Schild vor einem Geschäft mit der Aufschrift "Veranstaltung abgesagt" © picture alliance / CHROMORANGE Foto: Michael Bihlmayer
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AUDIO: Wie sehr leidet die Musikbranche unter den derzeitigen Krisen? (5 Min)

Wie sehr leidet die Musikbranche unter den derzeitigen Krisen?

Stand: 11.10.2022 16:31 Uhr

Energiekrise, Corona, Personalmangel - wie sehr leidet auch die Musikbranche darunter? Ein Gespräch mit Jürgen Grambeck, dem Betreiber des Veranstaltungszentrums Béi Chéz Heinz in Hannover.

Herr Grambeck, wie ist die Stimmung im Bei Chéz Heinz in diesem komischen Herbst 2022?

Jürgen Grambeck: Ja, "komischer Herbst" trifft es: Die Stimmung ist durchwachsen. Wir haben nach wie vor die Nachwehen oder vielleicht auch die Vorwehen von Corona - wer weiß, was im Herbst noch passiert. Zugleich gibt es auch die Energiekrise, die auch bei unseren Gästen ankommt.

In dem Sinne, dass sie nicht so viel Geld haben, um Konzertkarten zu kaufen? Wie es die Auslastung im Moment?

Grambeck: Es geht natürlich darum, dass die Menschen sich die Tickets nicht leisten möchten, weil sie gar nicht wissen, was auf sie zukommt. Das Publikum ist bei uns sehr stark studentisch geprägt, der Geldbeutel ist nicht so üppig gefüllt. Mit der Auslastung ist es ein bisschen schwierig: Wir merken schon, dass es oft gerade so an der Kante der Wirtschaftlichkeit ist - das ist aber kein errechneter Wert. Ich würde sagen, dass wir maximal zwei Drittel von dem erreichen, was wir vor Corona hatten.

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Warum kommen die Leute nicht? Was sind die Hauptgründe, die genannt werden?

Grambeck: Wir haben enorm viele Konzerte nachgeholt und es gab dadurch ein Überangebot, sodass die Leute gesagt haben: "Ich gehe nicht zweimal in der Woche auf ein Konzert." Wir haben teilweise bis zu fünf Konzerte in einer Woche gehabt, während wir vor Corona statistisch nur zwei bis zweieinhalb Konzerte hatten.

Sagen die Menschen auch, dass sie nicht in der Stimmung sind oder dass die Welt sie so runterzieht, dass sie sich das nicht geben können?

Grambeck: Darüber diskutieren wir durchaus mit Gästen. Aber sie gehen zum Konzert, um einfach mal abzuschalten. Wir hören eher, dass es noch eine gewisse Vorsicht beim Ü50-Publikum gibt, die aufgrund von Corona noch ein bisschen Angst haben, in einen sehr gefüllten Raum zu gehen.

Was ich da nicht verstehe, ist, dass niemand eine Maske trägt. Das könnte man auch freiwillig machen, ohne Pflicht. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Grambeck: Es gibt fast keinen Gast, der eine Maske auf hat. Das liegt auch daran: Ich habe zum Beispiel mit einer Band gesprochen, und die haben gesagt: "Wenn es eine Maskenpflicht gibt, dann sagen wir ab - unter solchen Bedingungen wollen wir kein Konzert machen."

Diese Pflicht in Innenräumen droht eventuell wieder. Das würde Sie auch hart treffen, wenn das diesen Herbst oder Winter noch eintreten würde, oder?

Grambeck: Die Künstlerinnen und Künstler sagen von sich aus, dass sie unter solchen Bedingungen kein Interesse daran haben, weil es einfach eine andere Atmosphäre ist, eine andere Kommunikation. Ich kann beide Seiten verstehen.

Was sind Ihre nächsten Schritte? Wie schauen Sie in die Zukunft?

Grambeck: Wir werden für das kommende Jahr weniger Konzerte planen. Vor Corona hatten wir 120 Konzerte im Jahr - wir werden nächstes Jahr eher nur 60 bis 70 planen. Die Branche ist ein Stückchen weit auch selbst schuld, weil die Agenturen nicht abspecken: Es werden weiterhin horrende Forderungen an die Veranstalter*innen gestellt, sodass wir dann gar nicht mehr drauf einsteigen, weil wir uns das nicht leisten können.

Wie verändert das das Gefüge der Bands, die auftreten? Sind die jünger, unbekannter - oder eher nur die Großen?

Grambeck: Béi Chéz Heinz hat ja aufgrund unserer Größe eher kleinere Bands oder Bands, die gerade so vor dem Aufstieg sind. Wir werden dann auf Bands zurückgreifen, bei denen wir unseren Gästen auch einen angenehmeren Eintrittspreis anbieten können. Wir wollen nicht mehr Konzerte für 30 Euro machen, sondern wir wollen versuchen, Konzerte für 15 Euro anzubieten.

Wie ist das mit den Heizkosten, haben Sie Schwierigkeiten, den Laden warm zu kriegen und dann noch die Preise zu halten?

Grambeck: Das ist unser Sechser im Lotto: Wir haben gar keine Heizung, wir brauchen auch keine. Wir sind unter einem Schwimmbad im Keller. Da jeder Besuchende eine Heizstrahlung von 125 Watt hat, heizen die die Räumlichkeiten ausreichend auf. Und wenn wir ausreichend Veranstaltungen haben, trägt sich so die Wärme fort.

Das Gespräch führte Mischa Kreiskott.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 11.10.2022 | 17:30 Uhr

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