Kommentar zur Kartoffelbrei-Attacke auf Gemälde von Monet
Aktivisten der "Letzten Generation" haben am Sonntag ein wertvolles Gemälde von Claude Monet im Potsdamer Museum Barberini mit Kartoffelbrei beworfen und sich unter dem Gemälde festgeklebt. Über 110 Millionen Euro hatte Hasso Plattner 2019 für ein Werk aus der Serie "Heuschober" bezahlt. Welchen Sinn hat solche Zerstörungswut?
Ein Kommentar von Maria Ossowski, rbb
Er wollte farbenfrohe Stille malen. Er wollte malen, wie ein Vogel singt. Die Schönheit der Luft. Kunst nannte er seinen einzigen Lebenszweck. Claude Monet hat sein Atelier verlassen, um das Licht und die Farben unter freiem Himmel in Kunst zu verwandeln. Monet, einer der Begründer des Impressionismus, hat Augenblicke in der Natur in Ewigkeit gefasst. Seine Gemälde, seine Seerosen, seine Pappeln, seine Heuschober sind so beliebt und so bewundert wie unersetzlich. Und nun ist eines dieser Weltkunstwerke beschmutzt, um, so die Kartoffelbreischmeißer, die Natur zu retten.
Aktivisten spielen hier Kultur gegen Natur aus
Die Sprecherin der Gruppe versucht, die Aktion zu rechtfertigen: "Monet liebte die Natur und hielt ihre einzigartige und fragile Schönheit in seinen Werken fest. Wie kann es sein, dass so viele mehr Angst davor haben, dass eines dieser Abbilder der Wirklichkeit Schaden nimmt, als vor der Zerstörung unserer Welt selbst, deren Zauber Monet so sehr bewunderte?" Das ist so überheblich wie falsch gedacht und so dreist wie strafbewehrt ausgeführt. Aus folgenden Gründen: Erstens spielen die Aktivisten hier Kultur gegen Natur aus. Sie wollen zumindest symbolisch Kunst zerstören, um die Natur zu retten. Sie konstruieren einen Gegensatz, der keiner ist, denn die Natur bei Monet ist seine Inspiration der Kunst. Monet war kein Umweltschwein. Im Gegenteil. Monets Heuschober mit Kartoffelbrei zu überschütten, das verachtet seine Kunst, seine und damit auch unsere Liebe zur Natur.
Wir haben auch Angst vor radikalen Ideologen
Zweitens: Wir haben nicht mehr Angst vor einem zerstörten Kunstwerk als vor der Klimakatastrophe. Das ist eine durch nichts belegte, unsinnige Behauptung. Wir haben vor vielem Angst: vor Kriegen, vor Atombomben, vor Naturkatastrophen. Wir haben jedoch auch Angst vor radikalen Ideologen, die Gemälde zur Zielscheibe ihrer Zerstörungslust machen. Erinnern wir uns an Maos Kulturrevolution. Die Viererbande und deren Erfüllungsgehilfen haben um ihrer Phantasie einer gerechteren Welt willen alle Erinnerungen an die jahrtausendealte chinesische Kultur vernichtet. Das mag als Vergleich übertrieben klingen, aber der Tomatensauce auf van Gogh in London und dem Kartoffelbrei auf Monet in Potsdam könnten weitere Taten folgen, auch solche, bei denen Glas den Verlust eines Kunstwerks nicht mehr verhindert. Ob manche Museen deshalb nur noch Kopien zeigen werden? Welch ein Verlust wäre das.
Solche Attacken bewirken in der Öffentlichkeit genau das Gegenteil
Drittens: Solche Attacken bewirken in der Öffentlichkeit genau das Gegenteil des Beabsichtigten. Skeptiker des Klimaschutzes reiben sich jetzt die Hände nach dem Motto: alles radikale Ideologen, die nun das Erbe der Menschheit zerstören. Und die anderen, die, die das Klima schützen wollen? Die meisten werden sich von solch destruktiven Aktionen distanzieren.
Eins jedoch haben die Aktivisten erreicht: Die Kartoffelbreiaktion schafft es in die Weltpresse. Die Aufmerksamkeit gilt allerdings dem Tabubruch, der versuchten Kunstvernichtung. Sie gilt nicht einem nachhaltigen Schutz der Natur. Der so dringend notwendige Klimaschutz tritt ob der kriminellen Tat in den Hintergrund. Das großmundig behauptete Ziel ist nicht erreicht. Der Rest ist Sache des Staatsanwalts.