Corona-Ausbruch in Pflegeheim: Viele ungeimpfte Pflegekräfte
Das Seniorenzentrum "Am Tempelberg" in Bad Doberan kämpft mit den Folgen eines Corona-Ausbruchs. Mittlerweile sind dort nach eigenen Angaben 98 Corona-Fälle registriert worden - sechs Bewohner starben an den Folgen der Krankheit. Erste Zahlen des Sozialministeriums fielen noch deutlich niedriger aus. In dem Heim sind viele Pflegekräfte nicht geimpft.
Sechs neue Corona-Tote haben die Behörden am Montag für Mecklenburg-Vorpommern gemeldet. So hoch waren die Zahlen seit einem Vierteljahr nicht - am 22. Juli hatte das Landesamt für Gesundheit und Soziales neun Todesfälle mit Zusammenhang mit dem Virus festgestellt. Besonders gefährdet sind weiter Alten- und Pflegeeinrichtungen. Sechs "Ausbruchsgeschehen" gibt es aktuell in Mecklenburg-Vorpommern - die Lage im Heim der Volkssolidarität in Bad Doberan ist - so beschreibt es die Leitung - "dramatisch".
66 Bewohner infiziert
Dort sind 32 Beschäftigte infiziert - davon haben immerhin 18 laut Sozialministerium keinen Impfschutz. Wie das Virus in die Einrichtung kam, ist unklar. 66 Bewohner sind infiziert - etwa drei Viertel der 83 Menschen, die dort betreut werden. Die meisten davon waren geimpft, deshalb gibt es milde Verläufe. Aber: acht mussten ins Krankenhaus und sechs von ihnen sind gestorben. Die Geschäftsführerin der Einrichtung, Jolanta Armbrecht, spricht von einer "dramatischen" Situation, seit dem Ausbruch der Pandemie sei das Heim nicht betroffen gewesen.
Zahlreiche Mitarbeiter in Quarantäne
Viele Mitarbeiter seien in Quarantäne - und Aushilfen von woanders seien nur schwer zu bekommen. Armbrecht sagte, es sei weiter die Entscheidung jedes und jeder einzelnen, sich impfen zu lassen. Man habe immer wieder auf die Vorteile von Impfungen hingewiesen, aber: am Ende gebe es keine Pflicht. Beim aktuellen Pflegenotstand könne man außerdem nicht einfach auf Mitarbeiter verzichten. Die Lage in dem Heim sei nach dem Ausbruch teilweise dramatisch gewesen, sagte Armbrecht.
Landkreis mit Impf-Appell an Pflegekräfte
Nach langem Zögern reagierte am Dienstagnachmittag auch der Landkreis Rostock. Vize-Landrat Stephan Meyer (CDU) meinte im Gespräch mit dem NDR, das Heim habe keine Fehler gemacht, die Testpflichten seien eingehalten worden. Auch die Zusammenarbeit sei gut. Möglicherweise habe ein Oktoberfest des Heimes zur Verbreitung des Virus beigetragen. Dort soll nach Meyers Angaben auch ein Bewohner teilgenommen haben, bei dem später das Virus bei einem Krankenhausaufenthalt nachgewiesen wurde. Meyer appellierte an die Pflegekräfte, sich impfen zu lassen.
Drese kritisiert niedrige Impfquote bei Pflegepersonal
Der Landkreis Rostock hat bisher darauf verzichtet, auf den Ausbruch in Bad Doberan hinzuweisen. In Schwerin zeigte sich Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) besorgt. Die Situation zeige, wie wichtig der Impfschutz sei. Auch wenn er eine Erkrankung nicht immer verhindern könne, sorge er meist für milde Verläufe. Deshalb seien jetzt die Auffrischungsimpfungen so wichtig, um den Corona-Schutz zu verlängern. "Völlig inakzeptabel" nannte Drese die teils niedrige Impfquote beim Pflegepersonal - in einigen Heimen sei weniger als die Hälfte geimpft. Nur eine Impfung könne vorerkrankte und immungeschwächte Bewohner und Bewohnerinnen schützen.
Überlegungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die nationale Epidemie-Lage für beendet zu erklären, nannte sie "verantwortungslos". Drese sagte: "Corona ist nicht weg, die Zahlen werden im Herbst und vor dem Winter steigen." Angesichts steigender Fälle in den Heimen fordert die Linksfraktion eine bessere Kontrolle. Einrichtungen müssten die Hygieneregeln unbedingt einhalten. Das Land müsse ihnen helfen, die Impfquote beim Personal zu erhöhen. Von den 1.220 Corona-Toten in Mecklenburg-Vorpommern sind 445 Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir geschrieben, dass das Coronavirus offenbar von einer ungeimpften Pflegekraft ins Heim getragen wurde. Tatsächlich ist unklar, auf welchem Weg das Virus in das Seniorenzentrum kam.
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