Lashana Lynch, Lea Seydoux und Daniel Craig bei der amerikanischen Trailer Vorstellung des neuen Bond Films © IMAGO / MediaPunch

James Bond: Macho, Marke und MeToo

Stand: 04.10.2022 12:21 Uhr

2021 kam mit "Keine Zeit zu sterben" der letzte 007-Film mit Daniel Craig ins Kino. Ein Gespräch mit James-Bond-Experte Siegfried Tesche über Interna, polnische Aston Martin-Repliken und die neuen Bond-Frauen.

Es war der letzte Einsatz von Daniel Craig als Hauptdarsteller, aber es war auch der komplizierteste. Er verletzte sich, Regisseur und Komponist wurden entlassen. Siegfried Tesche, der mehrere Bücher über die Filmserie geschrieben hat, erklärt, wie die Ära von Daniel Craig einzuschätzen ist und wie es mit der Serie vermutlich weitergeht.

Fünf Filme gab es jetzt mit Daniel Craig. "Keine Zeit zu sterben" ist jetzt der Letzte. Was ist die Bilanz der Ära Craig?

Siegfried Tesche: Daniel Craig wurde zu Anfang nicht gemocht. Allein, dass er blond war, als erster Bond, war damals ein Riesenthema. Roger Moore war das allerdings auch. Daniel Craig hat sich aber schon mit dem ersten Film "Casino Royale" 2006 etabliert. Es gab mehr Härte in den Filmen, längere Filme, mehr Emotionen und er bekam mehr ab, psychisch und körperlich. Er wurde vergiftet, gefoltert, verlor seine erste Liebe. Drei von fünf Filmen sind sehr lang.

Der jüngste ist sogar 163 Minuten und 26 Sekunden lang. Das gab es noch nie. Man will eben ein großes Epos und nicht "nur" einen Action-Film - das ist neu in der 007 Geschichte. Craig ist inzwischen auch Koproduzent und hat viel Mitspracherecht bei den Filmen. Auch das ist neu.

Diese fünf Filme bilden einen Zyklus. Was war das verbindende Element?

Tesche: Dass die Filme eines Bond-Darstellers zusammenhängen, ist neu. Das gab es früher nur ansatzweise. Es hat aber auch damit zu tun, dass Bond nur gegen eine Organisation namens SPECTRE und seinen Erzfeind Blofeld antreten musste. Aus rechtlichen Gründen war das viele Jahre lang nicht möglich, denn die Rechte an der Organisation SPECTRE lagen bei anderen Autoren.

Neu ist auch, dass es eine Reihe von internen Problemen des MI6 gab in die Bond, M und andere hineingezogen wurden. Außerdem wollte Bond mehrfach seinen Job an den Nagel hängen und wurde immer wieder reaktiviert. Er machte auch Fehler und muss dafür büßen.

Daniel Craig hört auf. Wie geht es denn jetzt weiter?

Tesche: Zunächst braucht man mal einen neuen Hauptdarsteller. Der sollte Mitte bis Ende 30 sein und mindestens für drei Filme unterschreiben. Amazon hat die Produktionsfirma MGM gekauft und damit 50 Prozent der Rechte an den Bond-Filmen. Der Rest ist seit vielen Jahrzehnten in der Hand von den Familien Broccoli und Wilson.

Koproduzentin Barbara Broccoli hat kürzlich erklärt, dass es keine Bond TV-Serie geben wird. Sie hat auch gesagt, dass die Filme weiterhin ins Kino kommen werden. Das hat Amazon bestätigt. Eventuell wird man einige der Nebenfiguren auswechseln, aber das ist nicht sicher. Was sicher ist: die Macher verpassen das 60-jährige Jubiläum. Bis 2022 wird es kein neuer Bond fertig, denn der erste Film kam 1962 heraus.

"Keine Zeit zu sterben“ wurde mehrfach verschoben. Ist der Film in gewisser Weise schon überholt?

Tesche: Die Produkte und das Product Placement in den Filmen wurden digital angepasst. Insofern sieht man jetzt die neuesten Handys und nicht die von vor zwei Jahren. Es wurden jedoch keine Szenen extra nachgedreht. Bond verfügt zwar über ein paar neue technische Tricks, die er von Q bekommt.

Er fährt allerdings immer noch seinen alten Aston Martin DB 5 mit der Technik aus dem Jahr 1964. Normalerweise ist so ein Oldtimer gegenüber neuen Sportwagen nicht konkurrenzfähig. Aber es ist eben ein 007-Film und so reicht es, wenn man das glaubt. Im Film behalf man sich übrigens mit in Polen hergestellten Repliken mit Automatik-Getriebe und BMW-M3-Motoren. Das ist eben Kinomagie.

Wie überholt ist die männliche Macho-Filmfigur James Bond im Jahr 2021? Regieren die Macherinnen und Macher auch auf den neuen Zeitgeist nach MeToo?

Daniel Craig hat extra dafür gesorgt, dass die englische Autorin Phoebe Waller-Bridge am Drehbuch arbeiten durfte, um sich speziell den Rollen der Frauen anzunehmen. Er hat zu Anfang seine Liebe aus dem letzten Film "Spectre" an seiner Seite. Das ist die von Léa Seydoux gespielte Madeleine Swann. Er hat eine Konkurrentin namens Nomi im britischen Auslandsgeheimdienst MI6, die inzwischen seine Doppel Null Nummer trägt. Außerdem trifft er im Rahmen des Einsatzes auf eine kubanische Agentin mit dem Namen Paloma. Die Frauenrollen werden also ein bisschen gestärkt, aber Madeleine hat auch ein dunkles Geheimnis. Daher kann er also weiterhin niemandem trauen.

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NDR Info | Kultur | 29.09.2021 | 08:55 Uhr

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