Matthias Warnig, Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, kommt zu einem Gespräch mit der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Schwesig, in die Staatskanzlei in Schwerin. © dpa-Bildfunk Foto: Jens Büttner

Akte Nord Stream 2: FDP fordert nachrichtendienstliche Einordnung

Stand: 19.05.2022 16:32 Uhr

Große Teile der Opposition im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zeigen sich aktuell besorgt wegen der ehemaligen Russland-Kontakte der Landesregierung. Doch Beobachter meinen: Das war alles längst bekannt. In Deutschland habe sich aber über Jahre niemand daran gestört.

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von Anna-Lou Beckmann, NDR 1 Radio MV

In den vergangenen Jahrzehnten setzten sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern beim Thema Russland auf eine Dialoghaltung. So sagte Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) beispielsweise bei einer aktuellen Stunde zu Russland im Landtag 2018: "Gerade wenn die Zeiten schwierig sind, wollen wir die Gesprächsfäden, die wir haben nicht abreißen lassen, sondern diesen Dialog pflegen." Zu dieser Haltung des Austauschs gehörten die Russlandtage ab 2014, die finanzielle Unterstützung des Vereins von Ex- Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) "Deutsch-Russische-Partnerschaft e.V." durch das Land oder auch die Einrichtung eines eigenen Russland-Beauftragten des Landes in Moskau im Jahr 2016.

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In der aktuellen Debatte steht vor allem eine Personalie im Fokus der Kritik: Matthias Warnig, der Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG. Warnig wird häufig als "deutscher Oligarch" bezeichnet, gilt als enger Vertrauter von Russlands Präsidenten Wladimir Putin und war der einzige deutsche Staatsbürger auf der Sanktionsliste der USA. Was nun gerade in der Opposition des Landtages bitter aufstößt: Matthias Warnig ist Ex-Stasi-Offizier und hat sich mehrfach mit Vertretern der Landesregierung getroffen, um über Nord Stream 2 zu sprechen.

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Gerhard Schröder sitzt bei einer Veranstaltung am 7. Juni 2019 als Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG neben Russlands stellvertretendem Industrieminister Sergei Tsyb. © picture alliance/dpa/TASS Foto: Vladimir Smirnov

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FDP-Chef wünscht sich nachrichtendienstliche Einordnung

René Domke sagte vor diesem Hintergrund in dem neuen NDR MV Podcast "Akte Nord Stream 2 - Gas, Geld, Geheimnisse": "Mir fehlt einfach die nachrichtendienstliche Einordnung." Er erwarte Klarheit über den Personenkreis, der immer wieder in Verbindung mit dem Pipelinebau, der Klimastiftung, aber auch den Russlandtagen und in Verbindung mit Vereinen im Land auftauche. Der Grüne Abgeordnete Hannes Damm spricht im NDR MV Podcast von "Netzwerken" und "düsteren Gestalten", die in die SPD reinreichen würden - mit "Verbindungen zu Geheimdiensten". Diese "Verstrickungen", so Damm, müsse der neue Untersuchungsausschuss genau beleuchten. Auch der CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow stört sich an der Personalie Warnig. Es sei bedenklich, so Liskow, dass der Nord Stream 2 Geschäftsführer und ehemalige Stasi-Offizier in der Staatskanzlei offenbar ein- und ausgegangen sei. Offen bleibt dabei die Frage, wieso sich die CDU, zumindest öffentlich, in ihrer Zeit der Regierungsverantwortung, an dieser Personalie nicht gestört hat.

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Die Landtagsdebatte zur Einsetzung des entsprechenden parlamentarischen Untersuchungsausschusses am Mittwoch zeigte, dass die Regierungsfraktionen den Wirbel um Kontakte wie diesen nicht nachvollziehen können. Schließlich habe der Landtag die Landesregierung 2021 mit der Stiftungsgründung beauftragt. "Wie bitte schön, wollen sie den zweiten, den gewerblichen Stiftungszweck, erfüllen, wenn Sie nicht mit dem Unternehmenskonsortium zusammen beraten, wie der Zweck umgesetzt werden kann?", sagte der SPD-Mann Thomas Krüger im Plenum. Auch Michael Noetzel, Abgeordneter der Linken, konnte diesen Vorwurf der Zusammenarbeit mit Gazprom-Vertretern nicht nachvollziehen. Noetzel warf im Landtag die Frage auf "Mit wem denn sonst?" Der damals zuständige Energie- und jetzt Innenminister Christian Pegel (SPD) erklärt im NDR Podcast, der Kontakt zu Nord Stream 2 Vertretern sei üblich für solche Großprojekte und im Interesse des Landes gewesen.

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Dänischer Journalist: "Sie wollten es nicht sehen"

Ganz so einfach sei das nicht, meint der dänische Journalist Jens Høvsgaard. Er hat über die Kontakte und Verbindungen zwischen Nord Stream Managern und SPD-Politikern bereits vor Jahren recherchiert und ein Buch darüber geschrieben. Im NDR MV Podcast erklärt er, er habe sich bereits damals gefragt, wie es zu diesen Kontakten kommen konnte.

"Warum haben Sie in Deutschland nicht darauf geachtet? Warum haben Sie nicht darauf geachtet, wie und mit welchen Methoden sie arbeiten? Und warum wollten Sie mit einem Unternehmen Geschäfte machen, dessen Vorstand aus einem ehemaligen Stasi-Agenten und ehemaligen KGB-Agenten besteht?" so Høvsgaard im Interview.

Er liefert dazu seine eigene These: "Sie wollten es nicht sehen und wir wollten es auch nicht sehen. Wir hier in Dänemark wussten auch Bescheid über Herrn Putin und seine Vergangenheit und über Herrn Warnig und seine Vergangenheit. Aber wir konnten Geschäfte mit ihnen machen." Und, so Høvsgaard weiter, russisches Geld sei im Westen sehr beliebt gewesen, zumindest bis 2014.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 20.05.2022 | 05:00 Uhr

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