Andropause oder Midlife-Crisis? Ralf König über Wechseljahre bei Männern
Von Wechseljahren spricht man in den meisten Fällen bei Frauen. Aber auch Männer erleben in der Mitte des Lebens Veränderungen, die sie als Wechseljahre erleben. Der erfolgreiche Comicautor Ralf König kennt diese Phase.
Genau 30 Jahre nach seinem großen Erfolg, dem Comic "Der bewegte Mann", hat der 64-jährige Künstler König einen weiteren Comic gemacht über die Protagonisten, die jetzt in den männlichen Wechseljahren sind: "Herbst in der Hose". Im Interview spricht Ralf König über das Konzept der Andropause. Er findet, dass die männlichen Wechseljahre Ähnlichkeiten mit der Midlife-Crisis haben und betont, dass Humor für ihn eine wichtige Methode ist, um mit dem Älterwerden umzugehen.
Ralf König: Als ich damals mit dem Buch "Herbst in der Hose" anfing, wusste ich das auch nicht. Der Ausdruck "Andropause" ist mir vor die Füße gelaufen, und ich wollte sogar, dass das Buch so heißt. Aber der Rowohlt Verlag konnte mit dem Begriff auch nichts anfangen. Das hat sich wohl in den letzten Jahren erst durchgesetzt.
Das ist ein Unterschied zur Midlife-Crisis, bei der von Männern gesprochen wird, wenn sie sich Lederjacken und Harleys kaufen, oder?
König: Einen Zusammenhang gibt es da sicherlich. Lederjacken und Harleys haben schon eine Ersatzfunktion. Wenn Herbst in der Hose ist, braucht man ein dickes Motorrad zwischen Beinen. Da wird es schon Zusammenhänge geben.
Welche Reaktionen haben Sie damals auf den Titel "Herbst in der Hose" bekommen?
König: Sehr gute, und damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Denn es war ein echt schweres Buch. Ich wollte schmerzhaft ins Detail gehen, und habe das Buch nur mühsam aufs Papier gekriegt. Ich war mir die ganze Zeit sicher, dass das ein Flop wird, dass das die Leute nicht so genau wissen wollen.
Ich war sehr überrascht und erfreut, dass es dann anders kam. Die Jungs, vor allen Dingen meine schwulen Leser, die mit den Jahren das Interesse an meinen Comics verloren haben, hatte ich plötzlich alle wieder im Boot - weil alle älter geworden sind und plötzlich graue Haare und hohen Cholesterinspiegel haben. Das fanden sie in diesem Comic offenbar unterhaltsam aufbereite. Das machte vielen Freude.
Man weiß von den häufigen Symptomen bei den Wechseljahren bei der Frau: von Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen. Wie ist es bei der Andropause?
König: Hitzewallungen, das würde ich bei mir persönlich nicht sagen. Das erlebt wahrscheinlich jeder anders. Aber mir ist durchaus nachts manchmal zu warm. Ich finde dieses allmähliche Verschrumpeln des Körpers schwierig. Ich weiß zwar, dass es ein Glück ist, wenn man älter werden kann - da gibt es viele Beispiele, wo Menschen sehr jung sterben. Von daher ist es immer zwiespältig, darüber zu klagen, älter zu werden. Aber man guckt in den Spiegel, und das sah alles mal knackiger aus. Ich wohne in Köln und habe immer gerne Karneval gefeiert, und da vergeht mir irgendwie die Lust. Die Dinge hören langsam auf, und damit kann man schon mal ein Problem kriegen.
Es nur mit Humor zu nehmen, ist also keine Lösung?
König: Für mich ist das die einzige Lösung, und ich hoffe, dass mir das noch lange bleibt. Meine Comicfiguren werden mit mir älter. Ich habe drei Jahre Vorsprung, um mir anzugucken, wie das so ist. Paul ist im letzten Buch 60 geworden, und auch damit muss ich mich auseinandersetzen. Ich habe also nicht nur die Midlife-Crisis meiner eigenen Existenz am Hals, sondern auch die meiner Comic-Nasen. Das ist eine echte Herausforderung.
Aber insofern ist es doch gut, dass Sie immer ein bisschen voraus sind und schon mal alles ausprobieren können.
König: Ja, aber Paul war sein Leben lang einer, der mit Sex, Drugs und Rock 'n' Roll zugange war, und wenn der 60, 65 und 70 wird, wird es irgendwann unrealistisch. Dann muss ich mir andere Inhalte suchen. Die Aufgabe besteht im wirklichen Leben ja auch.
Was ist aus Ihrer Sicht ein positiver Aspekt des Älterwerdens oder des Alt-Seins?
König: Ich werde in diesem Jahr 65 und fühle mich überhaupt nicht alt - das ist das Komische. Mein Gehirn kommt da nicht so richtig mit, dass ich schon 65 bin; das ist eine sehr abstrakte Zahl.
Positiv - da muss ich ein bisschen wühlen: das Selbstbewusstsein, ein Gefühl, das ich in den letzten Jahrzehnten doch einiges zustande gekriegt habe. Dass ich 50 Bücher in 40 Jahren gemacht habe, ist ein schönes Gefühl von: "Man könnte sich jetzt auch ein bisschen zurücklehnen." Und es haut einen nicht mehr so schnell irgendwas um. Wenn ein gutaussehender, behaarter Kerl mit Bambi-Augen in mein Leben treten sollte, würde ich wahrscheinlich nicht mehr Testosteron-besoffen monatelang hinterherfiepen. Das finde ich auch erleichternd.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.
