Uticha Marmon posiert © picture alliance / Frank May | Frank May Foto: Frank May

Uticha Marmon: Scharfsinnige Dramaturgin und Kinderbuchautorin

Stand: 01.06.2022 12:24 Uhr

Der Kirsten-Boie-Preis für Kinderliteratur 2022 wurde im Literaturhaus Hamburg an die Berliner Autorin und Produzentin Uticha Marmon vergeben, die Karl Valentin als Helden nennt.

von Jens Büchsenmann

Uticha Marmon ist ein Multitalent: Sie produziert viele Hörbücher, etwa zu bekannten Kinderbuchstoffen wie "Michel aus Lönneberga", aber auch Tatort-Podcasts für die ARD Audiothek. Außerdem schreibt sie Drehbücher, bucht Sprecher und Schauspielerinnen und führt Regie.

Kirsten Boie ist - neben Cornelia Funke - eine der bedeutendsten und meistgelesenen Kinder- und Jugendbuchautorinnen in Deutschland. Rund hundert Bücher sind von ihr erschienen, darunter Dauerbrenner wie die "Die Kinder vom Mövenweg", "Ritter Trenk" und "Skogland". Viele wurden verfilmt und vertont, die Preise, die die in Hamburg geborene Autorin erhalten hat, sind kaum zu zählen.

Ein Preis ist sogar nach ihr benannt: Der Kirsten-Boie-Preis für Kinderliteratur, alle zwei Jahre verliehen und dotiert mit 5.000 Euro, verbunden mit einem Verlagsvertrag. In diesem Jahr bekommt ihn die Berliner Kinderbuchautorin Uticha Marmon.

Marmon: "Es gibt keine Kinder- oder Erwachsenenthemen"

Über das, was eine gute Kinderbuchautorin ausmacht, kann man stundenlang mit Uticha Marmon sprechen. Aber sie kann ihr Geheimnis auch in zwei drei klaren Sätzen auf den Punkt zu bringen. "Es gibt es keine Kinder- oder Erwachsenenthemen. Kinder leben in derselben Welt wie wir. Sie nehmen sie vielleicht ein bisschen anders war."

Warum sollten wir Halt machen vor bestimmten Themen, fragt die Autorin: "Kinder haben genau so zu tun mit Tod, wenn Oma oder Opa vielleicht stirbt, oder das Haustier. Kinder haben mit allen komplizierten Themen zu tun, wie Erwachsene. Deswegen darf man sie meiner Meinung nach nicht davor schützen, sondern muss versuchen, das kindgerecht zu erzählen oder zu erklären."

Marmon erzählt "Scharfsinnig und komisch von großen Themen"

Was sich auch in dem Manuskript widerspiegelt, das Uticha Marmon für den Kirsten-Boie-Preis eingereicht hatte: "Frieda und Nikki, die Grenzkuh und der zufällige Weltfrieden" - ein Titel, der schon die ganze Geschichte dieser komplizierten Erwachsenenwelt erzählt. "Mir begegnen viele Kinder, die all mitbringen, was wir uns als Erwachsene hart erkämpfen müssen."

Da ginge es genau darum, wie es denn sei könne, dass Eltern ihre Kinder auf der Flucht verlieren und "dass kein vernünftiger Mensch in ein kaputtes Boot steigen und warum man das nicht anders lösen kann". Sie könnten doch fliegen. Das seien genau die Fragen, wo man als Erwachsene sagen würde, "ja, warum geht das eigentlich nicht?".

"Humor zahlt sich immer aus"

In der Jurybegründung steht, dass Uticha Marmon "scharfsinnig, eindringlich und komisch von den großen Themen" erzähle. Für sie, sagt die Autorin, zahlt sich Humor immer aus, ohne den das Leben ziemlich anstrengend wäre. Und das Erzählen. "Ich habe Bücher, die eher melancholisch daherkommen. Ich versuche, einen gewissen Witz und eine gewisse Leichtigkeit nicht zu verlieren. Das ist der Kern dessen, wie man schwierige Themen gut erzählen kann." Einfach und simpel komplexe Sachverhalte zu verpacken - das ist das Schwierigste überhaupt. Das ist große Kunst", erzählt sie lachend.

Karl Valentin als Held des Multitalents Marmon

Der große Humorist Karl Valentin ist einer ihrer Helden. Dabei schreibt Uticha Marmon nicht nur, sie produziert viele Hörbücher, zu bekannten Kinderbuchstoffen wie "Michel aus Lönneberga", aber auch Tatort-Podcasts für die ARD Audiothek. Schreibt Drehbücher, bucht Sprecher und Schauspielerinnen, führt Regie.

Das Thema Flucht hat Uticha Marmon schon Jahre vor dem Ukraine-Krieg erzählen können: Als Schülerin hatte sie eine Freundin, die mit ihrer Familie in einer Turnhalle leben musste. Diese Erinnerung half ihr sehr beim Erzählen. "Es werden so viele Dinge diskutiert. Die gehen an Kindern nicht spurlos vorbei. Da muss man genau über solche Themen wie Gerechtigkeit und Kinderrechte für Geflüchtete sprechen. Und daraus entsteht die Idee dass es eine Geschichte zu erzählen gibt. Wie genau man die dann erzählt - das ergibt sich aus Kleinigkeiten oder Anekdoten, die ich mal gehört habe." Oder bei Lesungen mit Kindern, deren kluge Fragen für Uticha Marmon immer eine zuverlässige Quelle der Inspiration bleiben.

Weitere Informationen
Kinderbuchautorin Kirsten Boie. © picture alliance/Markus Scholz/dpa Foto: Markus Scholz

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 01.06.2022 | 09:20 Uhr

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