Hilfen für MV-Werften beschlossen
Von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV

Krisen-Sitzung zu den MV-Werften: Rund vier Stunden hat das Kabinett von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag beraten, wie es mit den angeschlagenen Schiffbau-Betrieben in Wismar, Warnemünde und Stralsund weitergehen kann. Mit am Tisch saßen Vertreter der IG-Metall und die Bürgermeister aus Wismar und Stralsund, Thomas Beyer (SPD) und Alexander Badrow (CDU). Die Lage ist ernst, die IG-Metall überreichte eine Resolution, in der es heißt: "Die Werften brauchen Zeit und Geld". Beides will das Land den MV-Werten und dem dahinter stehenden Genting-Konzern aus Hongkong geben.
Eingefrorene Sicherheitsreserve wird freigegeben
Die rot-schwarze Landesregierung hat den ersten Teil eines Rettungsplan beschlossen. Das Kabinett stimmte dafür, eine eingefrorene Sicherheitsreserve des Werft-Eigners freizugeben. Es geht um 175 Millionen Euro, mit dem Geld sollen vor allem offene Rechnungen der Zulieferer bezahlt werden, außerdem geht es darum, die Werften "warm zu halten". Die Banken müssen dem Schritt noch zustimmen - sie haben ein gehöriges Wort mitzureden. Denn der Genting-Konzern hatte die insgesamt 260 Millionen Euro schwere Sicherheitsreserve - in der Landesregierung ist von "Lockbox" die Rede - vor allem als Garantie für die 17 Kreditgeber angelegt, aber auch für das Land ist die Summe eine Sicherheit, die jetzt aufgezehrt wird.
Mit 175 Millionen Euro Durststrecke überbrücken
Bis zum September soll mit dem Geld vor allem Zeit gewonnen werden. Die 175 Millionen Euro überbrücken eine Durststrecke bis die große Hilfe kommt. Das ist der angepeilte Einstieg in den Corona-Rettungsschirm des Bundes. Genting hofft auf 570 Millionen Euro aus Berlin. Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) und Finanzminister Reinhard Meyer (SPD) legen sich nach eigenen Angaben mächtig ins Zeug, um den Bund die Hilfen schmackhaft zu machen. Das Land sei jedenfalls jetzt in eine Art Vorleistung gegangen, meinte Meyer. Jetzt müssten der Bund, aber auch der Eigner nachziehen. Nach Ansicht von Glawe gibt es dafür keine Hindernisse.
Vor Corona-Krise nicht in Schwierigkeiten
Denn zwei Gutachten hätten bescheinigt, dass die MV-Werften vor der Corona-Krise keine Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen seien. Sie erfüllten damit die wichtigste Voraussetzung für die Bundes-Hilfen. Erstmals hat sich auch Schwesig zu der Lage auf den Werften geäußert. Es gehe um eine "Traditionsindustrie, die, wenn sie einmal verlorengeht, auch nicht wieder aufgebaut werden kann."
3.000 Werft-Beschäftigte noch bis September in Kurzarbeit
Schwesig sagte, die Chancen würden überwiegen, bisher habe der Eigner seine Zusagen gehalten. Der Rettungsplan sei ein positives Signal, er berge aber auch Risiken. Die Regierungschefin sprach offen von einer Pleite ohne die jetzt zugesagten Hilfen. "Wenn wir das nicht tun, dann gibt es eine Insolvenz aller drei Standorte mit über 3.000 arbeitslosen Frauen und Männern." Zusätzlich betroffen seien 12.000 Jobs bei den Zulieferern. Die IG Metall sorgt sich um diese Jobs. Die gut 3.000 Werft-Beschäftigten sind in Kurzarbeit, mindestens bis September, wahrscheinlich aber länger.
Wichtiges Signal an alle Beteiligten
IG Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich sagte, der Rettungsplan des Landes sei ein wichtiges Signal an alle Beteiligten, jetzt liege es vor allem an den Banken. Von Stellenabbau will in der Landesregierung niemand sprechen. Angesprochen darauf, meinte Minister Glawe: "Es kann sein, dass das nicht hundertprozentig ausgeschlossen ist." Für Überlegungen sei es aber noch zu früh. Die Kreuzfahrtbranche, für die Werften die großen Schiffe bauen, steckt in einer besonderen Corona-Krise. Diese Reise-Form auf engem Raum gilt als virus-anfällig, die Schiffe liegen ohne Passagiere in den Häfen. Der Genting-Konzern, der sie anbietet, verdient kein Geld.
Fortführungs-Perspektive wichtig für die Zukunft
Wichtig sei jetzt, so Meyer und Glawe, dass Wirtschaftsprüfer eine Fortführungs-Perspektive sehen, dass die Werften also eine Zukunft haben und wieder Schiffe bauen. Die Gutachten dazu sollen bis September vorliegen. Am Donnerstag soll der Rettungsplan auf der großen parlamentarischen Bühne verhandelt werden, der Landtag berät die Lage der MV Werften in einer Sondersitzung. Eine Frage ist: Welche Mittel ist das Land bereit zu geben? Finanzminister Meyer sagte, bisher betrage das Ausfall-Risiko des Landes "im Szenario einer Insolvenz" rund 80 Millionen Euro. Wenn jetzt die Sicherheiten aus der "Lockbox" ausgezahlt würden, dann steige die Schadenssumme auf 226 Millionen Euro.
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