Fünf Jahre #MeToo: Was hat sich verändert?
Fünf Jahre nach dem Beginn von #MeToo ist die Frage: Wie sieht es heutzutage am Dreh-Set aus? Antworten gibt es von Profis vor und hinter der Kamera.
Das Kürzel #MeToo ist aus der Diskussion um übergriffiges Verhalten nicht mehr wegzudenken. Vor fünf Jahren begann der Skandal um Machtmissbrauch vor und hinter der Kamera. In Hollywood steht vor allem der Name des Filmproduzenten Harvey Weinstein für den Skandal. In Deutschland wurden im Rahmen der #MeToo-Debatte vor allem dem mittlerweile verstorbenen Regisseur Dieter Wedel Vorwürfe gemacht. Hat sich in den vergangenen fünf Jahren etwas geändert?
Zunehmende Professionalisierung am Dreh-Set
Claudia Schröder ist erfahrene Produzentin zahlloser Fernsehfilme und -serien. Etliche "Tatorte" hat sie verwaltet, die Serie "Rote Rosen", auch Spielfilme fürs Kino. Seit vielen Jahren leitet sie die "Aspekt Telefilm" in Hamburg. Claudia Schröders Befund ist zunächst eindeutig, wenn man sie fragt, ob sich etwas in den letzten Jahre gewandelt hat: "Der Umgang innerhalb der Teams hat sich geändert. Das ist jetzt viel stärker auf Augenhöhe."
Am Drehort heißt das, "dass die Teams gemischter sind und es ist eine größere Gleichberechtigung entstanden im Umgang miteinander." Die Produzentin beobachtet überhaupt eine zunehmende Professionalisierung: "Was auch viel dazu getan ist, dass sehr viel mehr Frauen in Head of production-Teilen sind, also Kamerafrauen, Regisseurinnen. Und das verändert den Ton am Drehort."
Arbeitsverhältnisse noch ungleich verteilt
Das alles könnte eigentlich optimistisch stimmen, wenn die Arbeitsverhältnisse nicht so ungleich verteilt wären: hier die Schauspieler und Schauspielerinnen, die fast immer freiberuflich arbeiten, dort die Produzenten und Regisseure, von denen sie abhängig sind. "Ich kann mir vorstellen, dass es immer noch Situationen gibt, dass man sagt: 'Die ist aber auch ein bisschen zickig. Hätte die sich nicht vorher schon mal wehren können?' Das sind Vorurteile, die werden nicht so schnell verschwinden, das braucht sicher noch eine Generation."
Intimacy coordinator: Kommunikation als Mittel
Dagegen wehren sich nicht nur sehr selbstbewusste, gut beschäftige Kolleginnen. Sie haben regelrecht aufgerüstet, wie Anne Schäfer, die man als Ermittlerin im Barcelona Krimi kennt und im Kino, wo sie im hinreißenden Berlinale-Film "Alle Reden übers Wetter" zu sehen war. Die Schauspielerin ist jetzt bei vielen Drehs hinter der Kamera als Intimitäts-Koordinatorin. Eine Ausbildung, die in den USA entwickelt wurde: intimacy coordinator. "Meine Arbeit ist Kommunikation: Ich frage: Was soll erzählt werden? Warum haben die Sex? Wie sieht der Sex aus? Dieser Figuren, nicht der Schauspielerinnen und Schauspieler privat, sondern der Figuren im Film."
Intimitäts-Koordination ist dabei eine choreografische Technik, sagt Anne Schäfer, ein technischer Prozess, der den Darstellern Sicherheit geben soll: "Frauen sind natürlich viel öfter Opfer geworden in der Filmbranche. Aber auch Männer haben ihre persönlichen Grenzen und sagen: Ich bin so froh, dass da jemand ist. Männer fühlen sich auch nicht wohl, einen Vergewaltiger zu spielen." Und doch: Auch Anne Schäfer sieht, dass die Entwicklung eher mühsam ist: "Es ist immer noch so, dass Schauspieler*innen, weiblich, männlich oder divers, abgestempelt werden, wenn sie über Übergriffe sprechen."