"Sieben Tage": Berührendes Drama zwischen Heimat und Exil
In eindrücklichen Bildern erzählt Ali Samadi Ahadi von einer Frau, die für den Kampf für Menschen- und Frauenrechte ein iranisches Gefängnis dem sicheren Exil in Deutschland mit ihren Kindern vorzieht.
Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises gingen zwei Lolas an "Die Saat des Heiligen Feigenbaums", Mohammad Rasoulofs Drama über eine Familie, die am repressiven System im Iran zerbricht. Der Film war auch schon der deutsche Oscar-Kandidat in diesem Jahr - nachdem Rasoulof selbst vor dem iranischen Regime hatte fliehen müssen und nun in Hamburg zu Hause ist. Schon vor seiner eigenen strapaziösen Flucht übers Gebirge hatte er ein Drehbuch darüber verfasst und den Kollegen Ali Samadi Ahadi in Deutschland um Amtshilfe gebeten: "Er hat mich gefragt, ob ich nicht das Projekt übernehme. Denn er wird es nicht schaffen. Der Druck sei so groß auf ihn, dass er es nicht hinbekäme, den Film im Iran zu drehen", sagt Ali Samadi Ahadi.
Konflikt der Ideale: Familie oder Freiheit?
So erzählt nun Ahadi die Geschichte von Maryam, die als Menschenrechtsaktivistin seit sechs Jahren im Teheraner Gefängnis sitzt. Nach einem Herzinfarkt bekommt sie sieben Tage Hafturlaub für medizinische Untersuchungen. Ihr Bruder aber begrüßt sie mit einem ausgeklügelten Fluchtplan.
Maryams Mann und ihre zwei Kinder leben im Exil in Deutschland. Nun warten sie jenseits des Grenzgebirges in der Türkei auf sie. Schleuser sollen sie über steile Bergpfade hinbringen. Die Chance, zurück zur Familie zu kommen, bietet sich womöglich nur dieses eine Mal. Maryam aber hadert:
"Wir müssen doch etwas erreichen!"
"Und Deine Kinder? Sie wachsen ohne Dich auf."
"Nein Nima, sie wachsen mit mir auf! Ein Kind braucht ja nicht nur ein Dach über dem Kopf und eine Schule. Kinder brauchen wie wir die Achtung Ihrer Rechte, ihrer Würde, ihrer seelischen Unversehrtheit!"
Filmszene
Dreharbeiten als Grenzerfahrung
Maryam, gespielt von der iranischen Schauspielerin Vishka Asayesh, ist mit ihrer halsstarrig schroffen Art kein leicht zugänglicher Charakter. Aber man begreift, welchen Mut und Kampfgeist eine Frau besitzen muss, die dem Regime im Iran die Stirn bietet. Und wie schwer ihre politische Mission in Einklang mit den Muttergefühlen zu bringen ist, die natürlich auch in ihrer Brust schlagen. Sie lässt sich schließlich ein auf den lebensgefährlichen Fußmarsch übers verschneite Gebirge, die starren Körper Erfrorener am Wegesrand.
Auch die Dreharbeiten im winterlichen Georgien waren eine Grenzerfahrung, erzählt der Regisseur: "Das war bei wirklich hüfthoher Schnee, bei -20, -25 Grad. Das waren wirklich sehr erschwerte Bedingungen, die das ganze Team auf sich genommen hat, damit wir diese Geschichte erzählen können."
Halb erfroren kommt Maryam bei ihrer Familie an - ziemlich entschlossen, dass sie nicht bleiben wird. Aber wie sagt man so etwas dem Ehemann?
"Nichts im Leben bedeutet mir mehr als Du und unsere Kinder. Aber ich möchte ihnen beibringen, dass Angst, Schweigen und Flucht nicht die einzigen Lösungen sind." Filmszene
Maryams mutiger Kampf gegen das Regime
Es geht in "Sieben Tage" um das Dilemma, vor dem im Iran so viele stehen, die politisch oder künstlerisch ihre Stimme gegen das Regime erheben: aufgeben und fliehen? Oder bleiben und weiterkämpfen - auf Kosten der eigenen Freiheit? In Maryams fiktivem Charakter steckt viel von der realen Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die seit Jahren in Teheran im Gefängnis sitzt. "Rasoulof hatte das Drehbuch schon vor Jahren an sie angelehnt, weil sie sich gemeinsam in diesen Auseinandersetzungen mit dem Regime kennengelernt hatten", erzählt Ali Samadi Ahadi.
Das kämpferische Naturell und die Familie, die im Exil lebt, hat die Filmfigur mit ihr gemeinsam. An anderen Stellen wurde die Geschichte um Spielfilm-Elemente erweitert, wie eben die Flucht über die Berge, die nicht nur zu einem glücklichen Wiedersehen, sondern auch zu einer schmerzhaften Konfrontation mit der Teenager-Tochter führt.
"Gib es endlich zu, sei ehrlich! Deine Ideale sind Dir wichtiger als Deine Familie. (...) Du kannst auch vom Ausland aus kämpfen!" Filmszene
Man spürt sehr eindringlich, dass es hier keine "richtige" Entscheidung geben kann. "Sieben Tage" schildert einen unauflösbaren Konflikt, in den das Mullah-Regime im Iran die Mutigsten seiner Untertanen stürzt - wie zuletzt den Autor des Drehbuchs, Mohammad Rasoulof, selbst. Das macht dieses fesselnde Flucht- und Familien-Drama so bestürzend aktuell.
Sieben Tage
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit Vishka Asayesh, Majid Bakhtiari, Tanaz Molaei und anderen
- Regie:
- Ali Samadi Ahadi
- Länge:
- 113 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 15. Mai 2025
Schlagwörter zu diesem Artikel
Spielfilm
