Akte Nord Stream 2: FDP fordert Aufarbeitung von Russland-Kontakten
Ein Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern soll aufklären, wie stark der Einfluss des russischen Staatskonzerns Gazprom mit seiner Tochterfirma Nord Stream 2 auf die Landesregierung war. Gleichzeitig wird der Ruf nach Transparenz auf Bundesebene lauter.
Der Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern ist beschlossene Sache. Spätestens nach der parlamentarischen Sommerpause soll das Gremium offene Fragen zur umstrittenen Klimaschutzstiftung behandeln und sich mit den Verbindungen nach Russland befassen. Doch damit nicht genug: Auch in Berlin wird sich die Frage nach der russischen Einflussnahme gestellt. Der Generalsekretär der Bundes-FDP, Bijan Djir-Sarai, im neuen NDR MV Podcast "Akte Nord Stream 2 - Gas, Geld, Geheimnisse": "Die Russlandpolitik der letzten Jahre in Deutschland, insgesamt, muss aufgeklärt werden." Bei der Frage, ob dieser Punkt zum Streitpunkt mit der SPD innerhalb der Ampelkoalition werden könnte, winkt Djir-Sarai ab: "Mir geht es nicht darum, bestimmte Personen oder eine Partei vorzuführen, sondern entscheidend ist: Welche Lehren ziehen wir daraus für die Zukunft?"
Generalsekretär der Bundes-FDP fordert Enquete-Kommission
Der Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern sei ein geeignetes Mittel für die Vorgänge im Nordosten. Für die Bundesebene und die Betrachtung in Berlin wünscht sich Djir-Sarai aber ein anderes Gremium: "An der Stelle würde ich eine Enquete-Kommission bevorzugt sehen und ich glaube, eine solche Kommission ist auch notwendig, denn wir wollen ja diese Dinge verstehen. Wir wollen außen- und sicherheitspolitisch wissen, wie Russland agiert hat, (...) wie Russland lobbyiert hat für eigene (...) wirtschaftliche Interessen." Mit der Forderung nach Aufklärung auf Bundesebene ist er in seiner Partei nicht allein.
Michael Kruse, FDP-Bundestagsabgeordneter und Landeschef der Liberalen in Hamburg, ist es wichtig zu betonen, dass zu Zeiten der letzten beiden Großen Koalitionen der Bund eine entscheidende Rolle bei den Entscheidungen rund um Nord Stream 2 gespielt habe. "Deswegen ist es zunächst erstmal wichtig, dass der Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern ein Bild davon erhält, welche bundespolitischen Entscheidungen wann getroffen worden sind", so Kruse. Dafür habe der Ausschuss in Schwerin die entsprechenden Kompetenzen. Doch sollte es den Parlamentariern im Schweriner Schloss nicht gelingen, die Fragen der bundespolitischen Verantwortung zu beantworten, ist es für Kruse durchaus möglich, über einen Untersuchungsausschuss in Berlin nachzudenken.
Grünen-Politiker Beck hält Untersuchungsausschuss in Berlin für notwendig
Der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck lässt im neuen NDR MV Podcast "Akte Nord Stream 2 - Gas, Geld, Geheimnisse" keinen Zweifel daran, dass es ein solches Gremium in Berlin dringend benötige: "Ich glaube, wir brauchen hier auch einen Untersuchungsausschuss, um uns überhaupt klarzuwerden, wie weit reichte eigentlich der russische Einfluss auf unsere Politik, auf unsere Wirtschaft, auf die Frage, wie wir eigentlich unsere eigenen Interessen definieren und dann wahrnehmen." Laut Beck geht es bundespolitisch nicht darum, die Kontakte zu Russland "für die Geschichtsbücher aufzuarbeiten, sondern um etwas zu lernen". Beck ist sich sicher: "Russland ist nicht der einzige Akteur, der versucht, Einfluss zu nehmen." Als Beispiele für seine These nennt Beck die Türkei, Aserbaidschan, den Iran oder auch China.
Rostocker Politikwissenschaftler: "Wir werden noch Probleme mit China haben"
Mit letzterem Standpunkt ist Beck nicht allein. Auch Wolfgang Muno, Politikwissenschaftler an der Universität Rostock, sieht Anlass für weitere Aufarbeitung. Er ist fest davon überzeugt, dass auch die Wirtschaftsbeziehung zwischen Deutschland und China unter die Lupe genommen werden müsse. "Wir werden noch Probleme mit China haben, wo es ja keine unabhängigen Unternehmen gibt. Alles, was in China wirtschaftlich tätig ist, das untersteht der Kontrolle des Staates. Das heißt jede wirtschaftliche Tätigkeit ist automatisch mit einem autoritären Regime verbunden." Laut Muno wurde das über Jahre hinweg nicht beachtet. Deswegen sei der Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern für ihn nur ein Anfang für die gesamte Aufarbeitung der Kontakte Deutschlands: "Das sind Themen, die wir jetzt tatsächlich aufarbeiten sollten. Nord Stream 2 und Gazprom sind eine gute Gelegenheit, um das anzugehen."
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