Schauspielerin und Schlagersängerin Marie Nejar gestorben
Die Schauspielerin Marie Nejar ist im Alter von 95 Jahren in Hamburg gestorben. Als Kind wurde sie von den Nationalsozialisten in Propagandafilmen instrumentalisiert. In den 50er-Jahren wurde sie unter dem Namen Leila Negra als Schlagersängerin bekannt.
Marie Nejar galt als wichtige Zeitzeugin der NS-Zeit und bedeutende Figur afrodeutscher Geschichte. Sie wurde 1930 von ihrer alleinstehenden Mutter in einem Waisenheim in Mülheim an der Ruhr geboren. Auf Drängen ihrer Großmutter kam sie als Dreijährige nach Hamburg zur Familie, wo sie auf St. Pauli aufwuchs und Opfer rassistischer Diskriminierungen wurde. Zu ihrem aus Ghana stammenden Vater hatte sie kaum Kontakt.
Kinderrollen in NS-Propagandafilmen
Als Joseph Goebbels schwarze Kinder für einen UFA-Film suchte, um sogenanntes "Buschvolk" darzustellen, wurde auch Marie Nejar angeschrieben. Sie wirkte dann tatsächlich in UFA-Filmen wie "Münchhausen" mit Hans Albers - als palmenwedelnde schwarze Dienerin - und "Quax in Afrika" an der Seite von Heinz Rühmann mit. Sie sei damals ein Kind gewesen und habe das toll gefunden, sagte Nejar später einmal.
Zwangsarbeit statt Schulabschluss
Ihre Filmrollen bewahrten Marie Nejar nicht davor, aufgrund der Nürnberger Rassegesetze am Schulabschluss gehindert zu werden. Statt zur Schule zu gehen, musste sie Zwangsarbeit in einer Fabrik leisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg schlug sich Nejar mit Gelegenheitsjobs durch, wobei zufällig ihr Gesangstalent entdeckt wurde.
50er-Jahre: Schlagerkarriere als "Leila Negra"
Eine Plattenfirma nahm die junge Frau unter Vertrag. Unter dem Namen "Leila Negra" und als angeblich 15-jähriges Talent startete sie Anfang der 1950er Jahre ihre Kinderstar-Karriere. Zu ihren größten Erfolgen gehörte der Titel "Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere" zusammen mit Peter Alexander. Auch in dieser Zeit prägten rassistische Vorurteile die Schlagertexte und Darstellung der jungen Sängerin - bis hin zum Künstlernamen.
Von der Sängerin zur Krankenschwester
Zahlreiche Schlagerhits und fünf Filmrollen später beendete Nejar ihre Karriere in der Musik- und Schauspielbranche. 1957 begann sie eine Ausbildung als Krankenschwester. In diesem Beruf arbeitete sie bis zum Renteneintritt in ihrer Heimatstadt Hamburg.
2007 erschien Marie Nejars Autobiografie "Mach nicht so traurige Augen, weil du ein Negerlein bist". Darin beschreibt sie, wie das Leben schwarzer Menschen in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus war. Mit der afrodeutschen Community pflegte sie engen Kontakt, besuchte Veranstaltungen und nahm sich Zeit für Interviews und Dokumentationen.
