Amtshilfe aus Bayern: Misstraut Schwesig den eigenen Beamten?
Viele fühlen sich an die Zeiten direkt nach der Wende erinnert: Da bekamen Beamte aus Westdeutschland "Buschzulage", wenn sie im Osten aushalfen. Mehr als 30 Jahre danach gibt es eine Art Neuauflage. Bayern schickt Fachleute nach Mecklenburg-Vorpommern, um bei den komplizierten Genehmigungen für die beiden Flüssiggas-Terminals in Lubmin zu helfen. Die Opposition findet das unmöglich - der Deutsche Beamtenbund zunächst auch.
Die Spitzenvertretung der Landesdiener in Mecklenburg-Vorpommern fühlte sich von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) vor den Kopf gestoßen. Amtshilfe über die Ländergrenzen hinweg wie bei Polizeieinsätzen sei gut und wichtig, meinte Verbandschef Dietmar Knecht. Aber wenn jetzt bayrische Juristen nach Mecklenburg-Vorpommern kämen, um komplexe Genehmigungsverfahren voranzubringen, dann demotiviere das das eigene Personal, wetterte der DBB-Landesvorsitzende.
Bayern schickt Beamte für Prüfverfahren
Schwesig hatte am Dienstag beim Treffen mit ihrem Kollegen Markus Söder (CSU) in Lubmin vereinbart, dass Bayern eigene Beamte entsendet, um die Prüfverfahren für die wichtigen LNG-Terminals in Vorpommern voranzubringen. Zum 1. Dezember schon soll das Terminal in Betrieb gehen, auch Bayern setzt auf das Flüssiggas von der Ostsee. Der Beamtenbund forderte, die Landesregierung müsse für ausreichend eigene Fachleute sorgen, um staatliche Aufgaben zu erledigen. Nach seinem Wissen, so Knecht, habe Bayern bisher keine Erfahrung mit LNG-Terminals. "Warum traut man also den eigenen Mitarbeitern nicht zu, diese erfolgreich zu begleiten?", fragte Knecht forsch.
Knecht revidiert Aussagen nach Gesprächen mit Regierung
Wenig später rückte der oberste Beamtenvertreter allerdings von seinen Aussagen ab - nach Gesprächen mit Schwesig und Staatskanzleichef Patrick Dahlemann (SPD). Knecht gab dann per erneuter Pressemitteilung kleinlaut zu Protokoll, es sei dargelegt worden, "dass die Kooperation zwischen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern zum Wohle der Genehmigungsbeschleunigung auch eine Entlastung für unsere Landesbeamten darstellt". Wichtig sei aber, dass "unsere" Landesbediensteten die Federführung haben und "sich durch die Begleitung aus Bayern nicht bevormundet fühlen".
Grüne: "Ein Offenbarungseid"
Fest zu ihrer Kritik steht dagegen die Grünen-Fraktion im Landtag, sie spricht von einem "Offenbarungseid". Schwesig und ihre Landesregierung hätten jahrelang neues Personal verhindert. "Jetzt sollen es plötzlich bayrische Beamte richten", kritisiert der Abgeordnete Hannes Damm. Und die würden dann offenbar nur Verfahren für fossiles Gas voranbringen. "Die unzähligen brachliegenden Anträge für Windkraftanlagen und Freiflächen-Solar in MV sollen scheinbar weiterhin unbearbeitet bleiben", monierte Damm.
An die Adresse von Söder erklärten die Grünen, es wäre besser, wenn Bayern sich für bessere Netze engagierte und den Weg freimachen würde für die Nord-Süd-Trasse. Außerdem sollte Söder "seine kurzsichtige Verhinderungspolitik gegen die Windenergie in Bayern einstellen". Die angekündigten Fachleute für Mecklenburg-Vorpommern wären an dieser Stelle deutlich sinnvoller eingesetzt.
Bisher kein Konzept zur Genehmigung des Flüssiggases per Schiff
Die FDP sieht in dem Treffen Schwesig-Söder am Dienstag in Lubmin eine reine PR-Show ohne Substanz, die Sache sei "eine große Peinlichkeit" gewesen - mit einem überheblichen Söder und einer Ministerpräsidentin, die das hinnehme. Auch CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow sieht die Beamten-Verschickung aus Bayern kritisch. Nach wie vor stehe in den Sternen, ob ab Dezember wirklich Gas per Schiff in Lubmin ankommt. "Frau Schwesig hat's versprochen, bislang liegt aber noch nicht einmal ein vollständiges Konzept zur Genehmigung vor", so Liskow. Jetzt erfahre die Öffentlichkeit, "dass unsere Landesbehörden dabei auch noch auf Hilfe aus Bayern angewiesen zu sein scheinen". Bisher haben die zuständigen Ministerien für Wirtschaft und Umwelt in Stellungnahmen stets durchblicken lassen, dass die Behörden wie das Bergamt in Stralsund oder das dortige Staatliche Umweltamt personell ausreichend ausgestattet sind. An dieser Darstellung gibt es mit der Amtshilfe aus Bayern gehörige Zweifel.
Dahlemann: Dankbar für Bayerns Unterstützungsangebot
Staatskanzleichef Dahlemann erklärte auf Anfrage, die nötigen rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahren für die Terminals "sollen gründlich, aber auch möglichst zügig durchgeführt werden". Deshalb wolle die Landesregierung die für Genehmigungsverfahren zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten. "Für das zusätzliche Unterstützungsangebot aus Bayern sind wir sehr dankbar", so Dahlemann. Über die Details der Zusammenarbeit würden sich beide Seiten kurzfristig verständigen.