Die Ambivalenz der Mutterschaft: Hamburger Filmpremiere mit Anke Engelke
Endlich mal wieder volles Haus - das gab's nun im Hamburger Zeise-Kino, denn Anke Engelke war da. Sie hat mit Regisseurin Carolin Schmitz ihren neuen Film "Mutter" vorgestellt, eine NDR Co-Produktion.
Man kann sie sehen - aber nicht hören. Denn sie bewegt nur die Lippen. Die Stimmen kommen von acht verschiedenen realen Frauen, die von der Freude und den Problemen als Mutter erzählen.
Anke Engelke kommt und ist gleich umgeben von einer Traube von Autogrammjägern. Wochenshow, Ladykracher, als Stimme von Marge Simpson oder dem Disney Fisch Dory - sie ist ein echter Superstar. So eine Rolle wie in "Mutter" hatte sie jedoch noch nie. Sie spielt, die Stimmen kommen aber vom Band. Interviews mit acht verschiedenen Müttern.
Kein Spielraum für Improvisation bei Dreharbeiten
"Ich habe schon ausgerechnet, wie oft ich in meinem Leben sagen muss: Putz dir jetzt endlich bitte die Zähne. Ich mein, der ist neun, der wird bald zehn. Das sage ich seit neun Jahren mindestens zwölfmal am Tag. Sechsmal morgens und sechsmal abends. Das muss man sich mal ausrechnen, das ist absurd." Filmzitat
In dieser Szene steht Anke Engelke auf der Theaterbühne. Der ganze Film zeigt den Weg einer Schauspielerin, beim Essen, beim Einkaufen, bei der Arbeit. Nur, dass sie halt nur das sagt, was die echten Mütter in den Interviews sagen. Schauspielerisch gab es keinen Spielraum für Improvisation für Anke Engelke. Denn sie muss die Worte, das Atmen, alles genau treffen. "Das war anstrengend. Und das Drehen war sehr anstrengend. Das war alles sehr, sehr anstrengend", erzählt Engelke. "Ich ziehe daraus ganz viel Vergnügen - aus Dingen, die intensiv sind. Ich freu mich, wenn ich weiß, da wartet ein Tag auf mich, der viel von mir verlangt und der mich am Abend belohnt."
"Mutter": Ein Film, der nahegeht
Gecastet wurden die interviewten Frauen von Regisseurin Carolin Schmitz. Im ganzen Land hat sie dafür Zeitungsannoncen geschaltet. Die Frauen sind zwischen 30 und 70 Jahren alt. "Ich hab' denen gesagt: Erzählen Sie doch bitte Ihr Leben", berichtet Schmitz. "Von Anfang an, bis meine Speicherkarte voll ist. Ich habe festgestellt, und nicht erst bei dieser Arbeit, wenn man mit Menschen spricht, sie ernst nimmt und sich interessiert und sie respektiert, dann erzählen die wahnsinnig viel und wirklich gerne."
Der Film geht einem sehr nah. Viele der Frauen mussten Träume für die Familie aufgeben. Wurden von ihren Männern regelrecht wie Hausangestellte behandelt. Viele im Publikum sind bewegt. Auch Männer: "Also mir ist regelrecht das Lachen im Halse stecken geblieben und der Film war beeindruckend, aber hat mich auch irritiert", heißt es aus dem Publikum.
Anke Engelke: "Es gibt eine große Schieflage"
Anke Engelke schaut sich den Film mit dem Publikum zusammen an. Kurzer Blick aufs Handy, ein älteres Modell, kein Smartphone, und eine Tüte Popcorn in der Hand. Sie hat der Film ins Grübeln gebracht. "Ich habe gemerkt, dass es da eine große Schieflage gibt. Und dass Mütter doch diejenigen sind, die anteilig viel mehr tun in Sachen Erziehung, Betreuung von Kindern. Das finde ich schade und bedenklich", sagt sie. "Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die den Film hier sehen, einen großen Redebedarf haben."
Männer oder Väter kommen im Film nur am Rande vor. Dennoch ist das kein Film gegen Männer, sondern für alle, sagen die Regisseurin und ihr Star. Das stimmt auch, die Frauen reden vor allem darüber, was in ihnen vorgeht, man vermisst die Männer nicht. Eine Fortsetzung, vielleicht mit dem Titel "Vater"? "Also ich mach den nicht", sagt Regisseurin Schmitz. "Ich auch nicht", lacht Engelke. "Wir müssen zum Zug."
"Mutter" mit Anke Engelke startet in der kommenden Woche in den Hamburger Kinos.
