Natur © picture alliance / Zoonar | Michael Krabs Foto: Michael Krabs

Kritik an nicht vorgenommenen Ausgleichsmaßnahmen

Stand: 22.05.2022 15:23 Uhr

Wer in MV mit einem Bauvorhaben in die Natur eingreift, muss auch etwas zurückgeben. "Ausgleichsmaßnahmen" ist der Fachbegriff dafür. Mit ihnen muss für gefällte Bäume oder eine bebaute Wiese Ersatz geschaffen werden. Diese Pflicht wird offenbar oft vergessen.

Bad Doberan im Landkreis Rostock macht ernst. Bürgermeister Jochen Arenz (parteilos) hat es zur Chefsache gemacht, dass Ausgleichsmaßnahmen für bereits fertiggestellte Bauprojekte so geleistet werden, wie es zuvor festgelegt wurde. "Für mich als Bürgermeister ist es ein Skandal, dass seit 1992 die Ausgleichspflanzungen sowohl von der Kommune als auch teilweise im privaten Bereich nicht durchgeführt worden sind", kritisiert er. Man habe der Natur etwas weggenommen und habe die gesetzliche Verpflichtung, das auszugleichen, aber das sei oftmals nicht erfolgt. In welchen Umfang - das will Arenz nun mit Unterstützung der Naturschutzorganisation BUND prüfen. "Ich gehe davon aus, dass das ein Betrag ist, der bis an eine Million Euro herangehen kann, was an Ausgleichspflanzungen offen ist."

Forderung nach einem landesweiten Kataster

Was in Bad Doberan jetzt im Kleinen angegangen wird, lässt sich auch auf Landesebene beobachten. Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes, Falk Ortlieb, sieht beim Thema Ausgleichsmaßnahmen mehrere Probleme. "Dass wir keine flächendeckende landesweite Übersicht haben, damit fängt das Problem eigentlich schon an." Ein entsprechendes Kataster müsse von den Behörden angelegt werden, meint Ortlieb. "Wir wissen von den Autobahnen A14 und A20 - und das sind ja wirklich große Eingriffe, vergleichsweise die größten Eingriffe in unserem Bundesland - wo wir immer noch warten darauf, dass Kompensation wirklich umgesetzt wird."

"Schöner kann man eigentlich nicht leben"   

Dabei ist die Regelung kein Selbstzweck, betont Carsten Großmann vom BUND in Bad Doberan. Wo Ausgleichsmaßnahmen geleistet werden, hätten alle etwas davon, sagt er. "Der Bürger hat davon ein wunderschönes Umfeld, wo er wohnen kann. Unser kleinstes Bebauungsplan-Gebiet - da sind alle Ausgleichsmaßnahmen vor Ort vorgenommen worden." Hecken seien gepflanzt worden, mittendrin stehe nun ein Spielplatz, der von allen Häusern eingesehen werden könne. "Schöner kann man eigentlich nicht leben."   

Bringt Gesetzesänderung die Lösung?

Jetzt alle Baugenehmigungen und Bebauungspläne seit 1992 zu kontrollieren, sei eine riesige Aufgabe, meint Bürgermeister Arenz. Drei Jahre, schätzt er, werde es allein für Bad Doberan dauern, alles aufzuarbeiten. Daher wünscht sich Arenz eine andere Lösung für das Problem. "Dass es dort eine Gesetzesänderung gibt - und zwar, dass bei einer Baugenehmigung erst die Ausgleichspflanzung zu erfolgen hat und danach mit dem Bau begonnen werden darf." Bis es so weit ist, sind allerdings weiterhin engagierte Behörden und Ehrenamtler nötig, die beharrlich den Ausgleich für die Natur einfordern.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 22.05.2022 | 12:00 Uhr

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