispiele für rechtsextreme Bestrebungen der Landes-Partei zu, die nun im Gutachten des Bundesamtes über die Verfassungsfeindlichkeit des AfD auftauchen.
Kein unbeschriebenes Blatt
Zuletzt wurde es in der Landespartei allerdings ruhiger, offen rechtsextreme Ausfälle waren kaum noch zu registrieren. Der Landesvorsitzende Schult widersprach auch deshalb den Richtern. Seine Partei sei nicht rechtsextremistisch. Man werde auch nicht vom Landesverfassungsschutz beobachtet. Allerdings ist die Landespartei für die Verfassungsschützer kein unbeschriebenes Blatt. Die Behörde führt die Partei seit einiger Zeit in den Jahresberichten auf, vor allem die inzwischen aufgelösten Gruppierung "Der Flügel" und die Nachwuchsorganisation "Junge Alternative". Der Verfassungsschutz hat dafür nur öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet.
Pegel prüft "in aller Ruhe"
Das könnte jetzt - mit der Entscheidung aus Köln - anders werden. Innenminister Christian Pegel (SPD) will die Urteilsbegründung "in aller Ruhe" abwarten und dann entscheiden, "ob wir ebenfalls in Teilen in solch einen Beobachtungsfall eintreten". Sein Koalitionspartner Die Linke ist skeptisch. Die rechtsextreme Ausrichtung der Partei sei seit Jahren offenkundig, so der Innenexperte Michael Noetzel. Er warnte vor einem möglichen Einsatz von V-Leuten. Viel zu häufig habe das Geld des Verfassungsschutzes geholfen, die extrem rechte Szene zu finanzieren.
AfD verschickt Rundschreiben
Die AfD gibt sich nach außen gelassen. Parteiintern ist die Sorge vor einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz jedoch offenbar groß, vor allem bei Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die zu besonderer Verfassungstreue verpflichtet sind. Eine AfD-Mitgliedschaft könnte sie unter Rechtfertigungsdruck setzen. Der AfD-Landesverband hat deshalb Rundschreiben an die Mitglieder geschickt, auch mit dem Ziel, sich nicht angreifbar zu machen. Der Landesvorsitzende Schult meinte, es gehe ohnehin immer um eine Einzelfallprüfung. Er rechnet auch deshalb nicht mit einer großen Austrittswelle.
Thema in der aktuellen Stunde
Die Beobachtung der AfD spielte am Mittwoch indirekt auch im Landtag eine Rolle. In einer aktuellen Stunde verglich der AfD-Abgeordnete Jan-Phillip Tadsen die Lage in der Ukraine mit den Flüchtlingsströmen im syrischen Bürgerkrieg 2015. Anders als damals würden jetzt "echte Flüchtlinge" kommen, sagte Tadsen. SPD-Fraktionschef Julian Barlen meinte, Tadsen habe "ideologisch die Hosen runtergelassen". Barlen sagte mit Blick auf die Kölner Entscheidung, "wir werden keinen politischen Pyromanen Folge leisten, die so lange zündeln, bis alles in der Gesellschaft in Flammen steht".
