Wenn die Baseball-Kappe zur Statement-Fläche wird
Man kommt an den sogenannten Statement-Caps - also Baseballkappen mit eingestickter Botschaft - nicht mehr vorbei. Die gute alte Schirmmütze wird zur Galionsfigur der Haltung ihrer Trägerin oder ihres Trägers.
"Made in Vagina" - das konnte man kürzlich auf der Baseballkappe von Wilson Gonzales Ochsenknecht lesen. Der Schauspieler ist letztes Jahr Vater einer Tochter geworden, vielleicht hat ihm dieses Ereignis zu seiner Mützen-Erkenntnis verholfen. Made in Vagina - klingt wie Made in China, heißt aber "Entstanden in einer Vagina."
Bislang war eher das T-Shirt der Ort für Botschaften aller Art - politische Ikonen wie Che Guevara blicken uns schon lange von der Streetware der großen Fast-Fashion-Häuser entgegen. Das Tragen progressiver Slogans auf dem T-Shirt oder das klassische Band-Shirt waren seit jeher das Go-to-Item, um sich auf den ersten Blick zu positionieren - oder einfach nur stylish zu wirken.
Statement quasi auf die Stirn geschrieben
Vielleicht sind die überall zu sichtenden Statement-Caps eine Reaktion darauf, dass Donald Trump unter anderem die Basecap mit seinen MAGA-Botschaften - "Make America great again" - zu seinem Markenzeichen gemacht hat. Oder darauf, dass sein Lieblingsbegleiter Elon Musk in fast epischer Länge auf seiner Mütze erklärt: "Trump was right about everything" - Trump hatte mit allem Recht. Sicher gilt auch für Trump: Wir streben, sobald wir das Teenager-Alter erreichen, nach Distinktion - also dem Wunsch, uns abzugrenzen und unterscheidbar zu sein. Und da ist das, was wir tragen, ein Anfang. Der französische Philosoph Pierre Bourdieu stellt dazu in seinem Standardwerk "Die feinen Unterschiede" folgendes fest:
Der Geschmack ist die Grundlage alles dessen, was man hat. Die Geschmacksäußerungen und Neigungen sind die praktischen Bestätigungen einer unabwendbaren Differenz. Nicht zufällig behaupten sie sich dann, wenn sie sich rechtfertigen sollen, rein negativ, durch die Ablehnung und durch die Abhebung von anderen Geschmacksäußerungen. Zitat aus "Die feinen Unterschiede" von Pierre Bourdieu
Womit lässt sich das schneller und ausdrucksstärker erreichen, als mit einem Statement quasi auf die Stirn geschrieben? Gerade im Zeitalter Sozialer Medien, wo Lebensstile ad hoc kopierbar sind und ein musikalischer Geheimtipp durch Spotify-Vorschläge auch sofort keiner mehr ist, kommt die Baseballkappe, die so schön "old school" ist, als Mütze gewordenes Megaphon gerade recht.
Richtige Mischung für die coolen Nicht-Botschaften
Die Botschaften sind so unterschiedlich wie ihre Träger, mal offensichtlich oder subtil. Je schwerer zu verstehen, um so geheimnisvoller der Mensch darunter? Hauptsache etwas zu hintersinnig, um als klassisches Werbegeschenk durchzugehen.
Zurückverfolgen lässt sich der Trend möglicherweise zu der Hipster-Plattform ideanow, einer britischen Website, die Lifestyle-Produkte vertreibt. Es ist offenbar harte Arbeit, die richtige Mischung für die coolen Nicht-Botschaften zu finden. "Wir müssen immer leicht danebentreffen, damit der Träger der Kappe Komplimente von den interessantesten Leuten bekommt. Und Verwirrung von denen, die es einfach nicht checken", sagte David Owen, einer der Gründer von ideanow der Welt am Sonntag. "Manchmal versuchen wir, etwas hinzukriegen, das die Leute nicht kaufen. Die Kappe 'Garden Center' war das langweiligste, was uns einfiel. Aber genauso wie 'Tuna Mayo' verkauft sie sich hervorragend."
Politische Statements auf Kleidung immer in Mode

Kleidung mit echten politische Botschaften kommt dagegen niemals aus der Mode! Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer protestierte jüngst bei der Biennale mit ihrem Kleid "Hot-Hotter-Dead" gegen den Klimawandel. Bei der Oscar-Verleihung 2020 trug Natalie Portman ein Kleid mit Umhang von Dior, das mit den Namen von Regisseurinnen verziert war, die bei der Verleihung in dem Jahr nicht nominiert waren. Weniger aufwendig ist da eben die Statement-Cap: Mütze auf und los!
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