Luft nach oben? Homeoffice-Quote in Behörden bei 43 Prozent
Etwa 43 Prozent der Behörden-Mitarbeiter im Norden arbeiten während der Corona-Pandemie teilweise im Homeoffice. Das zeigt eine NDR Abfrage. Eine gute Quote - es ginge noch mehr, sagen Fachleute.
Formulare ausfüllen, Akten bearbeiten, Datenbanken verwalten - viele Arbeitsschritte in der Verwaltung werden längst am Computer getätigt. Eine Chance in der Corona-Pandemie: Denn diese Aufgaben könnten Behördenmitarbeiter auch von Zuhause aus erledigen. Etwa 43 Prozent von ihnen machen das bereits - zumindest teilweise. Das ist das Ergebnis einer Abfrage des NDR unter norddeutschen Behörden. Mehr als zwei Drittel der Kreis- und Stadt-Verwaltungen haben sich daran beteiligt.
Verwaltungswissenschaftlerin: "Positiv überrascht"
Für die Hamburger Verwaltungswissenschaftlerin Tanja Klenk ist das eine gute Quote. "Ich war positiv überrascht und hätte die Zahl vermutlich niedriger eingeschätzt", sagt sie. Studien aus dem vergangenen Jahr hätten geringe Zahlen festgestellt. Eine Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) habe ergeben, dass nur ungefähr 22 Prozent der Befragten im öffentlichen Sektor zumindest teilweise von zu Hause arbeiteten - also etwa nur halb so viele, wie dies laut NDR Abfrage jetzt tun. Allerdings, so die Wissenschaftlerin: "Die DGB-Studie wurde schon in den ersten fünf Monaten des vergangenen Jahres erhoben. Und es wurden auch nur Personen befragt, die schon vor Corona im Homeoffice gearbeitet haben."
Hürden: Kundenkontakt, Datenschutz und mangelnde Digitalisierung
Dass Behörden ihre Mitarbeiter in der Corona-Pandemie nicht ins Homeoffice schicken, hat unterschiedliche Gründe. Zum einen lassen sich manche Tätigkeiten nicht am heimischen Schreibtisch erledigen. So betont die Stadt Schwerin, dass zwar seit Beginn der Pandemie wo es geht Homeoffice ermöglicht wird. Allerdings: "In einigen Bereichen wie beispielsweise bei Feuerwehr und Rettungsdienst sowie beim Kommunalen Ordnungsdienst ist eine physische Anwesenheit der Bediensteten erforderlich", so die Stadtverwaltung.
Zum anderen stellt der Datenschutz eine Hürde beim Wechsel ins Homeoffice dar - wenn auch nur indirekt. Denn um zu gewährleisten, dass die Arbeit Datenschutz-konform abläuft, braucht es entsprechende Dienstgeräte. Dabei hapert es aber mitunter noch - beispielsweise im Kreis Herzogtum Lauenburg in Schleswig-Holstein. "Die Beschaffung neuer Hardware gestaltete sich zuletzt schwierig, da die Nachfrage am Markt derzeit sehr groß ist. Die Situation dürfte sich auf Sicht auch nicht schnell entspannen", heißt es von der dortige Kreisbehörde.
Anteil von Homeoffice in Bundesländern unterschiedlich hoch
An der Abfrage haben etwa zwei Drittel aller Verwaltungen in Norddeutschland teilgenommen. Dabei wird deutlich, dass die Behörden in den einzelnen Länder unterschiedlich aufgestellt sind.
In Niedersachsen liegt die Homeoffice-Quote bei den von uns befragten Kreisverwaltungen im regionalen Vergleich mit etwa 40 Prozent am niedrigsten. In Schleswig-Holstein liegt sie bei 42 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern bei 52 Prozent. In Hamburg arbeiten sogar fast 60 Prozent der Behörden-Mitarbeiter zumindest teilweise im Homeoffice. Allerdings stammen die Daten für die Hansestadt bereits aus dem Dezember - ob in der Zwischenzeit noch weitere Mitarbeiter teilweise oder vollständig ins Homeoffice gewechselt sind, konnten die Hamburger Bezirke nicht angeben. Die Datenlage ist, wie auch in anderen Stadt-, und Kreisverwaltungen in Norddeutschland, eher schwammig.
Mobiles Arbeiten für kleinere Verwaltungen oft schwieriger
Beim Thema Digitalisierung gibt es häufig ein Gefälle zwischen Verwaltungen in der Stadt und auf dem Land. Diese Unterschiede zeigt auch die NDR Abfrage: So weist der Hamburger Stadtbezirk Wandsbek mit einer Homeoffice-Quote von 90 Prozent den höchsten Wert aller befragten Verwaltungen im Norden auf. Der ländlich gelegene Kreis Leer im Süden Ostfrieslands kommt dagegen nur auf eine Quote von 15 Prozent.
Verwaltungsexpertin Klenk erklärt diesen Effekt mit der Anzahl der Mitarbeiter in einer Behörde: "Der Anteil der Tätigkeiten, die tatsächlich im Homeoffice erledigt werden können, ist in einer kleineren Kreisverwaltung mit einer niedrigen Zahl an Mitarbeitern geringer. Denn auch der Spezialisierungsgrad der Beschäftigten ist in einem kleinen Kreis - anders als im Vergleich zu Hannover oder Hamburg - geringer."
Bereits vor Corona hätten sich die einzelnen Verwaltungen in ihrem Grad an Digitalisierung unterschieden - was unter anderem etwas mit eine Stadt-Land-Gefälle bei der Internet-Geschwindigkeit zu tun habe, so die Wissenschaftlerin. "Hamburg macht sich auf zur Smart City. Das kann wahrscheinlich der Kreis Wittmund von selbst noch nicht so stemmen", sagt Klenk.
Zahl der Mitarbeitenden im Homeoffice könnte sich noch erhöhen
Die in der NDR Abfrage ermittelte Zahl der norddeutschen Verwaltungsmitarbeiter, die teilweise im Homeoffice arbeiten, könnte sich noch weiter erhöhen. Denn Arbeitgeber - nicht nur Unternehmen, sondern auch staatliche Behörden - müssen seit dem 27. Januar Homeoffice ermöglichen. Nur wenn betriebliche Belange dagegensprechen, können Arbeitgeber dies ablehnen. So sieht es die neue Corona-Arbeitsschutz-Verordnung vor. Und die Verwaltungen in Norddeutschland, das zeigt die Abfrage, setzen dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten um.
