Zweitliga-Endspurt: Werder, St. Pauli oder HSV - wer schafft den Aufstieg?
Die Zweite Liga biegt auf die Saisonzielgerade ein. Werder Bremen, FC St. Pauli oder der HSV - welcher Nordclub hat im Aufstiegskampf mit Darmstadt, Schalke, Nürnberg und Heidenheim die besten Karten? Eine datenbasierte Analyse.
Von 20 auf 83 Prozent in knapp vier Monaten - das ist mal eine stattliche Steigerung. Werder Bremens Aufstiegswahrscheinlichkeit ist durch die Decke gegangen. Basierend auf den "Expected goals"- und "Expected points"-Werten lässt Ole Werners Werder die Konkurrenz weit hinter sich und würde nach derzeitigem Stand mit 64 Punkten als Zweitliga-Meister in die Bundesliga zurückkehren.
Der aktuelle Spitzenreiter FC St. Pauli folgt den Bremern mit 47-prozentiger Wahrscheinlichkeit ins Oberhaus (61 Punkte) - Schalke schafft es demnach auf den Relegationsrang (43% / 59 Punkte). Für den HSV würde nur Rang fünf bleiben (16% / 56 Punkte).
Werder Bremen: Stabil, auch ohne Ducksch und Toprak
Werder-Stürmer Niclas Füllkrug ist da ganz Fußballprofi - bloß nicht zu weit nach vorne schauen: "Am letzten Spieltag wird abgerechnet, ob positiv oder negativ. Von daher: demütig bleiben und weitermachen."
Das jüngste Spitzenspiel gegen Darmstadt war ein Fingerzeig, dass die Bremer im engen Aufstiegsrennen alle Widrigkeiten wegstecken können. Ohne Abwehrchef Ömer Toprak (Wadenverletzung) und Torjäger Marvin Ducksch (Corona) kam der 1:0-Erfolg zustande.
"Ein schöner Erfolg, aber er hatte noch keinen richtungweisenden Charakter", sagte Trainer Werner, der am Sonntag gegen Sandhausen auf jeden Fall wieder auf den freigetesteten Ducksch zurückgreifen kann. "Für wie viele Minuten es reichen wird, kann ich noch nicht sagen. Aber die Woche ist lang, wir sind da optimistisch."
Ein wieder vereintes Duo Ducksch/Füllkrug ist zweifellos ein Werder-Pfund im Aufstiegskampf, Bremens Stabilität ebenso. Zu Hause wie auswärts liegt der "Performance-Score" der Werner-Mannschaft bei 55,56 - kein anderes Team der Top-Sieben ist aktuell leistungsstärker.
So muss Bremen auch vor den ersten vier Partien des Restprogramms nicht bange sein. Nach dem Heimspiel gegen Sandhausen geht es gegen die direkten Konkurrenten St. Pauli (A), Nürnberg (H) und Schalke (A).
FC St. Pauli: Mit Kyereh und Heimstärke zum Aufstieg?
St. Paulis Ducksch heißt Daniel-Kofi Kyereh. Der laut GSN-Daten beste offensive Mittelfeldspieler der Liga ist trotz defensiver Schwächen der größte Trumpf der Kiezkicker im Aufstiegskampf. Auch die Rückkehr zur Vollauslastung in den Stadien dürfte dem Team von Trainer Timo Schultz in die Hände spielen. Werder, Darmstadt und Nürnberg empfängt die beste Heimmannschaft der Liga am Millerntor.
"Es dürfen wieder mehr Zuschauer rein, das Wetter wird besser, die Plätze auch, oben ist es mega eng zusammen und super spannend - es gibt doch nichts schöneres für die Zuschauer." St.-Pauli-Trainer Timo Schultz
Auswärts läuft es mittelprächtig bei St. Pauli. So wird es spannend zu sehen sein, wie sich der Tabellenführer am Sonnabend im stets emotional aufgeladenen Spiel bei Hansa Rostock schlägt. Wie Aufstieg geht, wissen vergleichsweise viele Kiezkicker. Acht Spieler im St.-Pauli-Kader haben Aufstiegserfahrung - ebenso wie bei Werder, Heidenheim und Schalke. Nur Nürnberg hat mit zehn Profis mehr.
HSV: Das Virus und das "Walter-Händchen"
Der HSV liegt in diesem Vergleich mit zwei Aufstiegs-Routiniers abgeschlagenen auf dem letzten Platz der Top sieben. Darüber hinaus hat der Tabellensechste von der Elbe mit einem Durchschnittsalter von 24,1 Jahren den jüngsten und auch den unflexibelsten Kader. 2,50 Positionen kann ein HSV-Profi im Schnitt ausfüllen, Heidenheim hat hier mit 2,83 den besten Wert. Das könnte angesichts der wieder zunehmenden Corona-Ausfälle - Darmstadt hatte zuletzt einen massiven Corona-Ausbruch zu verkraften - noch ein Faktor im Saisonendspurt werden.
Dem ebenfalls betroffenen Hamburgern hat das Virus ein Nachholspiel gegen Aue beschert und gepaart mit dem DFB-Pokal-Halbfinale in Terminstress gebracht. Bei sechs Punkten Rückstand auf Rang drei und neun auf einen direkten Aufstiegsplatz braucht der HSV schon einen überragenden Saisonendspurt, um noch aufzusteigen.
"Für uns spricht, dass wir bis zum Ende an uns glauben und nie aufgeben", sagte Tim Walter nach dem jüngsten Last-Minute-Remis in Düsseldorf. Der HSV-Coach hilft seinem Team zudem mit einem "glücklichen Händchen". 14 Einwechslungen mit anschließender Torbeteiligung hat Walter bislang vorgenommen, nur Darmstadts Torsten Lieberknecht ist hier mit 15 besser. Zudem hat der HSV vom Papier her das leichteste Restprogramm - der durchschnittliche Tabellenrang der kommenden Gegner liegt bei 12,50.
Schalke sieht schweres Restprogramm als Chance
Beim FC Schalke 04 mit einem Wert von 6,71 sieht das schon anders aus. In den sieben Spielen bis zum Saisonende trifft der Revierclub mit Heidenheim (9. April/H), Darmstadt (17. April/A), Bremen (23. April/H), St. Pauli (7. Mai/H) und Nürnberg (15. Mai/A) auf fünf direkte Konkurrenten. "Aus meiner Sicht überwiegen bei unserem Restprogramm eindeutig die Chancen, weil wir direkt Einfluss auf die Tabellenkonstellation nehmen können", sagte Interimscoach Mike Büskens den "Ruhr Nachrichten".
Schalke dürfte in der Tat das Zünglein an der Waage sein in einem spannenden Zweitliga-Aufstiegskampf, in dem mit Werder Bremen und dem FC St. Pauli zwei Nordclubs die besten Chancen haben.
