Kunststätte Bossard: Forschungsergebnisse als Chance?
Die Kunststätte Bossard bei Jesteburg in der Nordheide veröffentlichte am Dienstag die ersten Ergebnisse der Forschungen zu ihrem Gründer. Darin heißt es, dass der Künstler Johann Michael Bossard in seiner Denktradition den Nationalsozialisten nahe stand.
Das Gutachten stammt von dem Münchner Historiker Tobias Hof. Er schrieb: "Bossards völkisch-mythische Weltbilder sind in hohem Maße anschlussfähig an entsprechende Vorstellungswelten des Nationalsozialismus". Darüber sprach NDR Kultur mit der Museumsleiterin Heike Duisberg-Schleier.
Wie bewerten Sie dieses Gutachten? War Bossard ein Antisemit und glühender Anhänger Adolf Hitlers - das war ja vor zwei Jahren der große Vorwurf?
Heike Duisberg-Schleier: Wir bewerten das Gutachten zunächst einmal als wirklich fachlich und wissenschaftlich fundiert. Da hat ein versierter Wissenschaftler daran gearbeitet, und dafür sind wir sehr dankbar. Das ist das, was wir uns gewünscht haben, als wir das Institut für Zeitgeschichte beauftragt haben. Ob Bossard ein Antisemit und glühender Anhänger Adolf Hitlers war, das haben wir aus dem Gutachten gelernt, das sind nicht die Kategorien, in denen wir denken und in denen auch Herr Dr. Hof gedacht hat. Das sind natürlich die Antworten, die die Menschen vielleicht hören möchten. Aber ich glaube, man muss das wirklich etwa differenziert sehen. Die Wahrheit liegt nicht in einer weißen Ebene oder in einer schwarzen, sondern sie liegt in den Graustufen. Und das sind die Bereiche, der Herr Dr. Hof herausgearbeitet hat. Johann Bossard hat eine ganze Reihe an Zeitspannen durchlebt vom aufgehenden neunzehnten Jahrhundert über die Kaiserzeit, den Ersten Weltkrieg bis zur Weimarer Republik. Er war in der Zeit zwischen 1933 und 1945 aktiv und natürlich auch in der Nachkriegszeit. Das sind die Perioden, die Herr Dr. Hof herausgearbeitet hat. Und in diesem Zeitspannen war Bossard - vor allen Dingen in der Kaiserzeit und in der Weimarer Republik - Anhänger von Strömungen, die sich mit antisemitischen und völkischen Weltbildern beschäftigt haben. Das waren die Weltbilder, die - so wie Herr Dr. Hof es sagt - Wegbereiter waren für das, was die Nationalsozialisten später zu ihrem Gedankengut gemacht haben.
Zuletzt ist etwa über ein Hakenkreuz diskutiert worden, das Teil eines Mosaikbodens im sogenannten "Eddasaal" ist. Es ist momentan durch eine Übermalung unkenntlich gemacht. Was passiert nun damit?
Heike Duisberg-Schleier: Wir haben dieses Mosaik in Abstimmung mit dem Denkmalschutz farblich so verändert, reversibel farblich so verändert, dass kein Hakenkreuz mehr erkannt werden kann. Dies haben wir in Abstimmung und aus Respekt vor Menschen mit einem Verfolgungshintergrund, die den Holocaust erlebt haben oder Menschen, die Verwandte oder Bekannte haben, die den Holocaust erlebt haben, getan. Wir planen im Anschluss an die Forschung ein umfassendes und grundlegendes neues Vermittlungs- und Ausstellungskonzept an der Kunststätte Bossard. Wir sehen die große Chance, dass wir gerade die Strömung und die Denkweisen dieser Zeit, in der Johann Bossard gelebt hat, vermitteln und aufarbeiten können. Und im Rahmen dieses Vermittlungskonzepts, dass wir mit Experten zusammen entwickeln werden, werden wir uns sicherlich auch noch mal Gedanken über die Vermittlung des Mosaiks im Eddasaal machen.
Sie als Kunststätte haben die Forschungen angesichts von kontroversen Diskussionen über Bossard in Auftrag gegeben. Wie geht das jetzt weiter mit der Kunststätte und mit dem ursprünglich mal geplanten Neubau?
Heike Duisberg-Schleier: Wir sehen das absolut als Chance, dass wir hier eine gute Möglichkeit haben, exemplarisch an der Kunststätte Bossard eben diese Zeit vor 1933 zu vermitteln und die Denkströmungen und eben auch die Gefahren, die darin stecken, mit dem Blick auf die heutige Zeit vermitteln und ausstellen zu können. Wir sehen da wirklich eine große Chance drin, dass wir hier einen Ort der Vermittlung werden können und da auch etwas Gutes heraus schaffen. Wie geht es weiter mit der Kunststätte? Wir konzentrieren uns komplett auf die Umsätzung dieser Vermittlungstätigkeiten. Wir werden da Fördermöglichkeiten suchen. Wir werden mit Experten zusammenarbeiten, und da fließt zunächst unsere Energie rein, ebenso wie in die Erhaltung des bestehenden Gebäudebestands. Wir sind gerade dabei, unseren Kunsttempel grundlegend zu sanieren. Die Sanierungsarbeiten werden in Kürze abgeschlossen sein, aber es gibt noch weiteren Sanierungsbedarf hier an der Kunststätte. Aus diesem Grund verfolgen wir zurzeit keine Neubaupläne.
Was machen Sie jetzt mit den Ergebnissen? Wie werden die der Öffentlichkeit präsentiert?
Heike Duisberg-Schleier: Das Gutachten, der Herr Doktor Hof verfasst hat, ist in ungekürzter Version auf unserer Internetseite erhältlich. Das kann runtergeladen werden. Es ist außerdem in ausgedruckter Form bei uns an der Museumskasse zum Selbstkostenpreis erhältlich. Und wir haben die Veranstaltung, die Vorstellung der Ergebnisse gestern, aufgezeichnet. Auch die Veranstaltung können Sie im Internet sehen. Wir begleiten diesen Prozess auch im Rahmen weiterer Veranstaltungen, die Sie auf unserer Internetseite www.bossard.de einsehen können, weiter.
Das Gespräch führte Philipp Cavert.
