Friedensgespräche am Sund? Innenministerium rügt Stralsund
Das Innenministerium in Schwerin hat den Beschluss der Stalsunder Bürgerschaft, das Rathaus für mögliche Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine anzubieten, gerügt. Das Stadtparlament habe mit dem Beschluss seine Kompetenz deutlich überschritten. Zu diesem Ergebnis kommt die Kommunalaufsicht des Ministeriums.
Die Rechtsexperten in Schwerin pfeifen damit die Stralsunder Kommunalpolitik zurück. "Die Stadt hat rechtswidrig gehandelt", so das Ministerium. Die Bürgerschaft hatte es vor knapp vier Wochen, am 20. Oktober, ganz ernst gemeint. Per Beschluss sollte das Stralsunder Rathaus als Ort für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine angeboten werden. Stadtpräsident Peter Paul oder Oberbürgermeister Alexander Badrow (beide CDU) sollten Kanzler Olaf Scholz (SPD) einen Brief schreiben, in dem das Rathaus als Verhandlungsort angeboten wird.
Tradition der Streitschlichtung
Nach dem Wunsch der Bürgerschaft sollte am Sund der Konflikt, in dem Russland seit fast neun Monaten ukrainische Dörfer und Städte bombardiert, beendet werden. Hingewiesen wurde auf eine gewisse Tradition der Streitschlichtung. Immerhin sei im Jahr 1370 der Stralsunder Friede geschlossen worden, vor mehr als 650 Jahren endete ein Krieg zwischen Dänemark und der Hanse. Auch aktuell sei nichts wichtiger als der Frieden, hieß es in der Bürgerschaftssitzung. In einer ersten Fassung begründeten die Initiatoren des Bündnisses "Bürger für Stralsund" den Schritt mit Angst vor einem Weltkrieg, an dem auch die Bundesregierung Mitschuld trage.
Bürgerschaft überschreitet regionale Kompetenz
Ziemlich schnell schaltete sich die Kommunalaufsicht ein und forderte die Stadt zur Stellungnahmen auf. Die verteidigte noch in der vergangenen Woche ihr Vorgehen. Davon ließen sich die Rechtsexperten des Ministeriums nicht erweichen. In ihren Augen maßt sich die Bürgerschaft Kompetenzen an, die sie nicht hat. Es sei nicht Sache und auch nicht Aufgabe eines Kommunalparlaments, allgemeine Beschlüsse zur Außenpolitik zu fassen. Die Bürgerschaft sei dafür da, Dinge vor Ort, der eigenen Gemeinde zu regeln, schreibt die Kommunalaufsicht der Stadt ins Stammbuch. Das Stadtparlament könne die Initiative auch nicht damit begründen, dass in dem Beschluss die Ansicht der Bürgerschaft zur Geltung komme. Mit städtischen Angelegenheiten habe das nichts zu tun, heißt es auch dazu aus Schwerin.
Beschluss ohne Folgen
Praktische Folgen hat die Beanstandung aus Schwerin offenbar keine. Dafür ist der Beschluss der Bürgerschaft in den Augen des Ministeriums nicht wichtig genug. Die Sache bleibe auf das Ansehen der Stadt beschränkt, heißt es in der Begründung. Außerdem gehe man davon aus, dass "die städtischen Organe ihre Tätigkeit künftig auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft beschränken werden".
OB Badrow für Friedensgespräche
Das Büro von Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) reagierte - wie so oft in der Vergangenheit - zunächst sehr zugeknöpft. Eine Sprecherin wollte auf Anfrage noch nicht einmal sagen, ob der Friedensbrief an die Bundesregierung abgeschickt wurde. Den Brief auf die Reise zu schicken, war auch eine Idee Badrows. Er hatte sich für Friedensgespräche quasi neben seinem Büro stark gemacht. Am Nachmittag antwortete die Stadt dann, der Brief sei "bis dato nicht abgeschickt worden". Wenig später erfolgte die Korrektur. Der Brief sei Anfang November abgeschickt worden - da lief das Prüfverfahren des Ministeriums bereits. Badrow erklärte mit Blick auf die Mahnung des Innenministeriums, die Stadt werde "prüfen, welche Schlussfolgerungen daraus für die Zukunft zu ziehen sind". Offen ist unterdessen, ob die Bundesregierung geantwortet hat.