Groß Strömkendorf: CDU will Entschuldigung von SPD-Chefin Esken

Stand: 17.11.2022 04:38 Uhr

Nach der mutmaßlichen Brandstiftung an der Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf bei Wismar haben die Ermittler einen Feuerwehrmann festgenommen. Die Tat ist offenbar aufgeklärt, die politische Debatte aber ist neu entfacht. Der Grund: Der zunächst geäußerte Verdacht eines ausländerfeindlichen Hintergrunds der Tat hat sich laut den Ermittlern nicht bestätigt.

Die Landes-CDU fordert deshalb eine Entschuldigung der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken. Sie hatte kurz nach dem Brand der Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge CDU-Chef Friedrich Merz indirekt eine Mitschuld gegeben. Sie sagte der "Rheinischen Post" mit Blick auf Merz, wer Kriegsflüchtlinge als Sozialtouristen verleumde, "der muss sich fragen lassen, welchen Anteil er hat an Hass und Hetze, die später in Gewalt mündet". Esken gab dem Blatt auch zu Protokoll: "Die Einlassungen der letzten Zeit zur Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland sind verantwortungslos - und sie bereiten den Boden nicht nur für gesellschaftliche Spaltung, sondern letztlich auch für solch kriminelle Taten."

Empörung bei der CDU

Der CDU-Bundesvorsitzende Merz hatte sich zuvor bereits für eine Äußerung entschuldigt, in der er ukrainischen Flüchtlingen Sozialmissbrauch vorgeworfen hatte. Eskens Äußerungen löste vor vier Wochen auch deshalb Empörung bei der Union aus. Die wird jetzt noch einmal lauter. Denn die Ermittler sagen, die Tat bei Wismar habe keinen ausländerfeindlichen Hintergrund. Festgenommen wurde ein Feuerwehrmann, dem weitere Brandstiftungen vorgeworfen werden.

SPD-Zentrale will sich nicht äußern

Die Landes-CDU wirft Esken im Licht der Ermittlungsergebnisse vor, sie habe die Tat politisch instrumentalisiert, statt in Ruhe die Ermittlungsergebnisse abzuwarten. "Den Nazi-Anschlag hat es nicht gegeben", sagte CDU-Landesgeneralsekretär Daniel Peters. Esken müsse Merz öffentlich und glaubwürdig um Verzeihung bitten, das wäre das Allermindeste. Die SPD-Zentrale in Berlin lehnte auf Anfrage des NDR eine Kommentierung ab, auch die SPD-Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, äußerte sich nicht. SPD-Landesgeneralsekretär Julian Barlen nannte Peters Forderung eine "Nebelkerze". Zu der Frage, ob sich Esken entschuldigen müsse, sagte er nichts.

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AfD kritisiert "Kopfkino"

Peters meinte, auch der kurzfristige Besuch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Brandort sei "zweifelhaft". Faeser hatte vor Ort erklärt, "die Vermutung ist da, dass es sich um einen Brandanschlag handeln könnte". Sollte sich das bestätigen, werde der Rechtsstaat mit allen Mitteln durchgreifen. "Die Tat muss verfolgt werden, es muss zu einer schnellen Anklage kommen und dann auch zu einer Verurteilung", sagte sie. Ministerpräsidentin Schwesig twitterte, sollte sich der Verdacht der Brandstiftung bestätigen, müsse dies harte Konsequenzen haben.

AfD-Landeschef Leif-Erik Holm beklagte, viele hätten "aufgrund des eigenen Kopfkinos voreilige Schlüsse gezogen". Auch Faser hätte es gut zu Gesicht gestanden, erst einmal abzuwarten, so der Bundestagsabgeordnete. Holm forderte auch eine Entschuldigung der "Bild"-Zeitung. Das Blatt hatte Groß Strömkendorf in einem Beitrag als "Dorf der Schande" bezeichnet.

Linke will weitere Ermittlungen

Der Landtagsabgeordnete der Linken, Michael Noetzel, hat dagegen offenbar Zweifel an den Aussagen von Polizei und Staatsanwaltschaft und warnte vor vorschnellen Festlegungen. Für Noetzel ist es unerheblich, dass der festgenommene Feuerwehrmann bisher nicht ins Visier des Staatsschutzes geraten ist. Rassistische Motive seien nicht auszuschließen, meinte er, immerhin sei die Unterkunft kurz vor dem Brand durch ein Hakenkreuz "markiert" worden. Jetzt bleibe abzuwarten, "was die Auswertung einschlägiger Telegram-Chats oder von Bildmaterial rechter oder rechtsgeprägter Demonstrationen vor dem Hintergrund einer möglichen Teilnahme des Tatverdächtigen ergibt". Offen ist, ob das die Ermittler nicht längst geprüft haben.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 17.11.2022 | 06:00 Uhr

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