Ein Gebäude bei Dämmerung, davor viele Menschen. © Henning Scheffen Foto: Henning Scheffen

Eröffnung: Besucherrekord bei Kestner Gesellschaft in Hannover

Stand: 09.07.2023 10:28 Uhr

Rund 1.000 Gäste kamen zur Eröffnung der neuen Sommerausstellungen in der Kestner Gesellschaft in Hannover. Das Highlight: eine Gruppenschau mit Werken aus mehr als 100 Jahren mit Originalen von El Lissitzky.

von Agnes Bührig

Der wegweisende russische Avantgardist El Lissitzky ist eng mit Hannover verbunden. 100 Jahre nach der ersten Einzelausstellung des Künstlers, die in der Kestner Gesellschaft gezeigt wurde, ehrt ihn diese jetzt mit:"Der neue Mensch, der Ansager, der Konstrukteur. El Lissitzky: Das Selbstbildnis als Kestner Gesellschaft". Zu erleben sind Originale von El Lissitzky, Arbeiten seiner Zeitgenossen und Werke von 16 gegenwärtigen Künstlerinnen und Künstlern.

Schilder sollen stutzig machen

Ein Mann steht vor einem Schild mit der Aufschrift: "An unnecessary series of words". © Agnes Bührig Foto: Agnes Bührig
Der Kurator Alexander Wilmschen will die Besuchenden bereits vor dem Gebäude der Kestner Gesellschaft in Hannover zum Innehalten einladen.

Dazu kommen künstlerische Positionen, auch vor dem Gebäude. Zwischen den verwitterten Grabsteinen des St. Nicolai-Friedhofs auf der anderen Straßenseite stehen zehn grüne Schilder: "An unnecessary series of words" -"eine unnötige Serie von Wörtern", steht auf einem. Die Schilder des britischen Künstler-Duos John Wood und Paul Harrison machen stutzig. Das ist gewollt, sagt Alexander Wilmschen, Kurator der Kestner Gesellschaft. "Wir sind jeden Tag von hunderten Schildern und Informationstafeln umgeben. Ich glaube, das ist auch vielleicht sehr deutsch, dass wir uns regulieren lassen von den Dingen, die uns Ansagen machen im öffentlichen Raum. Und sicherlich ist es ein schöner Moment, mal inne zu halten, um zu sehen wie geht es mir? Wo bin ich? Wie fühle ich mich? Und was passiert eigentlich in meiner Umgebung?" Wilmschen nennt das "ein aktives, bewusstes Wahrnehmen der Umwelt."

"Prounenraum" verbindet Malerei und Architektur

Selbstbeschau und die Frage, wo sie verortet ist, beschäftigen die Kestner Gesellschaft in ihren neuen Ausstellungen. Wichtige Originale wie das Selbstporträt des russischen Konstruktivisten El Lissitzky "Der Konstrukteur" von 1924 sind da zu sehen, auch die Rekonstruktion seines sogenannten "Prounenraumes". Es ist ein Kubus mit geometrischen Objekten an den Wänden, teils gemalt, teils dreidimensional gearbeitet, sagt der Direktor der Kestner Gesellschaft, Adam Budak. Traditionelle Grenzen lösen sich auf, erklärt er. "Lissitzky war einer der wichtigsten, interdisziplinären Künstler, als Architekt ausgebildet und dann als bildender Künstler, aber auch Buchdesigner. Er hat Typografie entwickelt und recherchiert in diesem Zwischenraum von Malerei und Architektur, dieser Vielfalt der Perspektive."

Musik aus der Straßenlaterne

Auch Susanne Sachsse spielt mit der Mehrdimensionalität. An der Wand hat die Schauspielerin und Performancekünstlerin einen Plattenspieler befestigt, daneben einige Scheiben - zum Auflegen für die Besuchenden. Wer den Tonarm Richtung Rille schwenkt, hört am Ende Texte von ihr und Majakowski zur Musik der amerikanischen Independent-Band "Xiu Xiu". Die Töne kommen jedoch nicht klassisch aus dem Lautsprecher, sondern aus einer Straßenlaterne, erzählt Sachsse. "Licht war für mich sehr wichtig, weil Lissitzky, als er hier in Hannover war, immer über bewegtes Licht nachgedacht hat." Sie lässt die Laterne flackern. "Licht kann beweglich sein, wenn ich es mit Musik verbinde. Und da kam die Idee, dass im Prinzip die Musik durch eine Straßenlaterne hörbar ist.

Mehr als 100 Kunstwerke

Wer El Lissitzky im Gestern und Heute erfassen will, braucht viel Zeit. Mehr als 100 Kunstwerke aus etwas mehr als 100 Jahren zeigt die Kestner Gesellschaft. Darunter beeindruckt das filigrane, metallisch glänzende Stangengeflecht der portugiesischen Künstlerin Fernanda Fragateiro, das in kantigen Linien bis unter die Decke strebt. In einer Installation lässt Marysia Lewandowska Sophie Küppers sprechen.

Guten Abend, mein Name ist Sophie Küppers und ich bin die neue Direktorin der Kestner Gesellschaft. Zitat Ausstellung

Die Witwe des ersten Direktors der Kestner Gesellschaft in Hannover und spätere Ehefrau El Lissitzkys begrüßt das Publikum – in vor 100 Jahren undenkbarer Funktion.

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Rund 1.000 Gäste kamen zur Sommereröffnung. Das Highlight: eine Gruppenschau mit Originalen von El Lissitzky.

Datum:
Ende:
Ort:
Kestner Gesellschaft
Goseriede 11
30159 Hannover
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | 09.07.2023 | 14:20 Uhr

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