"A Hero": Subtil politisches Drama um Ehre aus dem Iran
Die Filme des Oscarpreisträgers Asghar Farhadi sind auf sehr subtile Art politisch. Für sein aktuelles Drama "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" erhielt er den Großen Preis der Jury in Cannes.
Rahim Soltani ist ein Mann in Nöten. Der geschiedene Vater eines kleinen Sohnes sitzt im Gefängnis, weil er einem Gläubiger geliehenes Geld nicht zurückzahlen kann. Einen zweitägigen Hafturlaub will er nun nutzen, um sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Eine Damenhandtasche, die seine Freundin gefunden hat, scheint die Lösung aller Probleme. Denn sie enthält wertvolle Goldmünzen, die nun in Bares verwandelt werden sollen.
Rahim geht zu einem Goldankäufer. Da der Goldkurs gerade gefallen war, wollte der ihm zu wenig Geld auszahlen. "Alles ist möglich", so der Goldankäufer. "Der Goldkurs kann sich im Stundentakt verändern." Also lieber noch eine Nacht warten, um die Schulden komplett begleichen zu können. Doch da tritt Rahims Schwester auf den Plan.
Schwester: "Wem gehört diese Handtasche?"
Rahim: "Du gehst einfach so an meine Sachen?"
Schwester: "Ich wollte nachsehen, ob du was zum Waschen hast. Rahim, hast du etwas getan, das Schande über unsere Familie bringen und unserem Ansehen für immer schaden könnte?"
Rahim: "Du denkst, ich hab gestohlen?"
Filmszene aus "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"
Nein, ein Dieb will Rahim nicht sein. Und so beschließt er, die Besitzerin der Tasche ausfindig zu machen und sie samt Münzen zurückzugeben. Sogar Suchplakate hängt er dafür aus. Eine gute Tat, die nicht verborgen bleibt. Plötzlich ist Rahim ein Held, der im Lokalfernsehen gefeiert wird!
Typisch für Asgar Farhadi: Positive Situation entwickelt sich verhängnisvoll
Warum er mitmacht und öffentlich den Helden spielt? Die Gefängnisleitung drängt ihn aus PR-Gründen. Etwas Eitelkeit schwingt sicher auch mit bei Rahim, der sich von der Haftstrafe gedemütigt fühlt. Vielleicht war der Taschenfund ja auch eine Prüfung Gottes, die er bestanden hat, wofür er nun mit einer Anstellung bei der Stadtverwaltung belohnt wird.
Wer schon mal einen Film von Asghar Farhadi gesehen hat, seinen Oscargewinner "Nader und Simin" zum Beispiel, der ahnt, dass der Held den Kopf so leicht nicht aus der Schlinge bekommt. Das Typische bei Farhadi nämlich ist, dass Situationen sich durch eine unglückliche Entscheidung oder ein kleines Missverständnis verhängnisvoll entwickeln.
Bürokrat in der Stadtverwaltung: "Bevor wir Sie hier anstellen können, muss ich natürlich einigen Dingen erst auf den Grund gehen."
Rahim: "Welchen Dingen?"
Bürokrat in der Stadtverwaltung: "Uns sind da Gerüchte zu Ohren gekommen. Dass Ihre Geschichte vielleicht frei erfunden ist"
Filmszene aus "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"
"A Hero" ist auf subtile, schwer zu zensierende Art politisch
Asghar Farhadi versteht sich nicht als politischer Filmemacher und ist es dennoch, auf eine sehr subtile, schwer zu zensierende Art. Seine Figuren handeln so, wie sie handeln nach der Logik der iranischen Gesellschaft, deren Zwänge und Verkrustungen damit automatisch mit in den Blick rücken.
Im autoritär geführten Iran, das zeigt Rahims Geschichte, bestimmen die, die selbst ein bisschen "Staatsmacht" ausüben dürfen, sehr gern über die, die demütig zu gehorchen haben. Und Familien leiden am "Ehrverlust" mehr als an Krankheit oder Armut, was zu unglücklich irrationalem Verhalten führen kann.
Gläubiger Bahram: "Ist doch erbärmlich, wenn einer wie Du als Held gefeiert wird."
Rahim: "Du bist erbärmlich! Du erträgst es nicht, dass die Leute mich respektieren."
Gläubiger Braham: "Glaubst Du wirklich, Du bist jetzt jemand, nur weil du fünf Minuten im Fernsehen warst?"
Rahim: "Hör auf, so zu reden!"
Gläubiger Braham: "Armer Dummkopf, du wirst benutzt um zu zeigen, das in diesem Land alles gut ist."
Filmszene aus "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"
Asghar Farhadi zeigt die gefährliche Seite der sozialen Netzwerke
Es geht in "Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" auch um die gefährliche Seite der sozialen Netzwerke, die im Iran offenbar eine extrem große Bedeutung haben. Ein öffentlicher "Held" wie Rahim ist ja für die Neider und Gerüchteköche ein gefundenes Fressen. Tatsächlich sind seine Beweggründe offen für Interpretation. Keine Figur ist hier nur "gut" oder "schlecht". Jede hat ihre Gründe. Aus dem Widerstreit der Positionen aber entsteht eine Abwärtsspirale, der schwer zu entrinnen ist und erneut ein Film von Farhadi, dessen zwingender Dramaturgie man sich nicht entziehen kann.
"A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2021
- Produktionsland:
- Iran, Frankreich
- Zusatzinfo:
- Mit Amir Jadidi, Mohsen Tanabandeh, Sahar Goldoust und Saleh Karimai
- Regie:
- Asghar Farhadi
- Länge:
- 128 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- ab 31. März
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