Stand: 23.04.2013 22:05 Uhr
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Elbphilharmonie soll 789 Millionen Euro kosten
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Hamburgs Bürgermeister Scholz zur neuen Kalkulation: "Nach bestem Wissen und Gewissen fehlt da nichts."
Der Hamburger Senat hat am Dienstag der Neuordnung beim Weiterbau der Elbphilharmonie zugestimmt und auch die erwarteten Gesamtkosten veröffentlicht. Laut Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wird das Projekt die Steuerzahler insgesamt 789 Millionen Euro kosten. Darin enthalten seien sämtliche Nebenkosten, sagte Scholz. "Wir haben alles aufgeschrieben, was uns aufgefallen ist. Nach bestem Wissen und Gewissen fehlt da nichts." Die Elbphilharmonie kommt die Steuerzahler damit mehr als zehnmal so teuer wie ursprünglich geplant, als noch 77 Millionen Euro veranschlagt wurden.
Die neu errechneten Gesamtkosten für die öffentliche Hand in Höhe von 789 Millionen Euro beinhalten nach Angaben der Kulturbehörde die ursprünglich geplanten Baukosten (323,3 Millionen Euro), die Mehrkosten durch die Neuordnung (256,6 Mio.), die Finanzierungs- und Baukosten für den kommerziellen Bereich (142,3 Mio.) und die Kosten für die Vorplanungen und Bauverzögerungen (66,8 Mio.).
Mit Spenden sogar 866 Millionen Euro
In den vergangenen Wochen hatte es immer wieder Spekulationen über die Elbphilharmonie-Kosten gegeben. Die Oppositionsparteien hatten bereits zuvor Gesamtkosten von mehr als 800 Millionen Euro genannt. NDR 90,3 zufolge ist in der Senatsdrucksache für das Projekt nun auch von einer Summe von rund 866 Millionen Euro die Rede. Die Differenz von 77 Millionen Euro wird dem Papier zufolge aus Spenden sowie Zusatzeinnahmen finanziert.
Scholz: "Die Elbphilharmonie wird eine tolle Sache"
An den immensen Mehrkosten sei die mangelhafte Planung zu Beginn des Projektes schuld, sagte Scholz. Dennoch glaube er an die Elbphilharmonie. Scholz: "Die Elbphilharmonie wird eine tolle Sache für Hamburg. Alle Hamburgerinnen und Hamburger werden davon sehr profitieren, davon bin ich überzeugt. Und sie werden sie als ihre Elbphilharmonie annehmen, auf die sie stolz sind."
Bürgerschaft muss noch zustimmen
Der Senat will den Gesetzentwurf zum Weiterbau der Elbphilharmonie nun in die Bürgerschaft einbringen. Er beinhaltet den Vertrag der Stadt mit Hochtief, wonach der Essener Baukonzern künftig sämtliche Risiken übernimmt und das Konzerthaus zu einem pauschalen Festpreis von 575 Millionen Euro zu Ende baut. Nicht berücksichtigt waren bei dieser Summe jedoch die Finanzierungs- und Baukosten für den kommerziellen Teil und die Vorplanungskosten.
Senat: Alle weiteren Mehrkosten bei Hochtief
Noch teurer werde es nun wohl nicht mehr, sagte Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos). Sie betonte, alle weiteren Mehrkosten lägen durch den Vertrag nun bei Hochtief. Und zwar auch solche, die etwa durch Fehler in der Vergangenheit entstehen könnten. "Selbst unsere Fehler, die wir gemacht haben, würden zu einem Gewährleistungsanspruch von uns gegen Hochtief führen, wenn sie nicht beseitigt würden. Das ist der Vertrag, den finden sie kein zweites Mal", sagte Scholz.
Scholz appelliert an Bürgerschaft
Das Gesetz zum Weiterbau des Prestige-Objekts muss spätestens bis zum 30. Juni verabschiedet sein, da der Vertrag sonst hinfällig würde. Wegen der mit Hochtief vereinbarten Frist appellierte Scholz an die Bürgerschaft, den nun vom Senat verabschiedeten Gesetzentwurf im Parlament ebenfalls abzusegnen. Für die Kritik der Opposition, sie habe viel zu wenig Zeit zur Prüfung der Akten, zeigte der Bürgermeister Verständnis. Allerdings verwies er auf die Fristen. "Es sind ja Zwänge, in denen wir uns gemeinsam befinden."
Opposition will mehr Zeit und spricht von "Zumutung"
Während die SPD-Fraktion von einem "wichtigen Schritt zur vollen Kostentransparenz" sprach, warnte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich vor einer Zustimmung. "Das Parlament muss seine Kontrollpflichten angesichts so weitreichender und kostspieliger Entscheidungen wahrnehmen und darf die Pläne des Bürgermeisters nicht einfach abnicken." Ähnlich äußerte sich die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding. Das Parlament solle nun quasi im Schweinsgalopp bis Mitte Juni prüfen, ob die Entscheidung des Senats Aussicht auf Bestand hat. "Das ist angesichts der schwierigen Vorgeschichte wie der fast 800 Millionen Gesamtkosten eine Zumutung gegenüber den Abgeordneten." Die Linken nannten es eine Frechheit, dass der Senat die Unterlagen erst so spät vorlegt. "Wir werden deshalb alle Fraktionen in der Bürgerschaft auffordern, einen neutralen Gutachter zu beauftragen und das Senatspapier zu prüfen", betonte deren Haushaltsexperte Norbert Hackbusch. Wie die Linken bezweifeln auch die Grünen, dass mit den 789 Millionen Euro nun tatsächlich das Ende der Fahnenstange erreicht ist.
Die Kulturbehörde hat die Verträge zur Elbphilharmonie im Internet veröffentlicht. In den Verträgen können die Hamburger nachlesen, was ihre Stadt mit dem Baukonzern Hochtief und weiteren Vertragspartnern ausgehandelt hat. Seit eineinhalb Jahren ruhen auf der Baustelle die Arbeiten. Durch den neuen Vertrag mit Hochtief soll spätestens ab Juli weitergebaut werden. Mitte 2016 soll das Konzerthaus schlüsselfertig übergeben werden. Die Eröffnung ist für 2017 geplant.
Wie die Elbphilharmonie entstanden ist
Viele haben zwischenzeitlich nicht mehr daran geglaubt: Aber die Elbphilharmonie ist tatsächlich fertig. Am 31 Oktober 2016 übergibt der Baukonzern Hochtief offiziell die Schlüssel an die Stadt Hamburg. Und das wird mit einer besonderen Aktion gefeiert: Auf der Fassade ist in riesigen Buchstaben das Wort "fertig" zu lesen.
Der Bau der Elbphilharmonie ist eine Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen. Diese Bilder-Chronik erzählt von hochfliegenden Pläne, Bauverzögerungen und steigenden Kosten.
Im Juni 2003 präsentieren die Schweizer Architekten Jacques Herzog (links) und Pierre de Meuron einen ersten Entwurf für die Elbphilharmonie. Den Auftrag dazu hatten sie von Alexander Gérard bekommen. Der Projektentwickler war 2001 mit der Idee an den Senat herangetreten, auf dem Gelände des ausgedienten Kaispeicher A ein Konzerthaus von Weltrang zu errichten.
Nachdem Ideengeber Gérard im Jahr 2004 aus dem Projekt aussteigt, legen Herzog und de Meuron 2006 einen überarbeiteten Entwurf vor: eine kühne Konstruktion aus Glas und Stahl auf dem Kaispeicher A. Dieser war von 1963 bis 1966 nach den Plänen des Hamburger Architekten Werner Kallmorgen erbaut worden und diente als Lagerhalle für allerlei Waren wie Kakao und Kaffee.
Auch ein Mammutprojekt wie die Elbphilharmonie fängt mit einem kleinen Schritt an. Am 2. April 2007 steht die Grundsteinlegung an - mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Ole von Beust (CDU, links), Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos), Architekt Pierre de Meuron (rechts) und ReGe-Geschäftsführer Hartmut Wegener.
Mit dem Kran werden im August 2007 die Deckenplatten des Kaispeichers abgenommen. Danach beginnt die intensive Phase der Entkernung mit fünf Baggern. Anschließend gibt es Stabilisierungsmaßnahmen wie die Versenkung von 650 zusätzlichen Stützpfählen im Elbschlick.
Danach werden die Sohle betoniert und die Fundamente gegossen. Im Oktober 2008 ist von dem alten Kaispeicher nur noch die Außenhaut zu sehen. In seinem Inneren soll später unter anderem das Parkhaus untergebracht werden. Links stehen die blauen Container auf Stelzen im Wasser, in denen die Bauarbeiter und Planer ihr Quartier bezogen haben.
Die Baustelle der Elbphilharmonie mit einem Teil der Hafencity aus der Luft: Rechts oben sind die Neubauten am Kaiserkai zu sehen, links oben die rötlichen Gebäude der historischen Speicherstadt.
Wie schnell daraufhin der Bau in die Höhe wächst, zeigt ein Vergleich. Hier ein Bild aus dem Juni 2009, ...
... und so sieht das Gebäude fünf Monate später aus. Zunächst bestehen die Stockwerke nur aus stützenden Pfeilern und Betondecken, ...
... bis Mitte Dezember 2009 das erste Fenster einschwebt. Die einzelnen Fassaden-Elemente sind bis zu fünf Meter hoch. Die rund 1.100 Fassaden-Elemente müssen starkem Sturm und Regen standhalten. Sie sind eine Sonderanfertigung.
Bei Rundflügen über der Hansestadt - wie diesem im April 2010 - zählt die unfertige Elbphilharmonie zu den Top-Attraktionen.
Mai 2010: Nach dem ursprünglichen Zeitplan sollten jetzt die ersten Proben im Großen Konzertsaal stattfinden. Doch der Saal befindet sich noch mitten im Rohbau. Vom Dach ist noch nichts zu sehen.
Ende Mai 2010 sind aber immerhin alle Stockwerke errichtet und Hamburg feiert das Richtfest für die "Elphi". Dabei steht längst fest, dass die geplante Eröffnung im Herbst 2010 um mehrere Jahre nach hinten verschoben werden muss.
Während der Richtkranz auf das Dach gehoben wird, stehen unten Feiernde - aber auch Bürger, die gegen die Kostenexplosion bei dem Projekt protestieren.
Im Juni 2010 scheint die Elbphilharmonie bereits die St. Michaelis-Kirche zu überragen - allerdings wird das Bauwerk sie tatsächlich nie übertrumpfen. Der Turm des Michels ist nämlich stolze 132 Meter hoch, das Konzerthaus an seiner höchsten Stelle "nur" 110 Meter.
Während das Konzerthaus im November 2011 von außen schon ziemlich fertig aussieht, gibt es Probleme mit dem Dach des Großen Konzertsaals.
Die Stadt und Hochtief streiten sich darüber, ob die Absenkung der zeltartigen Dachkonstruktion gefahrlos möglich ist. Sie wiegt allein 2.000 Tonnen und soll ohne Stützen auskommen. Ein weitgehender Baustopp ist die Folge.
Schließlich lenkt Hochtief ein: Als vertrauensbildende Maßnahme im Streit mit der Stadt wird das monumentale Saaldach im November 2012 erfolgreich abgesenkt, das heißt: mit dem Gebäude verbunden. Aber noch sind beide Seiten auf Konfrontationskurs: Die Stadt erwägt, dem Baukonzern zu kündigen.
Dann kommt die Wende: Am 1. März 2013 erläutern Hamburger Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) eine Neuordnung des Projektes: Hochtief soll die Elbphilharmonie unter Übernahme sämtlicher Risiken weiterbauen. Der Baukonzern garantiert die Fertigstellung bis zum 30. Juni 2016. Scholz beziffert die Kosten für die Stadt auf 789 Millionen Euro, "inklusive sämtlicher Nebenkosten". Im Juni 2013 stimmt die Hamburgische Bürgerschaft den neuen Verträgen zu.
Auf der Baustelle geht es nun zügig weiter: Im Januar 2014 setzen Bauarbeiter mithilfe eines Krans das letzte Fenster-Element in die Elbphilharmonie-Fassade in Hamburg ein - damit ist die "gläserne Welle" der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron komplett, das Konzerthaus von außen so gut wie fertig.
Mehr als vier Jahre nach dem Richtfest ist im August 2014 dann auch das Dach der Elbphilharmonie endlich dicht. Nun kann es an den Innenausbau gehen. Und Hochtief zeigt sich optimistisch, auch die kommenden Termine einhalten zu können.
Im Großen Konzertsaal ist im Sommer 2014 noch viel für die Bauarbeiter zu tun. Hier ist die erste Sitzreihe zu sehen, wo sich später einige der besten Plätze befinden werden.
Die Höhe des Großen Konzertsaals (25 Meter) ist damals nur zu erahnen. Noch verstellt ein Arbeitsaufzug die Sicht.
Im Januar 2015 verkündet Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz auf der Baustelle des Großen Konzertsaals den offiziellen Eröffnungstermin: Es soll der 11. Januar 2017 sein. Hochtief will den Bau im Oktober 2016 schlüsselfertig an die Stadt übergeben.
Die Plaza in 37 Meter Höhe soll ein neuer Touristen-Magnet Hamburgs werden. Sie wird nicht nur den Konzertbesuchern offenstehen. Im Sommer 2015 sind schon die geschwungenen Windschotts eingebaut.
So sieht die Elbphilharmonie im Dezember 2015 aus: Die letzten weißen Pailletten auf dem Dach sind angebracht und die letzten Baukräne - seit dem Juli - verschwunden.
Bei einem Pressetermin im Februar 2016 wird die weltweit einzigartige "Weiße Haut" im Großen Konzertsaal präsentiert, die für einen besonders guten Klang sorgen soll. Die Verkleidung hat auch einen stolzen Preis: 15 Millionen Euro.
Schon vor der offiziellen Eröffnung prägt die Elbphilharmonie das Stadtbild - im Hintergrund sind die St. Michaelis-Kirche (links) und der Fernsehturm zu erkennen.
Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 |
NDR 90,3 Aktuell |
23.04.2013 | 17:00 Uhr